Endbericht - TU Berlin
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ereitstellen und eine räumliche Gleichverteilung<br />
von Zugängen zum ÖPNV anstreben. Hierbei<br />
sollte sich das Angebot nicht mehr ausschließlich<br />
an der Nachfrage der Nutzer orientieren, sondern<br />
eher eigene Angebote schaffen, welche dem Nutzer<br />
mehr Handlungsspielraum einräumen können<br />
(vgl. Stabilini, Zedda 22.11.2012).<br />
Chancengleichheit im ÖPNV ist ein sehr komplexes<br />
Themenfeld, da alle Nutzer individuelle<br />
Zugangsvoraussetzungen haben, auf die sich der<br />
ÖPNV nicht vollständig einstellen kann. Nichtsdestotrotz<br />
sollten aber vermeidbare Zugangsbarrieren<br />
identifiziert und abgebaut werden. Zu diesen<br />
Zugangsbarrieren können z. B. körperliche und<br />
geistige Barrieren der Nutzer, zeitliche Barrieren<br />
im Zugang zum ÖPNV sowie räumliche Barrieren<br />
durch nicht mehr zumutbare Entfernungen zu<br />
Haltestellen gezählt werden.<br />
Im Rahmen dieser Untersuchung konnten bereits<br />
einige Schwachpunkte, aber auch gute Ansätze der<br />
ÖPNV-Systeme der Untersuchungsstädte ermittelt<br />
werden, von denen die wichtigsten nun kurz zusammengefasst<br />
werden sollen.<br />
Die Analyse der Netzabdeckung bzw. Erreichbarkeit<br />
beider ÖPNV-Netze hat teils erhebliche Erschließungslücken<br />
in der Netzabdeckung am Tag<br />
bzw. in der Nacht (werktags) aufgezeigt (<strong>Berlin</strong> am<br />
Tag, Mailand in der Nacht), die in beiden Städten<br />
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die Qualität des ÖPNV-Netzes stark einschränken<br />
können. Menschen, die in diesen hier identifizierten<br />
Räumen im ÖPNV mobil sein wollen, müssen<br />
entweder größere Entfernungen zu einem Zugang<br />
zum ÖPNV zurücklegen oder können ihre<br />
Aktivitäten nicht durchführen. Hierdurch entstehen<br />
Einschränkungen im täglichen öffentlichen<br />
Leben und eine erhebliche Abhängigkeit von der<br />
Verfügbarkeit von individuellen Verkehrsmitteln.<br />
Aus diesen Einschränkungen entstehen zusätzliche<br />
Zeitaufwände für die Erreichbarkeit von ÖPNV-<br />
Zugängen. Für Menschen, die werktags in Mailand<br />
in der Nacht mobil sein wollen oder müssen, sind<br />
diese am stärksten ausgeprägt.<br />
Die Untersuchung lässt auch Aussagen zur Verlässlichkeit<br />
der ÖPNV-Systeme der beiden Städte zu.<br />
So können die Ergebnisse aus den Analysen der<br />
Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit des ÖPNV zeigen,<br />
dass hier zentrale Unterschiede zwischen den<br />
betrachteten ÖPNV-Systemen vorhanden sind.<br />
An dieser Stelle wird die Stärke von großen Teilen<br />
des <strong>Berlin</strong>er ÖPNV-Netzes deutlich und damit<br />
auch deren hohe Bedeutung für eine zeitgerechte<br />
Mobilität. Dank der allgemein guten Werte bei der<br />
Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit (mit Abstrichen<br />
bei der S-Bahn <strong>Berlin</strong>) kann das <strong>Berlin</strong>er ÖPNV-<br />
Netz als relativ zuverlässiger Taktgeber betrachtet<br />
werden, der fokussiert auf dieses Kriterium eine<br />
selbstbestimmte Teilhabe am öffentlichen Leben<br />
zulässt. In Mailand ist dies nur bei der Metro gegeben,<br />
die als Rückgrat des Mailänder ÖPNV ein zuverlässiges<br />
und pünktliches Angebot liefern kann.<br />
Die anderen von ATM betriebenen oberirdischen<br />
Verkehrsmittel sind dagegen nur mit Abstrichen<br />
dafür geeignet. Über die S-Bahn von Mailand kann<br />
zu diesem Thema aufgrund mangelnder Analysen<br />
keine Aussage getroffen werden.<br />
In Mailand wirkt sich die mangelhafte Fahrgastinformation<br />
in den alten Verkehrsmitteln, vor allem<br />
in den Straßenbahnen, negativ aus. Hinzukommt<br />
die hohe Auslastung der Verkehrsmittel nicht nur<br />
zur Hauptverkehrszeit. Die Barrierefreiheit kann<br />
zudem in den Regionalzügen und den meisten Straßenbahnen<br />
Mailands nicht gewährleistet werden.<br />
Generell ist keiner der getesteten Bahnhöfe beider<br />
Städte komplett barrierefrei, da es kein durchgehendes<br />
Blindenleitsystem gibt. In Mailand stellen<br />
besonders die fehlenden taktilen Bodenplatten<br />
zwischen Zug und Plattformen eine Gefährdung<br />
für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen<br />
dar. Der Bahnhof Friedrichstraße ist für Rollstuhlfahrer<br />
prinzipiell barrierefrei. Dies bedeutet aber<br />
nicht, dass er automatisch auch zeitgerecht ist, da<br />
Rollstuhlfahrer in jedem (Zwischen-) Geschoss<br />
umsteigen und entsprechend warten müssen.