steuern_recht_5_2012 - PwC Blogs
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Folglich ist die Verpflichtung vom Erwerber sowohl in der Handels-<br />
als auch in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen.<br />
Darüber hinaus spricht sich der BFH gegen eine Trennung des<br />
eigentlichen Anschaffungsvorgangs von der (nachfolgenden)<br />
Bilanzierung auf den Bilanzstichtag aus. Umfang und Höhe der<br />
Anschaffungskosten werden durch tatsächliche Gegebenheiten<br />
bestimmt. In diesem Umfang und in jener Höhe, in denen sie<br />
tatsächlich entstanden sind, gehen sie erfolgsneutral in die<br />
(nachfolgende) Bilanzierung ein. Der Bewertungsansatz darf<br />
dabei (nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 EStG 1990) weder übernoch<br />
unterschritten werden. Das betrifft auch „miterworbene“<br />
Schulden, die als solche einem steuerlichen Ausweisverbot<br />
unterworfen sind. Andernfalls würde genau jener „Erwerbsgewinn“<br />
ausgewiesen, der dem Anschaffungskostenbegriff und<br />
-verständnis widerspreche. Für die Annahme eines ausnahmsweise<br />
auszuweisenden „gesetzlichen Bewertungsgewinns“ gibt<br />
es nach Auffassung des BFH keine gesetzliche Grundlage.<br />
Hervorzuheben ist die Entscheidung des BFH besonders vor<br />
folgendem Hintergrund: Mit seiner oben skizzierten Rechtsprechung<br />
wendet sich der Erste Senat explizit und wiederholt<br />
gegen die Ausführungen der Finanzverwaltung in ihrem<br />
Schreiben vom 24. Juni 2011. Nach Auffassung der Finanzverwaltung<br />
verdrängen steuerliche Ansatz- und Bewertungsvorbehalte<br />
in der ersten für die Besteuerung maßgebenden<br />
Schlussbilanz nach Übernahme von Verpflichtungen den<br />
handels<strong>recht</strong>lichen Grundsatz der Erfolgsneutralität von Anschaffungsvorgängen.<br />
Anders ausgedrückt: Der Anschaffungsvorgang<br />
und damit die Erfolgsneutralität werde in der handelswie<br />
steuer<strong>recht</strong>lichen Eröffnungsbilanz abschließend abgebildet.<br />
Folglich greife in der ersten Schlussbilanz wiederum das<br />
steuerliche Ausweisverbot.<br />
Bemerkenswert ist zudem: Der BFH spricht sich eindeutig<br />
gegen die von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom<br />
24. Juni 2011 vorgenommene Differenzierung bei der Übernahme<br />
schuld<strong>recht</strong>licher Verpflichtungen im Wege der Schuldübernahme<br />
und der Schuldfreistellung aus. Zum einen zitiert<br />
der BFH seine frühere Entscheidung hinsichtlich der Schuldfreistellung.<br />
Für diesen Fall ist der Erwerber im Verhältnis zum<br />
Veräußerer verpflichtet, diesen von der gegenüber dem Gläubiger<br />
der Schuld weiter bestehenden Zahlungspflicht freizustellen.<br />
Die entsprechende Freistellungsverpflichtung ist aufgrund<br />
des vorangegangenen Realisationsakts vom Erwerber sowohl<br />
in der Handels- als auch in der Steuerbilanz passivisch auszuweisen.<br />
Zum anderen gab der zugrunde liegende Streitfall dem BFH<br />
die Möglichkeit, sich zur steuerlichen Beurteilung der Schuldübernahme<br />
zu äußern. Im Streitfall hatte die Klägerin anstelle<br />
des Veräußerers die Jubiläumsverpflichtung übernommen. So<br />
betont der BFH zwar, auch nach der Veräußerung handele es<br />
sich um eine Verpflichtung des (neuen) Schuldners, welche<br />
„an sich“ dem steuerbilanziellen Ausweisverbot unterworfen<br />
sei. Allerdings sei die Verpflichtung beim Veräußerer infolge<br />
des „Ankaufs“ zwischenzeitlich als solche realisiert worden. So<br />
übernehme die Klägerin zwar ein (weiterhin) schwebendes Geschäft,<br />
jedoch markiere die (befreiende) Schuldübernahme die<br />
ausschlaggebende Zäsur: Die Verpflichtung sei dadurch beim<br />
Veräußerer realisiert worden und das Einstehen für die Schuld<br />
durch die Klägerin sei fortan nicht mehr (Gegen-)Leistung im<br />
Rahmen des schwebenden Vertrags, sondern nur noch eine<br />
Erfüllungsleistung. Auf diesem Realisationsakt – und den dafür<br />
aufgewendeten Anschaffungskosten – baut sodann wiederum<br />
die nachfolgende handels- wie steuer<strong>recht</strong>liche Bilanzierung<br />
auf. Nach Auffassung des BFH bestimmt auch in diesem Fall<br />
die handels- wie steuer<strong>recht</strong>liche „Erfolgsneutralität“ der<br />
Anschaffung den Bilanzierungsansatz. So wird der Ansatz<br />
unbeschadet des fortbestehenden Charakters der auszuweisenden<br />
Verbindlichkeit ohne einen gegenläufigen Regelungsbefehl<br />
nicht von steuerlichen Ansatz- und Bewertungsbeschränkungen<br />
und -verboten verdrängt. Da es jedoch an einem derartigen<br />
gegenläufigen Regelungsbefehl fehlt, ist die entsprechende<br />
Verpflichtung – wie im Falle der Schuldfreistellung auch – vom<br />
Erwerber sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz<br />
passivisch auszuweisen.<br />
Abschließend ist festzuhalten: Der BFH spricht sich auch eindeutig<br />
gegen die von der Klägerin im Einspruchsverfahren<br />
vorgetragene Bilanzierungsweise aus, nach der die steuer<strong>recht</strong>lichen<br />
Ansatzrestriktionen bereits in der (handels<strong>recht</strong>lichen)<br />
Eröffnungsbilanz zu berücksichtigen sind und die<br />
„Neutralisierung“ der dadurch bedingten Ausweisdifferenz zugleich<br />
über eine Abstockung des Firmenwerts erfolgt. Mit den<br />
Worten des BFH ausgedrückt: Die Grundsätze ordnungsgemäßer<br />
Buchführung geben eine solche Bilanzierung nicht her.<br />
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Dr. Michael Scheel<br />
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<strong>steuern</strong>+<strong>recht</strong> April/Mai <strong>2012</strong> 15