steuern_recht_5_2012 - PwC Blogs
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Steuern A bis Z<br />
schaftsgüter berücksichtigt wurden. Der Ansatz der Rückstellung<br />
erfolgte in der Handelsbilanz zum 1. Juli 1994 in Höhe<br />
von 924.700 DM. Der unter Berücksichtigung des Passivierungsverbots<br />
nach § 5 Absatz 4 Einkommensteuergesetz<br />
(EStG) ansetzbare steuerliche Wert betrug hingegen lediglich<br />
82.850 DM. Strittig war zwischen den Beteiligten – der Klägerin<br />
und dem Finanzamt (FA) –, wie die GmbH die übernommene<br />
Verpflichtung in der Steuerbilanz zum 1. Juli 1994 und<br />
zum 31. Dezember 1994 zu bewerten habe.<br />
Die GmbH begehrte, die übernommene Verpflichtung unmittelbar<br />
in der Eröffnungsbilanz mit dem steuerlichen Wert unter<br />
Beachtung des § 5 Absatz 4 EStG zu bewerten und den Firmenwert<br />
um den Unterschiedsbetrag zur Handelsbilanz zu kürzen.<br />
Die Ergebniswirkung aus dem steuerlichen Passivierungsverbot<br />
erfolgt in diesem Fall über die geringere steuerliche Abschreibung<br />
der Anschaffungskosten des Firmenwerts.<br />
Das FA vertrat hingegen in Übereinstimmung mit dem Schreiben<br />
des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 24. Juni 2011<br />
die Auffassung, die übernommene Verpflichtung sei zum<br />
1. Juli 1994 in der steuerlichen Eröffnungsbilanz mit dem<br />
gemeinen Wert (924.700 DM) anzusetzen. In der folgenden<br />
Schlussbilanz zum 31. Dezember 1994 sei diese jedoch unter<br />
Beachtung des steuerlichen Ansatz- und Bewertungsvorbehalts<br />
nach § 5 Absatz 4 EStG lediglich in Höhe von 82.850 DM zu<br />
passivieren. Die streitbefangene Rückstellung sei folglich im<br />
Streitjahr gewinnerhöhend aufzulösen. Den hieraus resultierenden<br />
steuerlichen Gewinn setzte das FA gegenüber der Klägerin<br />
fest. Hiergegen richtete sich der Einspruch der Klägerin.<br />
Da das Einspruchsverfahren erfolglos endete, bestritt die<br />
GmbH den Rechtsweg. Im Klageverfahren argumentierte die<br />
Klägerin unter Verweis auf die zwischenzeitlich ergangene<br />
höchstrichterliche Finanz<strong>recht</strong>sprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs,<br />
BFH, vom 16. Dezember 2009; I R 102/08): Betriebliche<br />
Verbindlichkeiten, die beim Veräußerer aufgrund<br />
von Rückstellungsverboten in der Steuerbilanz nicht bilanziert<br />
worden sind, sind bei dem Erwerber, der die Verbindlichkeiten<br />
im Zuge eines Betriebserwerbs gegen Schuldfreistellung übernommen<br />
habe, keinem Passivierungsverbot unterworfen. Der<br />
vom BFH seiner Entscheidung zugrunde gelegte Grundsatz,<br />
nach dem Anschaffungsvorgänge auch hinsichtlich übernommener<br />
Passivpositionen erfolgsneutral zu behandeln sind, sei<br />
auch auf den Streitfall anzuwenden. Folglich sei unter anderem<br />
auch die Jubiläumsrückstellung als ungewisse Verbindlichkeit<br />
auszuweisen, die mit den Anschaffungskosten oder<br />
dem höheren Teilwert zu bewerten sei. Die vom FA den Gewinn<br />
erhöhende Auflösung der Rückstellung zum 31. Dezember<br />
1994 habe demzufolge zu unterbleiben.<br />
Die Klage gegen die Festsetzung der Körperschaftsteuer hatte<br />
Erfolg. Das FA rügt daraufhin die Verletzung materiellen<br />
Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und<br />
die Klage abzuweisen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung<br />
