Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg
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DIE IMMUNANTWORT GEGEN<br />
EINEN ALLERWELTSPARASITEN<br />
Thomas Herrmann, Institut für Virologie und Immunbiologie<br />
Kein rohes Fleisch in der Küche, kein Kontakt<br />
mit Katzen. Diese Empfehlungen werden<br />
Schwangeren gegeben, die noch keine Infekti<br />
on mit dem Parasiten Toxoplasma gondii<br />
durchgemacht haben, denn bei ihnen kann es<br />
zu einer Infektion des Fetus mit schweren<br />
Folgeschäden für das Kind kommen. In<br />
unserem Projekt soll im Tiermodell die<br />
Immunantwort der werdenden Mutter sowie<br />
die Reaktion des sich entwickelnden Immun<br />
systems auf den Erreger analysiert werden.<br />
Der Parasit Toxoplasma gondii wächst im Inneren von<br />
Zellen und ist evolutionär höchst erfolgreich. Er ist<br />
in der Tat ein "Allerweltsparasit", kommt er doch in<br />
den kernhaitigen Zellen der meisten Säugetiere und<br />
Vögel vor und ist auf allen Kontinenten zu finden.<br />
Geschlechtlich vermehrt er sich jedoch nur in Kat<br />
zen, die dann mit dem Kot eine extrem widerstands<br />
fähige Form des Erregers ausscheiden, die so ge<br />
nannten Oocysten. Diese stellen eine wichtige Infek<br />
tionsquelle dar.<br />
langlebige Toxoplasma-Zysten<br />
In anderen TIeren und im Menschen hingegen sind<br />
nur zwei Entwicklungsstadien des Parasiten zu fin<br />
den: die schnell wachsenden, sicheiförmigen Tachy<br />
zoiten und die in mikroskopisch kleine Zysten einge<br />
schlossenen Bradyzoiten. Diese Zysten sind langle<br />
big und überdauern vor allem im Gehirn und in den<br />
Muskeln, so dass man sich auch durch den Verzehr<br />
von rohem Fleisch infizieren kann.<br />
Die Infektion selbst verläuft meist harmlos. In der<br />
akuten Phase verursacht sie bei Menschen mit ei <br />
nem funktionierenden Immunsystem gelegentlich grip<br />
peartige Symptome. Meistens treten aber keine weite<br />
ren Beschwerden auf. Das gilt auch für die chronische<br />
Infektion, also für das Vorhandensein von Zysten.<br />
Ganz anders sieht es aber bei Menschen aus, deren<br />
Immunabwehr massiv geschwächt ist, etwa bei AIDS<br />
Patienten. Bei ihnen kann es beispielsweise zur Re<br />
aktivierung der chronischen Infektion mit lebensbe<br />
drohlichen Krankheitsbildern wie einer zerebralen<br />
Toxoplasmose kommen.<br />
Forschungsschwerpunkt<br />
Unsere Arbeitsgruppe widmet sich vor allem der an<br />
geborenen Toxoplasmose. Diese klinisch wohl be<br />
deutendste Form der Infektion wird durch die Über<br />
tragung des Erregers auf den Fetus verursacht. Bei<br />
Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft infiziert<br />
wurden, verhindert das Immunsystem die Übertra<br />
gung auf den Fetus.<br />
Anders sieht es bei einer Erstinfektion während der<br />
Schwangerschaft aus: Hier wird auch ein Teil der un <br />
geborenen Kinder infiziert, was zu einer Fehlgeburt<br />
oder zu schweren Schädigungen des Nervensystems<br />
führen kann . Auch<br />
das Sehvermögen<br />
kann beeinträchtigt<br />
werden. Besonders<br />
tückisch ist hier die<br />
so genannte Reti<br />
nochoriotidis, die<br />
zum Teil erst viele<br />
Jahre nach der In<br />
fektion auftritt und<br />
unter Umständen<br />
sogar zur Erblin<br />
dung des betroffe<br />
nen Auges führt.<br />
Klinisch bedeut<br />
sam ist die angeborene Toxoplasmose auch in der<br />
Veterinärmedizin. Vor allem in der Schafzucht stellen<br />
durch Toxoplasma gondii verursachte Fehlgeburten<br />
ein erhebliches Problem dar.<br />
Wie das Immunsystem auf Toxoplasmen<br />
reagiert<br />
Für Immunologen besonders interessant: Wie ver<br />
hindert das Immunsystem der Mutter, dass der Erre<br />
ger auf den Fetus übertragen wird? Wie reagiert das<br />
sich noch entwickelnde Immunsystems des Fetus im<br />
Vergleich zum reifen Immunsystem auf die Infektion?<br />
Die Antworten auf diese Fragen könnten sowohl zum<br />
besseren Schutz vor einer Infektion (z.B. durch Ent<br />
wicklung von Impfstoffen) führen als auch generell<br />
das Wissen über die Entwicklung des Immunsystems<br />
erweitern.<br />
Dazu sind Untersuchungen im Tiermodell nötig, bei<br />
43 BLICK<br />
In Ratten, die keinen Thymus<br />
besitzen, verbreiten sich die<br />
Toxop/asmen im ganzen<br />
Körper. T: Tachyzoit,<br />
erkennbar an der typischen<br />
Siehe/form. L: Leukozyt. Die<br />
Aufnahme zeigt die<br />
Giemsafärbung eines<br />
Lungentupfpräparates. Bi/d:<br />
M. Kempf