OM Deutsch 2010 Internet-Ausgabe.pdf
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Die Mörder verschleiern ihr<br />
Verbrechen:<br />
Der Holocaust im deutsch<br />
besetzten Lettland<br />
Die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung durch die<br />
Nazis im eroberten Lettland war zielgerichtet vorbereitet,<br />
eilig durchgeführt und von äußerster Brutalität geprägt –<br />
und wandte sich gegen einen alteingesessenen Teil der<br />
Bevölkerung Lettlands und seiner Bürger allein wegen<br />
ihrer Herkunft. Die Vernichtungsaktionen begannen<br />
gleich nach dem Vorstoß der deutschen Truppen auf<br />
lettisches Gebiet. Innerhalb eines halben Jahres fand der<br />
größte Massenmord auf lettischem Territorium statt.<br />
Im Baltikum wurde die von der deutschen Wehrmacht<br />
unterstützte Vernichtung der jüdischen Bevölkerung von der<br />
Einsatzgruppe A des SD unter Leitung von SS-Brigadeführer<br />
und Generalmajor der Polizei, Walter Stachlecker, organisiert<br />
und geleitet. Drei Kommandos der Einsatzgruppe folgten<br />
der deutschen Heeresgruppe Nord. Im November 1941<br />
übernahm der „Höhere SS- und Polizeiführer Nordrußland<br />
und Ostland,“ Friedrich Jeckeln, die Befehlsgewalt.<br />
Der Holocaust wurde von den Nationalsozialisten organisiert,<br />
doch schrieb man ihn zynisch spontanen Affekthandlungen<br />
der einheimischen Bevölkerung ohne Beteiligung <strong>Deutsch</strong>er<br />
zu und schuf damit einen Mythos. Auf Befehl wurden<br />
Einheimische gezielt bei der Verfolgung und Ermordung<br />
jüdischer Einwohner gefilmt und fotografiert. Nach Berichten<br />
des SD zerstreuten sich anfängliche Hoffnungen auf spontane<br />
Pogrome in Lettland recht bald. Zur Verbreitung des Mythos<br />
vom Holocaust in Lettland ohne deutsche Beteiligung trug<br />
nach dem Krieg die Propaganda des NKWD bei.<br />
Die Vernichtung der jüdischen Bürger Lettlands fand<br />
organisiert unter Leitung des deutschen Sicherheitsdienstes<br />
statt. Dabei wurden auf verbrecherische Weise lettische<br />
Bürger einbezogen, indem man sie zu öffentlich sichtbaren,<br />
in den vordersten Reihen stehenden Erfüllungsgehilfen der<br />
Nazis machte. Zu diesem Zweck wurden mehrere lettische<br />
Hilfspolizeieinheiten innerhalb des SD gebildet, von denen<br />
das Kommando von Viktors Arājs am längsten bestand.<br />
Zu den Massenerschießungen jüdischer Einwohner wurden<br />
SS – SD – Gestapo<br />
SS („Schutzstaffel“) – Eine Gliederung der Nationalsozialistischen<br />
<strong>Deutsch</strong>en Arbeiterpartei (NSDAP), die 1925 zum Schutz Hitlers<br />
und der höheren Parteifunktionäre geschaffen wurde und seit<br />
1929 dem Reichsführer SS, Heinrich Himmler, unterstand. Als<br />
reinste Verkörperung der NS-Weltanschauung beanspruchte<br />
sie für sich, aus ausschließlich „rassenreinen“ <strong>Deutsch</strong>en die<br />
nationalsozialistische Elite zu bilden.<br />
SD („Sicherheitsdienst“) – Nachrichtendienst der NSDAP, der<br />
gegen politische Gegner und Parteioppositionäre eingesetzt<br />
wurde. Seit 1939 arbeitete der SD im Reichssicherheitshauptamt<br />
zusammen mit der Gestapo („Geheime Staatspolizei“). SS und SD<br />
waren in den besetzten Ländern Osteuropas verantwortlich für die<br />
Vernichtung der jüdischen Bevölkerung.<br />
Gestapo („Geheime Staatspolizei“) – Die politische Polizei war ein<br />
Instrument der nationalsozialistischen Diktatur in <strong>Deutsch</strong>land und<br />
in den von deutschen Truppen besetzten Ländern. Sie wurde dort<br />
zum Inbegriff nationalsozialistischer Unterdrückungsmethoden<br />
(Folterungen, Einweisung in Konzentrationslager, Hinrichtungen<br />
ohne Gerichtsverfahren). Nach dem Krieg wurden SS, SD und<br />
Gestapo in den Nürnberger Prozessen zu verbrecherischen<br />
Organisationen erklärt.<br />
Das Konzentrationslager Salaspils<br />
(Kurtenhof)<br />
Im Jahr 1942 wurde in Salaspils bei Riga ein Konzentrationslager<br />
für politische Gefangene und straffällig gewordene Personen<br />
eingerichtet. Es lief unter der offiziellen Bezeichnung „Erweitertes<br />
Polizeigefängnis und Arbeitserziehungslager“. Zum Aufbau des<br />
Lagers wurden Juden eingesetzt, die die Vernichtungsaktionen<br />
des Rigaer Ghettos Ende 1941 überlebt hatten. Später zählten zu<br />
den Häftlingen und Opfern des Lagers überwiegend Menschen<br />
aus Lettland und anderen Ländern des von den Nazis gebildeten<br />
Reichskommissariats Ostland sowie aus Rußland: straffällig<br />
gewordene Zivilisten, Deserteure, Kommunistenunterstützer,<br />
Angehörige der nationalen Widerstandsbewegung sowie im<br />
Rahmen der sogenannten „Banden-“ bzw. Partisanenbekämpfung<br />
verschleppte Zivilisten und Kinder. Das Lager war geprägt von<br />
schwerster Zwangsarbeit und hatte später die Funktion eines<br />
Durchgangslagers. Die Gesamtzahl der Häftlinge, die in der Zeit<br />
seines Bestehens das Lager durchlaufen haben, wird auf etwa<br />
12.000 geschätzt. Etwa 2.000 Menschen sind hier vor allem durch<br />
Krankheiten, Schwerstarbeit sowie unmenschliche Behandlung<br />
und Strafen umgekommen.<br />
Die sowjetischen Machthaber stilisierten Salaspils später zu<br />
einem „Massenvernichtungs- und Todeslager“ mit Opferzahlen<br />
von mindestens 53.000 bis 100.000. Dies hatte ideologischpolitische<br />
Gründe, sollte doch mit der Dämonisierung der<br />
Nazis versucht werden, die Aufmerksamkeit von den eigenen<br />
Das Konzentrationslager Salaspils (Kurtenhof) nach seiner<br />
Niederbrennung im Herbst 1944.<br />
Verbrechen abzulenken und die Legitimität der Sowjets als<br />
Befreier hervorzuheben sowie die im westlichen Exil lebenden<br />
Letten als Nazikollaborateure zu verunglimpfen. Am Ort des<br />
Konzentrationslagers wurde im Jahr 1967 die Gedenkstätte<br />
Salaspils eröffnet, die in keinem Besuchsprogramm ausländischer<br />
Touristen in Sowjetlettland fehlen durfte.<br />
Unweit des Konzentrationslagers Salaspils waren sowjetische<br />
Kriegsgefangene unter unmenschlichen Bedingungen unter freiem<br />
Himmel eingepfercht. Hier und an anderen Orten in Lettland<br />
kamen Zehntausende in deutsche Kriegsgefangenschaft geratene<br />
Angehörige der Roten Armee um.<br />
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