14 <strong>PwC</strong><br />
ist das BMF dem Revisionsverfahren beigetreten. Die Klägerin<br />
beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen beziehungsweise<br />
als unbegründet zurückzuweisen.<br />
Entscheidung<br />
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das Finanzgericht<br />
hat demnach im Ergebnis zu Recht entschieden,<br />
dass betriebliche Verbindlichkeiten, die beim Veräußerer aufgrund<br />
steuerlicher Rückstellungsverbote (hier: für Jubiläumszuwendungen)<br />
in der Steuerbilanz nicht bilanziert worden<br />
sind, beim Erwerber, der die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs<br />
übernommen hat, keinem Passivierungsverbot<br />
unterworfen sind. Diese sind als ungewisse Verbindlichkeit<br />
auszuweisen und vom Erwerber auch an den nachfolgenden<br />
Bilanzstichtagen nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 EStG 1990 mit<br />
ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu<br />
bewerten. Das Passivierungsverbot nach § 5 Absatz 4 EStG sei<br />
in diesem Kontext nicht einschlägig.<br />
Der Erste Senat begründet seine Entscheidung mit den Grundsätzen<br />
ordnungsmäßiger Buchführung: Aus dem Realisationsprinzip<br />
(§ 252 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 2 Handelsgesetzbuch,<br />
HGB) folgt das Anschaffungskostenprinzip: Danach sind<br />
Anschaffungsvorgänge erfolgsneutral zu behandeln, da eine<br />
Gewinnrealisierung nur aufgrund nachfolgender betrieblicher<br />
Umsatzakte erfolgen kann. So führt der Zugang von Wirtschaftsgütern<br />
zum Betriebsvermögen zu einer bloßen Vermögensumschichtung<br />
in Höhe der Anschaffungskosten.<br />
Zentral für die Argumentation des BFH ist in diesem Zusammenhang<br />
der Begriff der Anschaffungskosten: Mangels einer<br />
eigenständigen Definition im EStG ist auch für steuerliche Belange<br />
auf den handels<strong>recht</strong>lichen Begriff der Anschaffungskosten<br />
abzustellen. Anschaffungskosten sind nach § 255 Absatz 1<br />
Satz 1 HGB die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen<br />
Vermögensgegenstand zu erwerben und in einen betriebsbereiten<br />
Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand<br />
einzeln zugeordnet werden können. So muss, wie der<br />
BFH betont, der Grundsatz der erfolgsneutralen Behandlung<br />
von Anschaffungsvorgängen auch auf übernommene Passivpositionen<br />
angewandt werden, die in der Steuerbilanz einem –<br />
von der Handelsbilanz abweichenden – Ausweisverbot ausgesetzt<br />
sind. Denn auch die Übernahme steuer<strong>recht</strong>lich zu Recht<br />
nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil des vom Erwerber<br />
zu entrichtenden Entgelts und erhöht mithin dessen Anschaffungskosten.<br />
Mit Blick auf das spezifisch steuerbilanzielle<br />
Ansatzverbot für die streitgegenständliche Jubiläumsverpflichtung<br />
führt der BFH aus: Durch dieses Verbot sollen lediglich<br />
am Stichtag bereits vorhandene Verpflichtungen entgegen den<br />
Vorgaben des (handels-)bilanz<strong>recht</strong>lichen Imparitätsprinzips<br />
(§ 252 Absatz 1 Nummer 4 Halbsatz 1 HGB) auf künftige Veranlagungszeiträume<br />
verlagert werden. Dieses Ansatzverbot<br />
greift für den Fall des entgeltlichen Erwerbs der Zahlungsverpflichtung<br />
nicht, denn dann ist die Verpflichtung realisiert.