Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan
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<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />
Wie nachhaltig ist <strong>Europa</strong>?<br />
Nika Greger, Leiterin DNR Berlin<br />
Tile von Damm, Leiter Perspektiven <strong>Global</strong>er Politik<br />
12<br />
Im Frühjahr 2005 steht die Halbzeitüberprüfung<br />
der Lissabon-Strategie an. Unter dem vorherr-<br />
schenden Paradigma der Wettbewerbsfähigkeit,<br />
unter welchem soziale und ökologische Kriterien<br />
als Hindernis angesehen werden, ist zu befürch-<br />
ten, dass die beiden letztgenannten Komponenten<br />
weiter geschwächt werden.<br />
Inwieweit die im Herbst 2004 begonnene Überprüfung<br />
der Nachhaltigkeitsstrategie ökologisch posi-<br />
tive Aspekte in die Lissabon-Strategie einbringen<br />
kann, ist aufgrund der de facto politisch nachgestellten<br />
Nachhaltigkeitsstrategie noch offen.<br />
Kritik der Umweltverbände<br />
Die Europäische Nachhaltigkeitsstrategie ist weit<br />
von ihren gesteckten Zielen entfernt. In ihrer Be-<br />
wertung der bisherigen Erfolge bei der Umsetzung<br />
der Strategie haben deutsche und europäische<br />
Umweltverbände kritisiert, dass sie nicht als Agen-<br />
da für einen wirklichen Wandel angesehen werden<br />
kann.<br />
Zwar erkennen die Umweltverbände in einigen Bereichen<br />
der europäischen Politik wie dem Klima-<br />
schutz oder der Landwirtschaft durchaus positive,<br />
auch von der Strategie ausgegangene Impulse und<br />
Fortschritte an, konkrete Auswirkungen auf die<br />
Umwelt findet man - auch unter Berücksichtigung<br />
des relativ kurzen Prozesses – eher selten. Insbesondere<br />
das Instrument der Folgenabschätzung<br />
hat sich als Trojanisches Pferd erwiesen: Die ursprüngliche<br />
Ausrichtung auf umwelt- und sozialpolitische<br />
Auswirkungen der europäischen Gesetzgebung<br />
weicht zunehmend dem einseitigen Fokus<br />
auf die Wirtschafts- und Wettbewerbsfähigkeit<br />
europäischer Unternehmen.<br />
Noch mehr Freiwilligkeit<br />
Dass dies zu einer generellen Abschwächung der<br />
ökologisch verbindlichen Regeln innerhalb der EU<br />
führen wird, ist zu befürchten. So verwundert es<br />
nicht, dass mit dem Argument, zunächst müsste<br />
der ökologische Standard in den zehn neuen Ländern<br />
der EU angepasst werden, weitere ökologi-<br />
sche Maßnahmen in der gesamten Union abgeblockt<br />
werden.<br />
Dazu kommt, dass EU-weit immer stärker auf<br />
freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft und<br />
"Best Practice"-Beispiele gesetzt wird - dass diese<br />
beiden Instrumente aber nur selten positive Wir-<br />
kung zeigen, beweist nicht zuletzt die Unfähigkeit<br />
der Chemieindustrie, ihr eingegangenes Selbstverpflichtungsprogramm<br />
"Responsible Care" umzuset-<br />
zen bzw. ihre Blockade gegen REACH.<br />
Innovativ sein, statt auf altmodische Industriepolitik<br />
zu setzen<br />
Die Politik sollte zukünftig weniger auf altmodische<br />
und auslaufende Wirtschaftsmodelle und ihre Verfechter<br />
in den Wirtschaftsverbänden hören, sondern<br />
vielmehr auf neue und innovative Wirt-<br />
schaftsbereiche setzen, die erkannt haben, dass<br />
ohne Umwelt- und Ressourcenschutz sowie hohe<br />
soziale Standards Wettbewerbsfähigkeit nicht zu<br />
haben ist.<br />
"Business as usual"-Szenarien, die auf die Ausbeutung<br />
der natürlichen Ressourcen und die immer<br />
weitere Aufweichung sozialer und ökologischer<br />
Rechte setzen, werden die Wirtschaftsfähigkeit der<br />
EU wohl kaum stärken. So stellt die EU-<br />
Kommission in ihrer Mitteilung "Den Strukturwan-<br />
del begleiten: Eine Industriepolitik für die erweiterte<br />
Union" ganz richtig fest, dass es keinerlei<br />
Nachweise für einen allgemeinen Prozess der De-<br />
Industrialisierung gibt. "Stattdessen sieht sich die<br />
europäische Industrie dem Prozess des Strukturwandels<br />
ausgesetzt, der im Allgemeinen von Vor-<br />
teil ist und der insbesondere durch Politiken ermutigt<br />
werden muss, die die Schaffung und die Nutzung<br />
von Wissen vereinfachen. Unter diesem Gesichtspunkt<br />
sind die ungenügenden Leistungen Eu-<br />
ropas insbesondere hinsichtlich Produktivität, Forschung<br />
und Innovation besorgniserregend."<br />
Bessere Rahmenbedingungen<br />
Die EU sollte solche Unternehmen unterstützen,<br />
die einen Großteil ihres Umweltbudgets nicht dafür<br />
ausgeben, neue wie alte Umweltgesetze zu be-<br />
kämpfen, sondern solche, die auf neue Anforderungen<br />
mit der Entwicklung innovativer und neuer<br />
Technologien und Herstellungsmechanismen rea-<br />
gieren. Dafür muss die EU mit ihren Mitgliedstaaten<br />
die bestmöglichen Rahmenbedingungen<br />
schaffen!<br />
Umwelt- und sozialpolitische Verpflichtungen soll-<br />
ten sich immer an klaren Zielvorgaben orientieren,