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Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan

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<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />

54<br />

Das bedeutet, dass „Cash“ in die Taschen der<br />

Armen fließen muss, und für die meisten länd-<br />

lichen Bevölkerungsgruppen wird der Handel mit<br />

eigenen Agrarprodukten die einzige Gelegenheit<br />

dazu bieten. Immer stellt sich für sie dabei eine<br />

Wettbewerbssituation, ob sie nur für den lokalen,<br />

oder sogar auch für den nationalen oder internati-<br />

onalen Markt produzieren. Je näher aber ein<br />

Marktplatz liegt, desto homogener die Mitkonkurrenten,<br />

desto weniger schlagen Transport, Lagerung,<br />

Haltbarmachung oder auch Qualitätsunter-<br />

schiede zu Buche. Auch wenn die Anbieter auf örtlichen<br />

Bauernmärkten nicht alle gleich günstige<br />

Produktions- und Vermarktungsbedingungen vor-<br />

weisen, so orientieren sich doch die größeren Betriebe<br />

mit höherem Potential in der Regel auf<br />

lukrative regionale, nationale und internationale<br />

Märkte. Zwischenhändler spielen im kleinräumlichen<br />

Handel eine untergeordnete Rolle und die<br />

Nachfrage konzentriert sich vorwiegend auf lokal<br />

herstellbare Güter. Das ist ein Metier, in dem auch<br />

die arme Bevölkerung eine Chance sieht. Handel<br />

hat es schon seit Jahrtausenden und wohl überall<br />

gegeben und ein gewisses Maß an Wettbewerb<br />

dürfte dabei seit eh und je den Umfang und Erfolg<br />

von Vermarktungsaktivitäten bestimmt haben.<br />

Welche Beispiele aber gibt es dafür, dass Handel<br />

und Wettbewerb primär den Schwächeren genützt<br />

und soziale Unterschiede in Agrargesellschaften<br />

abgebaut hätten?<br />

Wettbewerb<br />

Für die Verfechter eines neo-liberalen Wirtschaftsmodells<br />

dient der Wettbewerb dazu, eine<br />

optimale Ressourcenallokation zu erhalten. Nicht-<br />

profitable Standorte werden dadurch aus der Produktion<br />

verdrängt, die sich anderenfalls nur mittels<br />

überhöhter Konsumentenpreise, staatlicher<br />

Subventionen und künstlicher Abschottung von<br />

Konkurrenten behaupten können. Der Staat sollte<br />

sich weitgehend regulativer Eingriffe enthalten.<br />

Damit werden, so die Theorie, der Gesellschaft<br />

Kosten erspart und Wohlstandsgewinne erzielt, die<br />

letzten Endes auch einer Armutsbekämpfung zugute<br />

kommen. Aus Gründen des Wettbewerbs<br />

freigesetzte Arbeitsplätze müssen in anderen,<br />

wirtschaftlich konkurrenzfähigeren Sektoren Verwendung<br />

finden. Gibt es solche Sektoren nicht,<br />

bleibt es der Gesellschaft, mildtätigen sozialen Einrichtungen<br />

oder traditionellen Selbsthilfegruppen<br />

überlassen, sich um die Opfer dieses Wirtschafts-<br />

modells zu kümmern. Die dafür entstehenden<br />

Kosten belasten jedenfalls nicht mehr die Jahresbilanzen<br />

der Unternehmen.<br />

Lange Zeit beschworen die Freihandelsapologeten<br />

sog. „Trickle down-Effekte“. Dabei wurden die<br />

wirtschaftlich Potenten unterstützt in der Hoff-<br />

nung, dass längerfristig auch positive Auswirkun-<br />

gen auf die Armen durchsickern würden. Leider<br />

blieben diese Effekte bis heute eher Illusion als<br />

Wirklichkeit. Trotzdem feiern sie in neo-liberalen<br />

Armutsbekämpfungsstrategien fröhliche Urstände.<br />

Strukturanpassungsprogramme, Strategien der<br />

Entschuldung von Weltbank und internationalem<br />

Währungsfonds oder die Handelsliberalisierung im<br />

Rahmen der Welthandelsorganisation werden immer<br />

wieder als Beitrag zur Reduzierung von Not,<br />

Hunger und Armut in den Entwicklungsländern<br />

propagiert, ohne dass auch nur im geringsten ihr<br />

Nutzen für das Gros der Armen nachgewiesen<br />

worden wäre.<br />

Monopolstellung weniger Unternehmen<br />

Wettbewerb ohne Kontrolle, ohne soziale, ökologische<br />

und ökonomische Regeln führt in einer Welt<br />

ungleicher Handelspartner unweigerlich zur Verdrängung<br />

der Schwächeren durch die Stärkeren,<br />

wann immer es für die Stärkeren vorteilhaft ist. Da<br />

Wettbewerb im Prinzip zwar dem Handel und einer<br />

effizienten Ressourcennutzung dient, de fakto aber<br />

einzelnen Unternehmen ziemlich lästig werden<br />

kann, geht mit ihm stets die Versuchung einher,<br />

missliebige Mitkonkurrenten auszuschalten. Weltweit<br />

geschieht das bekanntlich in großem Stil. Die<br />

Konsequenz sind monopolistische Machtstruktu-<br />

ren, die das Gegenteil von Freihandel und Wettbewerb<br />

bedeuten. International gibt es kein Kartellrecht,<br />

das eine zu starke und handelsbedro-<br />

hende Machtzusammenballung einzelner Unternehmen<br />

und multinationaler Firmen unterbinden<br />

würde. So untergräbt der Wettbewerb seine eigene<br />

ideologische Grundlage. Heute schon ist in der<br />

Landwirtschaft eine extreme Konzentration im<br />

Agrobusiness auf wenige dominierende Unternehmen<br />

festzustellen. Wie blauäugig müssen wir sein,<br />

die Welternährung in die Hände einiger auf Rendite<br />

fixierter Manager und Aktionäre zu legen?<br />

Migration<br />

Wenn es nicht gelingt, benachteiligte, verarmte<br />

Bevölkerungsgruppen von den Segnungen eines<br />

wirtschaftlichen Wachstums profitieren zu lassen,<br />

dann werden die Armen dorthin wandern, wo sie<br />

sich ihren Teil am Wohlstand der anderen holen<br />

können. Wenn es sein muss, mit Gewalt. Die Migration<br />

in die Städte hat heute schon Ausmaße er-<br />

reicht, die manchen Stadtplanern, Sicherheitsfachleuten<br />

oder Gesundheitsexperten die Haare zu<br />

Berge stehen lassen. Manche lateinamerikanische<br />

Länder sind bereits zu über 90% verstädtert. Im<br />

Jahr 2030 wird über die Hälfte der Weltbevölkerung<br />

in urbanen Ballungszentren zuhause sein.<br />

Damit gehen nicht nur Versorgungs- und Sicherheitsprobleme<br />

einher, auch die Kosten für die Ge-

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