Endbericht - TU Berlin
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3.1 Einleitung und<br />
Relevanz für das Projekt<br />
Kommunale bzw. lokale Zeitpolitik ist ein vergleichsweise<br />
junges Gestaltungs- und Forschungsfeld,<br />
das seinen Ursprung in Italien hat. Ausgehend<br />
von dem Bestreben, die Lebens- und Arbeitssituation<br />
insbesondere von Frauen zu verbessern (vgl.<br />
Heitkötter 2004, S. 4), entwickelte sich die Idee<br />
einer zeitgerechten Stadt. Durch die Individualisierung<br />
und Pluralisierung der Gesellschaft und<br />
Flexibilisierung des Arbeitsmarktes haben sich die<br />
Zeitstrukturen der Gesellschaft und der Städte in<br />
den letzten Jahren stark verändert und Zeitkonflikte<br />
wurden verstärkt (vgl. Eberling, Henckel 1998,<br />
S. 157). Arbeit, Informationsvermittlung und Mobilität<br />
sind individueller, flexibler und beschleunigt<br />
(vgl. Heitkötter 2007, S. 1 f.). Zeitpolitik versucht,<br />
diese Strukturen in Einklang zu bringen und „fordert,<br />
nachhaltig öffentliche, wirtschaftliche und politische<br />
Zeitstrukturen mit den Bedürfnissen von<br />
Individuen, Familien und Gruppen vereinbar zu<br />
machen“ (Mückenberger 2007 b, S. 1). Das Konzept<br />
verbreitete sich in Europa und es entstanden<br />
verschiedene Forschungsansätze, die in Projekten<br />
28<br />
umgesetzt wurden.<br />
Zeitpolitik muss immer neue Aushandlungsprozesse<br />
und Arrangements unter den Akteuren durchführen<br />
(vgl. Kopel, 08.01.2013) und der Alltag der<br />
Menschen muss besser in Einklang gebracht werden,<br />
weshalb der Bedarf an zeitpolitischen Planungen<br />
und Maßnahmen wächst. Da der zeitliche Ablauf<br />
der Alltage der Menschen von den gegebenen<br />
Zeitstrukturen und Bedingungen vor Ort abhängig<br />
ist, muss Zeitpolitik auf kommunaler bzw. lokaler<br />
Ebene ansetzen (vgl. Heitkötter 2007, S. 1 f.).<br />
Ziele der Zeitpolitik sind, die Qualität des Alltags<br />
zu verbessern, Zeitwohlstand zu mehren und damit<br />
die Lebensqualität zu steigern (vgl. empirica 2001,<br />
S. 113). Dazu soll die städtische Zeitorganisation<br />
und alltägliche Lebensführung der Stadtnutzer aufeinander<br />
abgestimmt werden (vgl. Mückenberger<br />
o. J., S. 5).<br />
Die Ansätze kommunaler Zeitpolitik sind bspw.<br />
raum- und stadtentwicklungspolitisch orientiert<br />
und prüfen und verändern Wegezeiten nach dem<br />
Leitbild der ‚Stadt der kurzen Wege’. Durch Dezentralisierung,<br />
Mischnutzung, räumliche Bündelung<br />
von Dienstleistungen und konkreten Gestaltungsmaßnahmen<br />
kann Zeit eingespart werden<br />
(vgl. Mückenberger 2007 b, S. 1; Heitkötter 2007,<br />
S. 2). Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Harmonisierung<br />
örtlicher Zeitstrukturen: öffentliche<br />
Zeittakte und -strukturen, wie Öffnungszeiten,<br />
Fahrpläne, Betreuungszeiten, Schulzeiten, etc. können<br />
bedarfsgerecht angepasst und koordiniert werden<br />
(vgl. Heitkötter 2004, S. 4; Heitkötter 2007, S.<br />
2). Daneben können öffentliche Dienstleistungen<br />
verbessert und neue zeitlich entlastende entwickelt<br />
werden. Hierzu zählen z. B. Betreuungs- und Pflegeangebote<br />
sowie Hol- und Bringdienste. Des Weiteren<br />
können Informationen gebündelt und deren<br />
Zugänglichkeit, z. B. durch Nutzung neuer Medien,<br />
(s. Kapitel 5), erhöht werden (vgl. Heitkötter 2007,<br />
S. 2).<br />
Der Begriff „Kommunale Zeitpolitik“ ist international<br />
nicht einheitlich definiert. Die folgende Begriffserläuterung<br />
bezieht sich auf die italienische<br />
Zeitpolitik.<br />
Begriffserläuterung ‚Kommunale Zeitpolitik’<br />
Kommunale Zeitpolitik ist kein streng definierter<br />
Begriff und ist daher in verschiedenen Nationen<br />
unterschiedlich ausgeprägt. Allgemein ist das Ziel<br />
der kommunalen Zeitpolitik, die Lebensqualität<br />
zu steigern und zu einer städtischen Zeitorganisation<br />
beizutragen. „Frei verfügbare Zeit“ (nach<br />
Goodin, s. Kapitel 2.6) kann durch Abstimmung<br />
von Arbeitszeiten, sozialen Zeiten und städtischen<br />
Zeitgestaltungen mit der individuell zu bewältigenden<br />
alltäglichen Lebensführung gemehrt werden.<br />
Die gesellschaftlichen (Lebens-) Bereiche werden<br />
mit einer transversalen zeitpolitischen Perspektive