OM Deutsch 2010 Internet-Ausgabe.pdf
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Sowjetische Geschichtsstunde,<br />
Teil 2<br />
Molotov bei der Unterzeichnung des Vertrags am<br />
28. September 1939 in Stalins Arbeitszimmer im Kreml. Hinter<br />
ihm Ribentropp.<br />
Die Geschichte der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik<br />
erwähnt mit keinem Wort die zwischen Hitler und Stalin<br />
geschlossenen Pakte sowie die geheimen Zusatzprotokolle über<br />
die Aufteilung Osteuropas und die wirtschaftliche Hilfeleistung<br />
der Sowjetunion für <strong>Deutsch</strong>land. Über den Kriegsausbruch<br />
ist zu lesen: „Schon lange vor Beginn des Zweiten Weltkrieges<br />
hatten Großbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika<br />
<strong>Deutsch</strong>land dabei unterstützt, wirtschaftlich wieder auf die<br />
Beine zu kommen und aufzurüsten. Imperialistische Kreise in<br />
den USA, Großbritannien und Frankreich schickten sich an,<br />
einen Krieg gegen die Sowjetunion zu entfesseln. Doch der<br />
Zweite Weltkrieg brach zunächst zwischen den kapitalistischen<br />
Ländern aus. Kriegsauslöser waren aggressive faschistische<br />
Staaten wie <strong>Deutsch</strong>land, Italien und Japan [...]. Hitlerdeutschland<br />
besetzte gewaltsam Österreich und riß anschließend die<br />
Tschechoslowakai an sich. Von Litauen holte sich <strong>Deutsch</strong>land<br />
Klaipeda und schickte sich an, auch das Baltikum an sich<br />
zu reißen. Am 1. September 1939 überfiel Hitlerdeutschland<br />
Polen. Daraufhin erklärten Großbritannien und Frankreich<br />
<strong>Deutsch</strong>land den Krieg. [...] Unter diesen Umständen war es<br />
Aufgabe der Sowjetregierung, den Schutz der sowjetischen<br />
Grenzen gegen einen Angriff von Seiten Hitlerdeutschlands zu<br />
organisieren.“ (Band 2, S. 126) Als der Wortlaut der geheimen<br />
Zusatzprotokolle im Westen veröffentlicht wurde, bezeichnete<br />
die Sowjetunion diese als Fälschung. Ihre Existenz wurde erst<br />
1989 von den sowjetischen Behörden bestätigt, als der Oberste<br />
Sowjet die Zusatzprotokolle als „ungültig vom Augenblick ihrer<br />
Unterzeichnung an“ deklarierte.<br />
Die Abkommen von München und<br />
Moskau<br />
Am frühen Morgen des 30. September 1938 unterzeichneten Adolf<br />
Hitler, der britische Premier Neville Chamberlain, der französische<br />
Premierminister Édouard Daladier und der italienische Diktator<br />
Benito Mussolini ohne Einbeziehung der Tschechoslowakei<br />
in München ein Abkommen, welches <strong>Deutsch</strong>land gestattete,<br />
das zur Tschechoslowakei gehörende, von <strong>Deutsch</strong>en bewohnte<br />
und in Grenznähe zu <strong>Deutsch</strong>land gelegene Sudetenland zu<br />
besetzen. Mit ihrem Nachgeben gegenüber den Forderungen und<br />
Beteuerungen Hitlers hofften die westlichen Staatsmänner, den<br />
Frieden zu retten. Tschechoslowakische Vertreter blieben von der<br />
Konferenz ausgeschlossen. Am 1. Oktober begann die Besetzung<br />
des Sudetenlandes, die am 15. Oktober abgeschlossen war. Die<br />
Tschechoslowakei blieb ihrem Schicksal überlassen und war<br />
gezwungen, sich dem Diktat zu beugen. Als sich im März 1939<br />
die Slowakei abspaltete und Tschechien von <strong>Deutsch</strong>land besetzt<br />
wurde, hörte die Tschechoslowakei bis zum Ende des Zweiten<br />
Weltkrieges auf, als Staat zu existieren.<br />
Das in München unterzeichnete Abkommen wird zuweilen<br />
als Vorgänger des in Moskau abgeschlossenen Hitler-Stalin-<br />
Paktes angesehen. Nach einer häufig in Rußland vertretenen<br />
Geschichtsinterpretation wird es sogar als wichtigste<br />
Kriegsursache betrachtet. Zwischen dem Münchner und dem<br />
Moskauer Abkommen bestehen jedoch wesentliche Unterschiede,<br />
die an dieser Interpretation Zweifel lassen. Das Münchner<br />
Abkommen war in seiner Tragweite begrenzt. Obwohl es<br />
die Souveränität der Tschechoslowakei einschränkte, war eine<br />
Beseitigung des Staates nicht vorgesehen. Dazu kam es erst<br />
durch die aggressive Politik Hitlers unter dem Bruch der<br />
Münchner Vereinbarungen. Die Münchner Dokumente enthielten<br />
keine geheimen Zusatzprotokolle zur Aufteilung Europas in<br />
Interessensphären. Weder Großbritannien noch Frankreich<br />
handelten in eigenem Interesse. Sie hofften vielmehr, durch<br />
das Münchner Abkommen den Frieden zu retten. Das Wesen<br />
des Hitler-Stalin-Paktes und seiner geheimen Zusatzprotokolle<br />
hingegen liegt in einer aggressiven, gegen die Souveränität<br />
anderer Staaten gerichteten Hinterhältigkeit, die allein den<br />
Interessen der beiden Vertragspartner zuträglich war. Wenn<br />
das Münchner Abkommen auch unbestreitbar den aggressiven<br />
Absichten Hitlers nützte, so steht ebenfalls außer Zweifel, daß<br />
der Moskauer Vertrag die direkte Ursache für den Ausbruch des<br />
Zweiten Weltkrieges darstellt.<br />
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