Kunstverein und Kunsthalle - kunsthalle fridericianum kassel
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somit die ausschließliche Präsentation von Einzelpositionen,<br />
war von Anfang an inhaltlich nicht<br />
tragfähig, denn die Ausstellung hatte im Gr<strong>und</strong>e<br />
zwei Aufgaben zu bewältigen: zum einen mussten<br />
die einzelnen Arbeiten <strong>und</strong> die sich darin vermittelnden<br />
Ideen, Denkweisen <strong>und</strong> Thesen der Neuberufenen<br />
präsentiert werden, zum anderen sollten<br />
aber auch mögliche Synergien aufgezeigt sowie<br />
das allgemeine Selbstverständnis der Lehrenden<br />
vorgestellt werden, das sich in ihrer täglichen<br />
Zusammenarbeit an der Kunsthochschule<br />
entwickelt hat <strong>und</strong> in der Arbeit mit den Studierenden<br />
niederschlägt. Um diesen letzten Aspekt<br />
noch stärker zu thematisieren, wurden alle Professoren<br />
für den Katalog ausführlich interviewt.<br />
Als theoretischer Gegenpol zur Ausstellung, in<br />
der die Beteiligten in ihrer praktischen Tätigkeit<br />
als Künstler, Designer, Pädagoge oder Wissen-<br />
schaftler auftraten, soll der Katalog im Besonderen<br />
ihr Selbstverständnis als Lehrende an einer<br />
Kunsthochschule verdeutlichen. Bjørn Melhus<br />
zur Situation in Kassel: „Die Lehre hier in ihrer<br />
Offenheit schätze ich sehr, <strong>und</strong> ich hoffe, dass wir<br />
diese Offenheit auch behalten können.“<br />
Die bereits erwähnte Heterogenität der elf Positionen<br />
brachte nicht nur die Schwierigkeit mit sich,<br />
den Besuchern einen sinnvollen „Weg“ durch die<br />
Ausstellung vorzuschlagen, sie bot allein durch<br />
die Vielfalt der präsentierten Medien auch die<br />
Chance, eine interessante <strong>und</strong> abwechslungsreiche<br />
Ausstellung zu gestalten. Während der<br />
Ausstellungsvorbereitung <strong>und</strong> besonders während<br />
des Aufbaus entwickelten sich Arbeiten zu „Gelenkstellen“,<br />
die es den Besuchern ermöglichen<br />
sollten, Zusammenhänge zwischen den verschiedenen<br />
Positionen zu entdecken, ohne diese in einer<br />
allzu didaktischen Weise aufzuzeigen. In besonderer<br />
Weise avancierte die Medieninstallation<br />
„I Spy“ von Joel Baumann zu solch einer Gelenkstelle.<br />
Im Folgenden soll anhand der Verweis-<br />
<strong>und</strong> Assoziationsmöglichkeiten, die diese für den<br />
„NEUEN REICHTUM“ konzipierte Arbeit bot,<br />
ein nachträglicher virtueller R<strong>und</strong>gang durch die<br />
Ausstellung gewagt werden.<br />
5. FEBR. - 23. APRIL 2006 KASSELER KUNSTVEREIN SEITE 105<br />
Bjørn Melhus, Heaven, Installation, 1991-2006<br />
Gleich im Eingangsbereich erwartete die Besucher<br />
der erste Teil von „I Spy“. Eine aus neun Monitoren<br />
formierte Wand war quer in den Raum<br />
gestellt <strong>und</strong> präsentierte ohne Unterlass geloopte<br />
Kurzvideos von häufi g albern agierenden Besucherköpfen.<br />
Neben der Monitorwand befand sich<br />
in Kopfhöhe ein Kasten, der mit einer kleinen<br />
Kamera ausgestattet war. Hier konnte man sich<br />
selbst aufnehmen <strong>und</strong> feststellen, dass die gerade<br />
gefi lmte Kurzaktion sofort auf einem der neun<br />
Monitore erschien, was wiederum dazu animierte,<br />
weitere Versuche zu unternehmen. Die geloopte<br />
Präsentationsform ließ seltsam interessante<br />
Bilder der Besucher entstehen, die sich, durch den<br />
Spaßfaktor angetrieben, freiwillig <strong>und</strong> scheinbar<br />
ohne Bedenken von einer Datenbank speichern<br />
ließen, die die Kurzvideos in zufälliger Reihenfolge<br />
immer wieder aufs Neue abspielte. Die Lust<br />
der Besucher an einer Selbstinszenierung <strong>und</strong> die<br />
Möglichkeit der Interaktion ließ die Datenbank<br />
im Laufe der fast dreimonatigen Ausstellungsdauer<br />
an die Grenzen ihrer Kapazität stoßen.<br />
Hatte man genug von bewegten Köpfen <strong>und</strong><br />
drehte sich um die eigene Achse, war man mit der<br />
37-teiligen Installation „Heads“ von Hendrik<br />
Dorgathen konfrontiert. An einer Wand hingen,<br />
ganz still <strong>und</strong> unbewegt, aus unterschiedlichsten<br />
Materialien gearbeitete Bilder von Köpfen, die<br />
der für seine Illustrationen <strong>und</strong> Comics bekannte<br />
Dorgathen über Jahre hinweg geschaffen hat:<br />
Köpfe aus Zigarettenschachteln oder Postversandtaschen,<br />
Köpfe aus Köpfen oder Köpfe, die<br />
wirkten, als entstammten sie der Art-Brut-Sammlung<br />
eines Hans Prinzhorn oder Jean Dubuffet.<br />
Köpfe sind für den Menschen wahrnehmungspsychologisch<br />
immer von großem Interesse. Wer<br />
kennt nicht den Effekt, dass man in vielen Formen<br />
Gesichter <strong>und</strong> somit Köpfe entdecken kann?