Dokument 1.pdf - OPUS - Universität Würzburg
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BLICK 42 Forschungsschwerpunkt<br />
NEUES THERAPIEPRINZIP BEI<br />
ZERSTÖRTEM IMMUNSYSTEM<br />
Thomas Hünig, Institut tür Virologie und Immunbiologie<br />
Für die spezifische Erkennung und Eliminie<br />
rung infektiöser Krankheitserreger sind in<br />
unserem Körper bestimmte Zellen zuständig,<br />
die lymphozyten. Gefährlich wird es, wenn -<br />
wie bei AIDS - ihre Zahl so weit absinkt, dass<br />
keine ausreichenden Abwehrtruppen mobili<br />
siert werden können. Ziel unseres Projekts ist<br />
die Entwicklung einer Therapie, welche die<br />
Zahl der lymphozyten wieder rasch in den<br />
Normalbereich bringt.<br />
Verschiedene Typen von Lymphozyten erfüllen unter<br />
schiedliche Aufgaben bei der spezifischen Erkennung<br />
und Vernichtung von Krankheitserregern: Die im Kno<br />
chenmark gebildeten B-Lymphozyten produzieren<br />
Antikörper, die in den Körperflüssigkeiten zirkulie<br />
ren, an die Erreger binden und sie so für die Zerstö<br />
rung markieren_<br />
T-Lymphozyten werden im Thymus produziert, einem<br />
zweilappigen Organ unter dem Brustbein, das im jun<br />
gen Erwachsenenalter seine Funktion fast vollstän<br />
dig einstellt. Bei den T-Lymphozyten gibt es zwei<br />
Typen mit unterschiedlichen Aufgaben: Die CD8-T<br />
Lymphozyten sind Killerzellen, die virusinfizierte Kör<br />
perzellen und Tumorzellen vernichten. Die CD4-T-Lym<br />
phozyten hingegen regulieren das gesamte Immun<br />
system einschließlich der Antikörperproduktion durch<br />
die B-Lymphozyten.Bei einem gesunden Erwachsenen<br />
reicht die Zahl der in der Jugend im Thymus gebilde<br />
ten T-Lymphozyten für ein lebenslang funktionieren<br />
des Immunsystem aus. Schädigende Einflüsse wie die<br />
für die Krebsbehandlung notwendige Chemo- und<br />
Strahlentherapie oder eine Infektion mit dem AIDS<br />
auslösenden Virus HIV, aber auch das Erreichen eines<br />
hohen Lebensalters führen oft zu einem drastischen<br />
Verlust von T-Lymphozyten. Da die Nachlieferung aus<br />
dem Thymus weitgehend eingestellt ist, kann eine Nor<br />
malisierung der T-Lymphozytenzahlen nur durch die<br />
Vermehrung der im geschädigten Menschen noch vor<br />
handenen Zellen erfolgen. Diese Regeneration des Im<br />
munsystems findet auch tatsächlich statt, verläuft je<br />
doch so langsam, dass der Patient über Monate bis<br />
Jahre extrem infektanfällig bleibt.<br />
Die Vermehrung von Lymphozyten wird durch Signa-<br />
le gesteuert, die von Rezeptorproteinen an der Zell<br />
oberfläche an den Zellkern weitergeleitet werden. Ein<br />
Therapeutikum, das eine Vermehrung von T-Lympho<br />
zyten bewirken soll, muss also solche Rezeptoren<br />
ansprechen, die in ruhenden T-Lymphozyten die Zell<br />
teilung auslösen.<br />
Als künstliche Liganden für diese Rezeptoren und<br />
demnach als potenzielle Therapeutika können so<br />
genannte monoklonale Antikörper (MAK) eingesetzt<br />
werden, deren Bindung an einen wachstumsfördern<br />
den Rezeptor ein aktivierendes Signal auslöst. Es<br />
gelang im Rahmen der Arbeiten des SFB, solche<br />
monoklonalen Antikörper zu isolieren. Sie binden an<br />
ein Oberflächen molekül der T-Lymphozyten, das den<br />
Immunologen unter dem Kürzel CD28 geläufig ist.<br />
Die Behandlung von Versuchstieren mit diesen neu<br />
artigen stimulatorischen MAK führt zu einer raschen<br />
Vermehrung sämtlicher T-Lymphozyten, ohne dass es<br />
zu erkennbaren schädlichen Nebenwirkungen kommt.<br />
Ebenfalls im Tiermodell lässt sich eine Situation si<br />
mulieren, wie sie bei einem durch Chemo- oder Strah<br />
lentherapie zusammengebrochenen Immunsystem<br />
vorherrscht: Die natürlich vorhandenen T-Lymphozy<br />
ten werden, wie bei Krebspatienten, durch Bestrah<br />
lung zerstört. Erhält das Versuchstier nun wieder<br />
gesunde T-Lymphozyten in geringer Zahl, so vermeh<br />
ren diese sich nur langsam und erreichen erst nach<br />
einigen Monaten wieder fast normale Werte.Wir konn<br />
ten nun zeigen, dass die gleichzeitige Behandlung<br />
dieser zunächst noch immuninkompetenten Tiere mit<br />
"superagonistischen" CD28-spezifischen monoklona<br />
len Antikörpern dazu führt, dass sich die Erholung<br />
des Immunsystems drastisch beschleunigt. Auch die<br />
Effektivität dieser Behandlung konnte für die Wie<br />
derherstellung der Immunantwort gegen Modellanti<br />
gene wie zum Beispiel artfremde Proteine gezeigt<br />
werden.<br />
Jetzt untersuchen wir, ob ein durch CD28-Therapie<br />
wieder aufgebautes Immunsystem auch tatsächlich<br />
Schutz vor infektiösen Erregern verleiht. Wir hoffen,<br />
mit diesen Untersuchungen einen Weg zu finden, über<br />
den sich die Abwehrreaktionen bei immunologisch<br />
beeinträchtigten Patienten effizient wiederherstellen<br />
lassen.