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ZGR Nr. 19-20/2001 - Partea II

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Zu einigen Aspekten der Dramentheorie in der deutschen Literatur<br />

staatliche Zensur für ihre Kunst und die gesellschaftliche<br />

Anerkennung ihres Berufstandes gekämpft.<br />

Zu Beginn des <strong>20</strong>. Jahrhunderts erfuhr das<br />

Theaterwesen tatsächlich die lang ersehnte Würdigung<br />

sowohl als autonome Kunstform. Wie auch als<br />

Medium, mit dem man verändernd in die gesellschaftliche<br />

Wirklichkeit einzugreifen können glaubte.<br />

Das künstlerische und politische Avantgarde Theater<br />

des frühen <strong>20</strong> Jahrhunderts setzte große Erwartungen<br />

in seine Fähigkeit, bei der Schaffung einer neuen,<br />

dem gesellschaftlichen Wandel entsprechenden Kultur,<br />

maßgeblich mitzuwirken. Doch in der Konkurrenz<br />

mit den Massenmedien Film und Fernsehen<br />

geriet das Theater, vormals beliebteste Unterhaltungsform<br />

aller sozialen Schichten, Hoffnungsträger der<br />

emanzipatorischen Bewegung und Statussymbol der<br />

bürgerlichen Gesellschaft scheinbar ins Abseits." 15<br />

Die Form des Theaters geriet sodann<br />

immer wieder in Verwandlungen, die bis<br />

heute auf immer komplexere Darbietungen<br />

ausgerichtet sind. Das Avantgarde Theater<br />

oder das folgende Absurde Theater bilden<br />

Kapitel für sich, die nur zu wenig in ein paar<br />

Worten dargestellt werden können. Sie entspringen<br />

einer auf den Kopf gestellten<br />

Logik, falschen Schlußfolgerungen und<br />

freien Assoziationen. Im neuen Theater gibt<br />

es keine nennenswerte Handlung oder<br />

Intrigen mehr, es gibt keine Figuren, die man<br />

als Charaktere bezeichnen könnte, sondern<br />

eher als Marionetten, es gibt weder Anfang<br />

noch Ende und die Stücke selbst scheinen<br />

Spiegelbilder von Träumen oder Angstvorstellungen<br />

zu sein. Das einzige was bleibt ist<br />

ein, auf den ersten Blick, zusammenhangloses<br />

Geschwätz. Diese Art von Theater ist<br />

auf jeden Fall Exponent unserer Evolution,<br />

Produkte des neuen, modernen rationalen<br />

Menschen, über den Freud sagte:<br />

"Die Lust am Unsinn hat ihre Wurzeln in dem Gefühl<br />

der Freiheit, das uns überkommt, wenn wir die<br />

Zwangsjacke der Logik ablegen können" 16 .<br />

Der Impakt dieser Neuerungen ist so<br />

groß, daß inzwischen nicht nur die neuen<br />

Texte modern auf der Bühne aufgeführt<br />

werden, sondern auch Klassiker wie zum<br />

Beispiel Shakespeare. Und ich möchte diesbezüglich<br />

meinen Vortrag mit einem Zitat<br />

von Simon McBurney, dem Regisseur des<br />

Londoner Ensembles "Théâtre de Complicité",<br />

beenden:<br />

15 ebd. S. 132-133.<br />

16 Freud, Sigmund in Esslin Theater des Absurden, S.<br />

260.<br />

"Theater passiert immer in der Gegenwart, nicht in<br />

der Zukunft, wie der Film, wo es nur wichtig ist, was<br />

als nächstes passiert. Theater passiert jetzt in diesem<br />

Moment, und dann ist es vorbei und kann nicht festgehalten<br />

werden- außer in unserer Erinnerung. Das ist<br />

das Altmodische und das Großartige am Theater, daß<br />

es die Gegenwart behauptet und wichtig nimmt in<br />

einer Gesellschaft, die die Gegenwart abgeschafft hat.<br />

Unsere Gesellschaft kennt nur die Vergangenheit und<br />

die Zukunft - meine Investition von gestern wird mir<br />

morgen Profit bringen -, und deshalb will eine Gesellschaft,<br />

die nur ein einziges Ziel kennt, nämlich das<br />

Kapital und seine Vermehrung, nichts mehr vom<br />

Theater wissen. Aber dieser extreme Materialismus<br />

hat eine soziale Wüste geschaffen, und die Menschen<br />

mit ihrem Bedürfnis, zusammen zu sein und etwas zu<br />

erleben, brauchen das Theater dringender denn je.<br />

Theater ist wie Wasser und Brot." 17<br />

L i t e r a t u r ( e i n e A u s w a h l ) :<br />

1. FRIEDLÄNDER, Paul (Hrsg.), Schiller Ein<br />

Lesebuch unserer Zeit, Weimar, Thüringer<br />

Volksverlag, <strong>19</strong>53<br />

2. ESSLIN, Martin, Das Theater des Absurden,<br />

Frankfurt am Main, Athenäum Verlag, <strong>19</strong>65<br />

3. FISCHER-LICHTE, Erika, Kurze Geschichte<br />

des deutschen Theaters, Tübingen, Francke<br />

Verlag, <strong>19</strong>93<br />

4. GLASER, Hermann (Hrsg.) Wege der<br />

Deutschen Literatur-Ein Lesebuch, Ullstein<br />

Verlag, Frankfurt am Main, <strong>19</strong>75<br />

5. GRONEMEYER, Andrea, Theater, Köln,<br />

DuMont, <strong>19</strong>95<br />

6. LESSING, Gotthold Ephraim, Schriften, Bd.<br />

1-3, Frankfurt am Main, Insel, <strong>19</strong>67<br />

7. STAEHLE, Ulrich Theorie des Dramas,<br />

Stuttgart, Philipp Reclam jun., <strong>19</strong>92<br />

17 Gronemeyer, Andrea Theater, Du Mont<br />

Buchverlag, Köln, <strong>19</strong>95, S. 171.<br />

<strong>ZGR</strong> 1-2 (<strong>19</strong>-<strong>20</strong>) / <strong>20</strong>01 167

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