Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan
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Umwelt- und Naturschutz in <strong>Europa</strong><br />
Stefan Richter, Geschäftsführer GRÜNE LIGA Berlin e.V.<br />
Die Prioritäten für den Umwelt- und Naturschutz in<br />
der Europäischen Union wurden im Jahr 2001 im<br />
6. Umweltaktionsprogramm zusammengeführt. Als<br />
bisherige Erfolge in der Umweltpolitik wurden die<br />
Senkung des industriellen Ausstoßes giftiger Stoffe<br />
wie Blei und Quecksilber, die Zurückführung der<br />
Versauerung unserer Wälder und Flüsse sowie die<br />
Verbesserung des Zustandes vieler Seen und Flüsse<br />
durch Gewässer- und Abwasserbehandlung aufgeführt.<br />
Das ist ein schöner Erfolg – nicht zuletzt<br />
für die Umweltbewegung in <strong>Europa</strong>.<br />
Die Liste der Sorgenkinder ist jedoch ungleich länger.<br />
Aufgeführt werden der Klimawandel, der Ver-<br />
lust der biologischen Vielfalt und Habitate, der Bodenverlust<br />
und die Verschlechterung der Bodenqualität,<br />
das zunehmende Abfallaufkommen, die<br />
Akkumulierung chemischer Stoffe in der Umwelt,<br />
Lärm und bestimmte Luft- und Wasserschadstoffe.<br />
Die EU-Umweltminister hoben in ihrer Analyse im<br />
März 2004 die negativen Trends im Klimawandel,<br />
im Energieverbrauch, im Verkehr sowie bei der<br />
Biodiversität hervor. Einige Zahlen belegen diese<br />
Trends sehr deutlich. So haben Portugal, Spanien<br />
und Irland ihre durch das wenig ambitionierte<br />
Kyoto-Protokoll zugestandenen Zuwächse bei den<br />
Treibhausgasemissionen bereits jetzt deutlich<br />
überschritten. Deutschland tritt seit dem Jahr<br />
2000 auf der Stelle. Insgesamt ist die EU mit einem<br />
Anteil von 5% an der Weltbevölkerung für<br />
15% aller Treibhausgasemissionen verantwortlich.<br />
Allein bei den Luftfahrtemissionen rechnet die<br />
Europäische Kommission in den Jahren von 1990<br />
bis 2010 mit einem Zuwachs von 100% und liegt<br />
gut im „<strong>Plan</strong>“. Das Erreichen selbst gesteckter<br />
Umweltziele, wie die Steigerung des Anteiles von<br />
Strom aus regenerativen Quellen am Bruttoener-<br />
gieverbrauch bis 2010 auf 22%, schätzt die Europäische<br />
Kommission mittlerweile selbst als unwahrscheinlich<br />
ein.<br />
Wenn sich die Prioritätensetzung bei der Europäischen<br />
Kommission nicht ändert, wird es zu keiner<br />
dringend notwendigen weitreichenden ökologi-<br />
schen Trendumkehr kommen. Zu einseitig setzt<br />
die Kommission auf wirtschaftliches Wachstum. Im<br />
Zentrum der Brüsseler Politik steht die im Jahr<br />
2000 beschlossene Lissabonstrategie. Dessen<br />
übergeordnetes Ziel ist es, <strong>Europa</strong> zum wettbewerbsfähigsten<br />
Wirtschaftsraum der Welt zu<br />
<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />
formen. Der Umweltaspekt wurde hier nahezu<br />
komplett vergessen und erst später ergänzt.<br />
Selbst im Umweltaktionsprogramm muss sich der<br />
Umweltschutz rechtfertigen. Dort heißt es verschämt:<br />
„Umweltschutz ist nicht zwangsläufig mit<br />
einer Drosselung des Wachstums oder des Kon-<br />
sums an sich gleichzusetzen“. Mehr Wachstum und<br />
mehr Konsum führen jedoch nicht zwangsläufig zu<br />
mehr Lebensqualität. Die Fakten sprechen trotz<br />
einer Vervielfachung der Wirtschaftsleistung in den<br />
letzten Jahrzehnten für eine Zunahme von Krankheiten,<br />
Lärm, Enge und Zeitnot. Die Häufung von<br />
Unwetterkatastrophen, der Anstieg der Kriminali-<br />
tät, der Terrorismus oder Befindlichkeitsstörungen<br />
sind weitere Begleiterscheinungen des stetigen<br />
Wachstums. Die Europäische Umweltagentur ana-<br />
lysiert treffend, dass das Wirtschaftswachstum die<br />
Erfolge der Umweltpolitik wieder auffrisst.<br />
Nirgends wird das deutlicher als im Verkehrssek-<br />
tor, wo die Effizienzgewinne beim Verbrauch durch<br />
einen massiven Anstieg der Verkehrsleistung<br />
überkompensiert werden.<br />
Es bleibt die Aufgabe der Umweltbewegung aufzu-<br />
klären und Menschen in ihrem eigenen Interesse<br />
für mehr Umwelt- und Naturschutz zu gewinnen.<br />
Betroffenheit und Engagement entsteht vor Ort.<br />
Um aufzuklären und Engagement zu ermöglichen<br />
veranstaltet die GRÜNE LIGA jedes Jahr zum Tag<br />
der Umwelt das Umweltfestival rund um das Bran-<br />
denburger Tor im Herzen Berlins. 2004 präsentierten<br />
sich auf über 200 Ständen Umwelt- und Naturschutzverbände,<br />
Solaranlagen- und Windparkbetreiber,<br />
Biobauern, Eine Welt Initiativen und<br />
Verkehrsverbände. 150.000 Besucherinnen und<br />
Besucher kamen. Engagement für Umwelt und Natur<br />
muss vielfältig sein, von der Mitarbeit in einer<br />
Umweltinitiative, über den Kauf beim Biobauern,<br />
der Nutzung ökologischer Verkehrsträger, dem finanziellen<br />
Investment in einer Bürgersolaranlage,<br />
dem nachhaltigen Reisen bis hin zur Akzeptanzwerbung<br />
für eine konsequente ökologische Gesetzgebung.<br />
Und gerade dafür braucht die Um-<br />
weltbewegung in den europäischen Städten im<br />
Jahr 2005 jede Menge Unterstützung.<br />
Am 1. Januar 2005 tritt die neue Luftqualitätsrahmenrichtlinie<br />
verbindlich in Kraft. Diese Entschei-<br />
dung traf der Europäische Rat bereits 1996. Damit<br />
werden die Grenzwerte für Feinstäube wie Ruß europaweit<br />
verschärft, um die Gesundheit der Men-<br />
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