Das ZeitGeschichtsParadox - Staatliche Hochschule für Gestaltung ...
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Diese Brandmarkung und Reinigung vollzog sich selbst<br />
wiederum in einzelnen Stufen, eine Abfolge von Zuständen in<br />
der Psyche der Menschen, die die Hemmschwelle herabsetzte.<br />
Beschränkte man sich zu Beginn noch auf Symbole, wie die<br />
Schrift, steigerte sie sich später auf den Besitz (Kristall) und<br />
endete mit dem Leben der Opfer. Die Zerstörung der<br />
Gegenstände hatte die Aufgabe, die Distanz zum inneren Feind<br />
durch die Mythologisierung des Feindes aufgebaut, abzubauen,<br />
erst durch die Zerstörung wurde die Distanz durch Besitz und<br />
Stellung vernichtet und die Barriere zwischen öffentlichem<br />
Raum und privaten Raum geöffnet, erst dann konnte man die<br />
Besitzer holen.<br />
Dies schließt natürlich nicht aus, das auch schon vor der<br />
Machtergreifung oder kurz danach unzählige Menschen ihr<br />
Leben lassen mussten, hauptsächlich durch die SA, aber es<br />
zeigte sie doch die Zustimmung der breiteren<br />
Bevölkerungsschichten an den Taten, zumindest eine Billigung<br />
durch Passivität.<br />
Reinheit der Sprache<br />
„das Hitler alles als Instrument nahm und die Literatur dem<br />
machtpolitischen Zweck am wenigsten entgegenkommt. Schon,<br />
dass sie von lauter Einzelnen aufgenommen wird, muss ihn<br />
misstrauisch gemacht haben, ihre Wirkungen sind immer<br />
unberechenbar. Alles konnte man mit Regiekünsten steuern, den<br />
einsamen Leser in seinen vier Wänden nicht.“<br />
Ein Hauptvorwurf gegenüber den Juden in Nazideutschland<br />
lautete, sie seien urban und intellektuell und hätten einen<br />
destruktiven, korrumpierenden „kritischen Geist“.<br />
Auftakt zu den Bücherverbrennungen im Mai 1933 war<br />
Goebbels Ruf:“ das Zeitalter eines überspitzten jüdischen<br />
Intellektualismus ist nun zu Ende, und der Durchbruch der<br />
deutschen Revolution hat auch dem deutschen Geist wieder eine<br />
Gasse freigemacht.“<br />
Unter diesem Vorwand wurde die Verbrennung der literarischen<br />
Meisterwerke Deutschlands zu jener Zeit vorgenommen und mit<br />
ihnen ging auch die Freiheit des Wortes in das Nichts über.<br />
Nach den Zeitungsberichten vom 11.Mai 1933 und den<br />
folgenden Tagen waren die Bücherverbrennungen keine<br />
besonders aufregenden Schauspiele...auf dem Opernplatz in<br />
Berlin funktionierte die Lautsprecheranlage nicht gut. Goebbels<br />
Rede war nur schwer zu verstehen. Die Mehrzahl der Zuschauer<br />
war hinbestellt...Golo Mann beobachtete das Spektakel und<br />
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