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Fotos: z.V.g.<br />
Kieselstein, Wespentaille & Düsenflugzeuge<br />
Mit seinem weißen Bart stach Kurt Ingerl zu Lebzeiten stets aus der<br />
Menge heraus – ebenso wie sein hyperrealistisches plastisches<br />
Werk mit den „Wespentaillen“ (Abgüsse geschnürter Frauen leiber)<br />
aus dem üblichen Bereich der bildnerischen Kunst. Diese sind eingefangene<br />
Lebenslust, geballte Kraft der Erotik ohne jede Anzüglichkeit.<br />
Erotik und Perfektion<br />
Ingerls Grundformel lautete: „Ich liebe den Kieselstein, die Wespentaille<br />
und die Formen der Düsenfl ugzeuge.“ Der Kieselstein<br />
stand für Opposition zur Wotruba'schen Formensprache (Der Wiener<br />
Bildhauer Fritz Wotruba – 1907 bis 1975 – strebte sein Leben<br />
lang nach dem zeitlosen, archetypischen Ausdruck und suchte<br />
Monu mentalität und Harmonie in der einfachen Form, Anm. d.<br />
Red.). Die Wespentaille war ein Symbol für den Kampf von Raum<br />
und Volumen. Die Formen der Düsenfl ugzeuge verstand er als ästhetisch<br />
hochwertige Drehkörper. Die Konsequenz dieser Vorlieben<br />
waren seine Torsi, die er als einen Balanceakt zwischen Kugeln,<br />
Achsen und Gerichtetheit ansah. Ingerl liebte die handwerkliche<br />
Perfektion, die Objektivität und Anonymität. Deshalb produzierte<br />
er auch fetischistische Naturabgüsse, da er meinte, dass es keine<br />
perfektere objektive und anonyme Wiedergabe eines bestimmten<br />
menschlichen Körpers gebe.<br />
Ingerls Mega-Denkmäler<br />
Gleichzeitig gilt der Künstler als einer der bedeutendsten Vertreter<br />
der konkreten Kunst in Europa und in den USA. „Er war international<br />
bekannt und geschätzt und damit ein wichtiger kultureller<br />
Von Sophie Kaiser<br />
Die Stadt Wiener Neustadt zeigt von 11. Juni bis 26. Juli Werke des vor zehn Jahren verstorbenen heimischen Künstlers Kurt<br />
Ingerl in der Ausstellungskirche St. Peter an der Sperr.<br />
Botschafter der Stadt Wiener Neustadt“, so die Neustädter Kulturstadträtin<br />
Isabella Siedl. Kurt Ingerl gestaltete auch überdimensionale<br />
Denkmäler: das Heimito von Doderer-Denkmal in Prein an der<br />
Rax (1983), das Friedrich Wilhelm Raiffeisen-Denkmal in Mühldorf<br />
(1988) und das Jakob Prandtauer-Denkmal in St. Pölten (1989).<br />
Der Nachlass<br />
Kurt Ingerl wurde von der Stadt Wiener Neustadt im Jahr 1986<br />
mit dem Kulturpreis ausgezeichnet. Anschließend wurde im Ausstellungsraum<br />
Karmeliterkirche eine „Ingerl-Galerie“ eingerichtet.<br />
Dem Erwerb einer Bibliothek und Dokumentationsmaterials aus<br />
dem Nachlass folgte die wissenschaftliche Aufarbeitung in Zusammenarbeit<br />
mit der Akademie der bildenden Künste. Dies und die<br />
Inventarisierung und Archivierung der „Schenkung Christa Cebis“<br />
machen das Werk Ingerls der kunstinteressierten Öffentlichkeit<br />
zukünftig auch in einem digitalen Archiv zugänglich.<br />
Die Ausstellung<br />
„Kurt Ingerl – Aus der Sammlung der Stadt“ lautet der Titel einer<br />
Ausstellung ausgewählter Werke dieses bedeutenden Wiener<br />
Neustädter Künstlers. Die Vernissage fi ndet am Mittwoch, dem 10.<br />
Juni um 19.30 Uhr in der Ausstellerkirche St. Peter an der Sperr<br />
statt. Zur Ausstellung wird Carl Aigner, Direktor des Niederösterreichischen<br />
Landesmuseums, sprechen. Eröffnet wird die Schau<br />
von Bürgermeister Bernhard Müller. Kurt Ingerls Werke sind anschließend<br />
bis 26. Juli täglich von 10 bis 18 Uhr zu sehen. Der<br />
Eintritt zur Ingerl-Ausstellung ist frei.<br />
2700<br />
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