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Aus dem Nähkästchen<br />
Ein Ball war angesagt. Der erste dieser Art, von Banken, Gewerbetreibenden<br />
sowie diversen Organisationen ins Leben gerufen<br />
und auch gesponsert. Eingeladen von Schwester und Schwager<br />
verfolgten der beste Ehemann von allen und ich das Geschehen im<br />
schönsten Schloss unserer Region.<br />
Wieder fi el mir auf, dass Schwester und Schwager den größten Teil<br />
der Ballbesucher kannten, sie wurden am Tisch von Vorbeigehenden begrüßt, geküsst, es wurde<br />
das letzte Treffen besprochen, beim Flanieren konnten sie keinen Schritt machen, ohne jemandem<br />
zuzuwinken, ein paar Worte auszutauschen, über den neusten Klatsch schallend zu lachen, es wird<br />
nach Kindern gefragt, nach Enkelkindern, man erkundigt sich nach den Eltern, bespricht Krankheiten;<br />
es fi ndet sozusagen das „update“ der letzten Wochen statt.<br />
Man ist selbständig in einem Beruf, wo man Klienten aus allen Berufsgruppen hat, und mit ihnen<br />
teilweise auch privat verkehrt.<br />
Man ist in der Gemeinde aufgewachsen, Eltern und Geschwister in angesehenen öffentlichen Ämtern,<br />
selbst Gemeinderat, Jäger, Pfarrgemeinderat, beim Kirchenchor, Männergesangsverein, ..<br />
Man ist Anlaufstelle beim Roten Kreuz, Essen auf Rädern, für plötzlich Bedürftige …<br />
Kein Wunder, dass meine Schwester immer in Eile ist, nur aus dem Auto telefoniert, um ja keine<br />
Zeit zu versäumen, kein Wunder, dass sie auch nachts noch ins Büro geht, um ihrer Arbeit nachzukommen,<br />
da sie sich tagsüber oder an Wochenenden bei Bedarf auch noch um ihre Enkelkinder<br />
kümmert. Kein Wunder, dass sie zwar weiß, wie ein Liegestuhl aussieht, aber selten darin gelegen<br />
ist. Auch der Pool ist immer zugedeckt, wird er auch benützt?<br />
Ja, es gibt sie, die Leute, die eine funktionierende Ehe und Familie haben, den Glauben im Herzen,<br />
und das Herz auf der Zunge, die Leute, die sich mit ehrlicher Freude um andere kümmern, die<br />
Veranstaltungen planen und durchführen, kochen und backen, um dann den Reinerlös jemandem<br />
zu überreichen, der wirklich in Not ist, und der Blick aus den erstaunten Augen ist Dank genug.<br />
Es gibt sie, die Menschen, die erst an sich selbst denken, wenn getan ist, was getan werden musste.<br />
Es gibt sie, unsere Mitmenschen, die die Kraft haben, die Energie und den Glauben an das Gute,<br />
ohne Rücksicht auf die eigene Müdigkeit, die immer gut gelaunt sind, denn sie schöp fen Kraft aus<br />
dem, was sie tun.<br />
Da sind nicht jene Leute, die in den Seitenblicken zu sehen sind, sondern jene, die ohne auf Dank<br />
zu warten, ihren Teil zu einer funktionierenden Gesellschaft beitragen und die dafür unsere besondere<br />
Anerkennung verdienen.<br />
Nähkästchen<br />
| Wohnen & Familie<br />
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