Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg
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BLICK 20 Essays<br />
Purrmann schuf das Gemälde um 1938/1940 wäh<br />
rend seiner Zeit als Direktor der Villa Romana in Flo<br />
renz_ Es ist in Öltechnik auf Leinwand gemalt und<br />
mißt 57,0 x 70,0 cm. Der Maler hat einen von ihm<br />
bevorzugten Landschaftsaspekt gewählt, wie er sich<br />
neben manchen anderen Motiven vom Park der Villa<br />
Romana aus bietet. Andeutungen eines Abhangs links<br />
und rechts am unteren Bildrand und eine baumbe<br />
standene Senke in der Mitte bilden das Proszenium<br />
für einen Ausblick aus der Höhe auf die vorstädti<br />
schen Häuser von Colombaja und die Kirche<br />
Sant'llario, die mit ihrem Schiff und dem Turm nicht<br />
nur die linke Bildhälfte, sondern den Mittelgrund des<br />
gesamten Gemäldes beherrscht. Zum Hintergrund<br />
leitet der in einiger Ferne leicht gegen den rechten<br />
Bildrand ansteigende Boboli-Garten über wie auch<br />
der Fernblick, links, über das Kirchendach hinweg,<br />
auf das im Arno-Tal sich ausbreitende Häusermeer<br />
von Florenz, aus dem sich ein markanter, aber nicht<br />
mit Bestimmtheit benennbarer kubischer Baukörper<br />
heraushebt. Den oberen Abschluß des Landschafts<br />
ausblicks bildet die hoch hinaufgeschobene, im Mas<br />
siv des Monte Ceceri kulminierende Horizontlinie des<br />
Apennin -Vorgebirges samt dem darüber sich erstrek<br />
kenden schmalen Streifen Himmels.<br />
Purrmann hat sein Bild meisterhaft aufgebaut. Das<br />
gedrungen-rechteckige Format nutzte er zu einer<br />
vollkommen geschlossenen Komposition, in der es<br />
weder leere Flächen noch "Löcher" gibt und in der<br />
nicht Details, sondern die Hauptsachen den Ton an<br />
geben. Voraussetzung hierfür ist eine Flächenauftei-<br />
Schätze der <strong>Universität</strong><br />
HANS PURRMANN:<br />
BLICK VON DER<br />
VI LLA ROMANA AU F<br />
SANT'ILARIO<br />
Stefan Kummer, Martin-von-Wagner-Museum<br />
(Neuere Abteilung)<br />
lung, die sich an den Gegebenheiten und Möglich<br />
keiten des Bildformats orientiert. Die horizontal hin<br />
ter- und übereinandergeschichteten Gründe - Pro<br />
szenium, Mittel- und Hintergrund - betonen die Längs<br />
ausdehnung des Bildes in die Breite, während der<br />
aus den Häusern emporstrebende Campanile und sein<br />
,Äquivalent', die Pinie mit dem schlank aufwachsen<br />
den Stamm und der schirmartigen, geneigten Nadel<br />
krone, eine Verspannung der Waagerechten mit der<br />
Vertikalen bewirken. Die Einzelheiten sind in der Bild<br />
fläche so gegeneinander und miteinander auspon<br />
deriert, daß trotz der Akzentuierung einzelner Ge<br />
genstände (wie etwa der Kirche) kein Detail ,verlo<br />
ren geht', sondern alle Einzelheiten in der Einheit<br />
des Bildganzen aufgehen. Obwohl Purrmann, ähn<br />
lich wie sein Vorbild Cezanne und in Anlehnung an<br />
seinen Lehrer und Freund Matisse, das Bildgefüge<br />
durch Schichtung der Gründe gewonnen und somit<br />
zugunsten der Flächenwerte jegliche Erinnerung an<br />
eine perspektivisch gesehene ,Guckkastenbühne'<br />
beseitigt hat, wirkt sein Gemälde unauslotbar tiefen<br />
räumlich. Dies ist allein der Wirkung des Kolorits zu<br />
verdanken: Die vielfältige, lebhafte Abstufung der Hell<br />
und Dunkelwerte der Farbe, die hier ein Verdämmern<br />
im Schatten, dort ein helles Aufleuchten bewirkt, ist<br />
zunächst zu nennen. Aber auch die von Purrmann<br />
getroffene Farbwahl, insbesondere das zarte Violett<br />
und das satte, leuchtende Grün im Vordergrund, der<br />
aufglänzende Ocker der Gebäude und die mannig<br />
faltigen Blautöne im Hintergrund, nicht zuletzt auch<br />
die Farbsequenz schaffen den Eindruck großer räum-