Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan
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<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />
Doppelter Kraftakt: Die Energiewende in der EU<br />
Stefan Schurig, Leiter der Klima- und Energieabteilung, Greenpeace Deutschland<br />
38<br />
Flutlichtbeleuchtung auf dem Wenzelsplatz in Prag,<br />
auf dem Pilsudski-Platz in Warschau und dem Rathausplatz<br />
in der litauischen Hauptstadt Vilnius. In<br />
vielen europäischen Ländern wurden in der Nacht<br />
auf den 1. Mai des vergangenen Jahres die blauen<br />
Fahnen mit dem goldenen Sternenkreis geschwenkt.<br />
Über Nacht wächst die Europäische Uni-<br />
on auf einen Schlag von 15 auf 25 Staaten. Die<br />
größte Erweiterung in der Geschichte der EU. Sie<br />
geht vor allem in Richtung Osten. Polen, Tsche-<br />
chien, Slowakei, Ungarn, Slowenien. Doch bis die<br />
neue Europäische Union wirklich zu den “United<br />
States of Europe” zusammen gewachsen ist, wird<br />
es einige Zeit dauern. Die Zukunft der Energieversorgung<br />
innerhalb der neuen Europäischen Union<br />
ist dabei von zentraler Bedeutung.<br />
Die Europäische Union ist der größte Energiejunkie<br />
der Welt. Über die Hälfte der benötigten Energie in<br />
der EU muss importiert werden. Die EU-<br />
Kommission geht davon aus, dass sich dieser<br />
alarmierende Zustand sogar noch zuspitzen wird.<br />
Für 2030 wird eine Abhängigkeit von bis zu 70<br />
Prozent prognostiziert. Der Auto- und LKW-<br />
Verkehr wird sich, gemessen am Jahr 1990, laut<br />
Prognose der EU-Kommission bis 2030<br />
verdoppeln.<br />
Die Erweiterung der Union um zehn Staaten ist ei-<br />
ne der Ursachen für diesen Trend, auch wenn einige<br />
der Länder, wie zum Beispiel Polen, Primärenergie-Produzenten<br />
sind. Gleichzeitig hat sich<br />
aber die EU vorgenommen, bis zum Jahr 2020 bis<br />
zu 30 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen<br />
zu reduzieren, verglichen mit 1990.<br />
Und damit hätten wir bereits die beiden wichtigsten<br />
Leitplanken einer europäischen Energiepolitik<br />
beschrieben: Die Abhängigkeit von Rohstoffen<br />
senken und gleichzeitig entschlossen gegen die<br />
weitere Erwärmung des <strong>Plan</strong>eten vorgehen und die<br />
damit verbundene großflächige Zerstörung von<br />
Lebensgrundlagen verhindern. Beides könnte man<br />
auch zusammenfassen und sagen: Es geht darum,<br />
endlich Verantwortung für nachkommende Generationen<br />
zu übernehmen und nicht nur nach dem<br />
Hier und Jetzt zu wirtschaften!<br />
In der Theorie sind sich meistens alle einig. Die<br />
Frage der Importabhängigkeit und des Klimaschut-<br />
zes sollte folglich auch aus Sicht des neuen Ener-<br />
giekommissars als Richtschnur aller energiepoliti-<br />
schen Entscheidungen dienen. In einem Deutschlandfunk-Interview<br />
Ende letzten Jahres sagte er,<br />
dass es in Wirklichkeit zwei oder drei wichtige Aufgaben<br />
gebe, die zusammen wirken. Die erste sei<br />
die Versorgung mit Energieressourcen in einer<br />
Weise, die der Umwelt nicht schade und künftige<br />
Generationen berücksichtige. Das bedeute, Ener-<br />
gieeffizienz, erneuerbare Energien und natürlich<br />
auch Wissenschaft seine besser zu nutzen, um<br />
eine Lösung für konventionelle Energie zu finden.<br />
Das sei eine Hauptaufgabe: eine gute Versorgung,<br />
die nicht schädlich für die Umwelt ist.<br />
So die Position des neuen Energiekommissar<br />
Andris Piebalgs. In den Grundzügen hat der Lette<br />
das Prinzip einer nachhaltigen Energiewirtschaft<br />
richtig dargestellt. Inwieweit der neue Kommissar<br />
aber tatsächlich die notwendigen Weichen stellen<br />
wird, wird er erst noch beweisen müssen.<br />
Ein konkreter Gradmesser für die falsche oder die<br />
richtige Richtung der Energiepolitik wird zum Bei-<br />
spiel der Ausbau der europäischen Netz-<br />
Infrastruktur sein. Steigt der Energieverbrauch,<br />
steigen auch die Importe und damit die Notwen-<br />
digkeit für neue Versorgungswege wie Straßen,<br />
Stromnetze und Pipelines. Wenn also die Politik<br />
schwerpunktmäßig den Ausbau vorantreibt, ist<br />
dies ein Indikator für die falsche Richtung.<br />
Setzt die Politik aber vor allem auf die Nutzung der<br />
Schienenwege, den Ausbau der Erneuerbaren<br />
Energien und allem voran auf Energieeinsparung<br />
und effiziente Techniken, werden sich die Investitionen<br />
in eine Energieinfrastruktur auf die<br />
Instandhaltung konzentrieren können.<br />
Die Verpflichtung der EU zum Schutz des Klimas<br />
und die massive Rohstoff-Abhängigkeit von anderen<br />
Ländern erfordern in den kommenden Jahren<br />
Weichenstellungen in Richtung einer dezentralen,<br />
effizienten und umweltfreundlichen Energiewirtschaft.<br />
Zugleich wollen EDF, EON und RWE aber<br />
weiterhin an Kohle- und Atomenergie festhalten<br />
und ihre uneffiziente und zentrale Kraftwerksstruktur<br />
sogar noch ausbauen.<br />
Als Politiker die Verantwortung für nachkommende<br />
Generationen anzunehmen und gleichzeitig die<br />
großen Energie-Unternehmen für die Energiewende<br />
zu gewinnen, denn gegen sie geht es nicht,