Nachhaltiges Europa Abschlusspublikation - Global Marshall Plan
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Nachhaltigkeit und <strong>Global</strong>isierung<br />
Großen Teilen der europäischen Politik und der handelnden Akteure fehlt noch immer die<br />
Fähigkeit, sich kritisch mit dem herrschenden Wirtschaftssystem auseinander zusetzen. Die<br />
Analyse der Ausgangssituation und die daraus folgende Strategie sollte neu überdacht werden,<br />
was vor allem die Lissabon-Strategie und die sich daraus ergebende Ausrichtung auf<br />
Wirtschaftswachstum und Wettbewerb um jeden Preis angeht. Dabei sollte im Mittelpunkt<br />
stehen, die Marktmechanismen so umzugestalten, dass sie nicht länger natürliche Lebensgrundlagen<br />
zerstören und soziale Maßnahmen konterkarieren.<br />
Bisher wurden kaum Maßnahmen unternommen, um die zunehmende soziale Ausgrenzung<br />
innerhalb der EU-(Nachhaltigkeits-)Politik wirkungsvoll zu bekämpfen. Zwar gelten soziale<br />
Ausgrenzung und Alterung als zwei der wichtigsten Herausforderungen, der Schwerpunkt<br />
der EU liegt aber bisher vor allem auf dem Bereich demographischer Wandel. Konkrete<br />
Maßnahme gegen die soziale Ausgrenzung gibt es bisher zu wenig. Insbesondere die ökonomisch<br />
einseitige Ausrichtung auf ein „Mehr an Wettbewerb“, die gleichzeitig zum Abbau<br />
der Arbeitslosigkeit, der Armut und der sozialen Ausgrenzung führen soll, ist fragwürdig.<br />
Bei gleichzeitigem Abbau der sozialen Sicherungssysteme zugunsten eines „freien“ Handels,<br />
ist nicht zu erkennen, dass die EU ihren ehrgeizig gesteckten Zielen nahe kommt. De facto<br />
unterstützt die Lissabon-Strategie die Schaffung eines Niedriglohnsektors (in Deutschland<br />
sog. Ein-Euro-Jobs). In der von der Kommission herausgegebenen Studie „Die soziale Lage<br />
in der Europäischen Union 2002“ wird festgehalten, dass „eine wichtige Ursache für Armut<br />
und soziale Ausgrenzung [...] die Arbeitslosigkeit oder eine Niedriglohnbeschäftigung“ ist.<br />
Maßnahmen seitens der EU, dieser Tatsache vorzubeugen und Niedriglohnbeschäftigungen<br />
zu bekämpfen, sind nicht zu erkennen.<br />
Durch die direkte Kopplung der Armutsbekämpfung und der sozialen Sicherheit an Wettbewerb<br />
und Wirtschaftswachstum, besteht die Gefahr, dass - wie in vielen Mitgliedstaaten bereits<br />
geschehen - Sozialpolitik als ein nicht notwendiger Kostenfaktor angesehen wird. Die<br />
Folge ist die ausdrücklich von der EU nicht gewollte Ausrichtung von aktiver zu passiver<br />
Sozialpolitik.<br />
Eine wirkungsvolle aktive Sozialpolitik sollte grundsätzlich von der Abhängigkeit des Wirtschaftswachstums<br />
entkoppelt werden. Zudem sind als zusätzliche Maßnahmen der Zugang<br />
zu Wissen, insbesondere im Online-Bereich, aufzunehmen. Der restriktive Ausbau des<br />
Copyrights und der Patente ist im Sinne von Zugangsgerechtigkeit und einer nachhaltigen<br />
Wissensgesellschaft, an der jede/r Bürger/in der EU partizipieren kann, zu überprüfen.<br />
Wissen und die Möglichkeit, freien Zugang zu Wissen zu haben, sind Grundvoraussetzungen<br />
für den Abbau von Armut und sozialer Ausgrenzung.<br />
<strong>Nachhaltiges</strong> <strong>Europa</strong><br />
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