steuern_recht_5_2012 - PwC Blogs
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Steuern A bis Z<br />
Sachverhalt<br />
Die Klägerin ist eine in Bulgarien ansässige Gesellschaft, die<br />
ihre wirtschaftliche Tätigkeit in verschiedenen Bereichen<br />
ausübt. Für die unentgeltliche Beförderung ihres angestellten<br />
Geschäftsführers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwendete<br />
sie einerseits ein angemietetes und andererseits ein<br />
mit einer Laufzeit von 48 Monaten geleastes Kraftfahrzeug. Im<br />
Streit war die von der Klägerin aus der Anmietung beziehungsweise<br />
dem Leasing geltend gemachte Vorsteuer. Die bulgarischen<br />
Finanzbehörden waren der Auffassung, die Fahrzeuge<br />
würden nicht für Zwecke des Unternehmens der Klägerin genutzt,<br />
und versagten daraufhin den Vorsteuerabzug.<br />
Fragen<br />
Das zuständige bulgarische Gericht nahm den vorliegenden<br />
Rechtsstreit zum Anlass, um dem Europäischen Gerichtshof<br />
(EuGH) im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens mehrere<br />
Fragen zum Recht auf Vorsteuerabzug zu stellen. Unter<br />
anderem musste sich der EuGH mit der Frage auseinandersetzen,<br />
unter welchen Voraussetzungen und zu welchem Zeitpunkt<br />
ein Steuerpflichtiger zum Abzug der Vorsteuer be<strong>recht</strong>igt<br />
ist, die er einerseits aufgrund eines Mietvertrags und<br />
andererseits aufgrund eines Leasingvertrags über Kraftfahrzeuge<br />
entrichtet hat.<br />
Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs<br />
Der EuGH hat zunächst im Rahmen einleitender Erwägungen<br />
dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen das<br />
Leasing eines Kraftfahrzeugs eine Dienstleistung oder Lieferung<br />
darstellt. Während die Vermietung eines Kraftfahrzeugs<br />
grundsätzlich eine Dienstleistung und keine Lieferung sei,<br />
könne die Miete eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines Leasingvertrags<br />
gleichwohl im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Lieferung<br />
erfolgen. Für die Abgrenzung zwischen Lieferung und<br />
sonstiger Leistung greift der Gerichtshof auf die Unterscheidung<br />
zwischen einem Finanzierungsleasing und einem Operating-Leasingverhältnis<br />
nach dem International Accounting<br />
Standard (IAS) 17 zurück. Das Finanzierungsleasing, bei dem<br />
die mit dem <strong>recht</strong>lichen Eigentum verbundenen Chancen und<br />
Risiken zum überwiegenden Teil auf den Leasingnehmer übertragen<br />
werden, könne als Lieferung eingestuft werden. Zudem<br />
weist der EuGH auf seine Rechtsprechung hin, wonach sich der<br />
Begriff „Lieferung von Gegenständen“ nicht auf die Eigentumsübertragung<br />
nach dem nationalen Zivil<strong>recht</strong> bezieht, sondern<br />
jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands umfasst, die<br />
den Erwerber ermächtigt, über diesen Gegenstand so zu verfügen,<br />
als wäre er sein Eigentümer (vergleichen Sie bitte<br />
EuGH, Urteil vom 6. Februar 2003, C-185/01, Auto Lease<br />
Holland; UR 2003, 137). Er nimmt darum die Lieferung eines<br />
Investitionsguts für den Fall an,<br />
24 <strong>PwC</strong><br />
„dass das Eigentum an dem Fahrzeug am Ende der Vertragslaufzeit<br />
auf den Leasingnehmer übertragen wird oder dass der<br />
Leasingnehmer über wesentliche Elemente des Eigentums an<br />
dem Fahrzeug verfügt, insbesondere dass die mit dem <strong>recht</strong>lichen<br />
Eigentum an dem Fahrzeug verbundenen Chancen und<br />
Risiken zum überwiegenden Teil auf ihn übertragen werden<br />
und die abgezinste Summe der Leasingraten praktisch dem<br />
Verkehrswert des Gegenstands entspricht“.<br />
Hinsichtlich des Rechts zum Vorsteuerabzug weist der EuGH<br />
zunächst darauf hin, dass nach Artikel 168 Buchstabe a Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />
ein Steuerpflichtiger die Vorsteuer<br />
für Gegenstände und Dienstleistungen nur abziehen darf, soweit<br />
er diese Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke<br />
seiner wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet. Dabei sei<br />
danach zu differenzieren, ob es sich bei der Eingangsleistung<br />
um den Erwerb einer Dienstleistung oder eines Investitionsguts<br />
handelt.<br />
Für den Fall einer Dienstleistung setze der Vorsteuerabzug<br />
voraus, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang<br />
zwischen der Verwendung des angemieteten Fahrzeugs und<br />
der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen besteht.<br />
Zudem entstehe das Recht auf Vorsteuerabzug mit Ablauf des<br />
Zeitraums, auf den sich die jeweilige Zahlung bezieht. Ist<br />
dagegen das Anmieten eines Kraftfahrzeugs aufgrund eines<br />
Leasingvertrags als Lieferung zu werten, steht dem Steuerpflichtigen,<br />
so der EuGH, das sogenannte Zuordnungswahl<strong>recht</strong><br />
zu. Ein aufgrund eines Leasingvertrags gemietetes und<br />
als Investitionsgut eingestuftes Fahrzeug wird danach als für<br />
die Zwecke der besteuerten Umsätze verwendet angesehen,<br />
wenn der Steuerpflichtige es als solches erwirbt und vollständig<br />
dem Vermögen seines Unternehmens zuordnet. Die Vorsteuer<br />
ist dann grundsätzlich vollständig und sofort abziehbar.<br />
Jede Verwendung des genannten Gegenstands für den privaten<br />
Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals<br />
oder für unternehmensfremde Zwecke ist dann jedoch einer<br />
Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt.<br />
Abschließend stellt der EuGH klar: Das Zurverfügungstellen<br />
des Kraftfahrzeugs an Arbeitnehmer für Fahrten zwischen<br />
Wohnung und Arbeitsstätte erfolgt grundsätzlich zu unternehmensfremden<br />
Zwecken.<br />
Schlussfolgerung und Beratungshinweis<br />
Zunächst definiert der EuGH, wann im Rahmen des Leasings<br />
eines Investitionsguts eine Lieferung vorliegt. Hierfür greift er<br />
auf den IAS 17 zurück (vergleichen Sie bitte die Seiten 91, 93<br />
ff.). Die im Einzelfall vorzunehmende Abgrenzung, ob eine<br />
Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, sollte jedoch in<br />
Deutschland zunächst auch weiterhin anhand der Leasingerlasse<br />
der Finanzverwaltung vorgenommen werden. (Vergleichen<br />
Sie dazu zum Beispiel den Abschnitt 3.5 Absatz 5 ff.<br />
Umsatzsteuer-Anwendungserlass; Oberfinanzdirektion Ham-