07.10.2013 Aufrufe

Soziales Verhalten als Inszenierung unbewusster Strukturen

Soziales Verhalten als Inszenierung unbewusster Strukturen

Soziales Verhalten als Inszenierung unbewusster Strukturen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Position eines Abteilungsleiters eher unangemessen, da sie auf einer<br />

gewissen Unreife basiert. Die Wahl der Rolle zeugt davon, dass er sich<br />

selbst vernachlässigt (Cluster = 3.8). In dieser dissonanten komplexen<br />

Kodierung (Cluster-Kodierung = 3.3/3.8) könnten sich Schuld- bzw.<br />

Schamgefühle zeigen, die sich auf das Erleben eigenen Versagens in seiner<br />

Rolle <strong>als</strong> Abteilungsleiter beziehen. Dadurch, dass er sich in der Rolle eines<br />

jugendlichen Liebhabers sieht, zeigt er sich der Gruppe gegenüber (Alle<br />

Anwesenden = Y-Referent) mitteilsam und offen (Fokus = intransitiv; Cluster<br />

= 2.2). An der Kodierung dieses kurzen Gesprächsausschnittes zeigt sich,<br />

wie unterschiedlich formale Leitungsfunktionen an der Ana – F. – Schule<br />

ausgeübt werden.<br />

Die folgenden drei Gedankeneinheiten (132 – 134) zeigen Interaktionen<br />

zwischen dem Kollegium und der Beraterin, sowie zwischen dem Kollegium<br />

und einer Wunsch-Beraterin, resp. Wunsch-Leiterin. Zunächst reagiert das<br />

Kollegium (Alle Anwesende = X-Referent, Fokus = intransitiv) auf die Frage<br />

der Beraterin komplementär, d. h. sie fügen sich vertrauensvoll und<br />

beantworten der freundlich direktiven Frage nach ihren Erwartungen an eine<br />

Wunsch-Beraterin (Wunsch-Beraterin = Y-Referentin, Cluster = 2.4). Diese<br />

Äußerung enthält aber auch Idealvorstellungen bzgl. des <strong>Verhalten</strong>s der<br />

Wunsch-Beraterin und wird daher doppelt kodiert. Die Wunsch-Beraterin<br />

(nun X-Referentin) soll den Anwesenden gegenüber autonomiegewährend,<br />

freundlich ermutigend sein (Y-Referent = Wunsch-Beraterin, Fokus =<br />

transitiv, Cluster = 1.2). Diese zweite Kodierung der Einheit 132 wiederholt<br />

sich in den beiden folgenden Einheiten. Die Wunsch-Beraterin sieht die<br />

Anwesenden <strong>als</strong> Menschen mit ihren individuellen Fähigkeiten und<br />

Fertigkeiten, d. h. in ihrer personalen Identität (X-Referentin = Wunsch-<br />

Beraterin, Fokus = transitiv, Cluster = 1.2). Hier liegt der Schluss nahe, dass<br />

sich die Anwesenden in der Gruppensituation und in der Ablauforganisation<br />

personale Ganzobjektbeziehungen wünschen (vgl. Kap. 6.2.2).<br />

Interpretation: Besonders die multiplen und komplexen Kodierungen (vier von<br />

zwölf kodierbaren Einheiten) zeigen in dieser Gesprächsvignette die<br />

Komplexität des Beziehungsgeschehens in einer institutionalisierten Gruppe,<br />

in der unterschiedliche formal-hierarchische Funktionen besetzt sind,<br />

gleichzeitig aber ein demokratisch-emanzipatives Sozialverhalten angestrebt<br />

wird. Diese Interpretation verdeutlicht auch, wie in einem Rollenspiel das<br />

unbewusste soziale <strong>Verhalten</strong> von Einzelnen in ihrer organisatorischinstitutionellen<br />

Rolle für das kollektive Unbewusste sichtbar werden kann.<br />

394

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!