OM Deutsch 2010 Internet-Ausgabe.pdf
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Mein Feind als mein Befreier:<br />
Erleichterung und rasche<br />
Ernüchterung in Lettland<br />
Der eben erst erlebte kommunistische Terror hatte<br />
dazu geführt, daß ein großer Teil der Bevölkerung<br />
Lettlands die deutschen Soldaten – die Kriegsgegner<br />
des Ersten Weltkrieges – als Befreier begrüßte. Man<br />
hoffte, die Unabhängigkeit Lettlands wiederherstellen<br />
zu können. Doch die nationalsozialistische Politik bewies<br />
das Gegenteil – ein der Unabhängigkeit Lettlands<br />
feindlich gesonnenes System war einfach durch ein<br />
anderes abgelöst worden.<br />
Die Menschen in Riga zeigten am 1. Juli ihre Begeisterung:<br />
Sie versammelten sich am Freiheitsdenkmal und gingen<br />
mit Blumen und lettischen Fahnen auf die Straßen. Die<br />
Nazipropaganda scheute sich nicht, den Haß auf das<br />
kommunistische System und die patriotischen Gefühle<br />
für ihre ideologischen Zwecke auszunutzen und gezielt<br />
zu lenken. Sie kehrte die „Befreier“-Rolle der <strong>Deutsch</strong>en<br />
heraus, obwohl die Nazis Lettland eben noch an die<br />
Sowjetunion verschachert hatten.<br />
Die Stimmung kippte recht schnell, als die reale Politik<br />
der Nazis offensichtlich wurde. Das nationalsozialistische<br />
<strong>Deutsch</strong>land schickte sich nicht an, die Staatlichkeit Lettlands<br />
wiederherzustellen oder den Letten zu erlauben, selbst<br />
eine Regierung zu bilden. Lettland wurde als besetztes<br />
<strong>Deutsch</strong>e Soldaten marschieren am 1. Juli 1941 in Riga ein.<br />
Territorium der UdSSR betrachtet und in das neugeschaffene<br />
Verwaltungsgebilde namens Ostland eingegliedert. Die<br />
Verwendung nationaler Symbole wurde verboten und<br />
Patriotismusbekundungen unterdrückt.<br />
Die später in geringem Umfang gemachten Zugeständnisse<br />
der Nazis, besonders ab dem Jahr 1943, darunter die nun<br />
erlaubte Verwendung lettischer Symbole, war durch Ideologieund<br />
Zieländerungen bestimmt und eine von der Kriegslage<br />
diktierte Notwendigkeit. Vor allem die Angst vor einer<br />
Rückkehr der Sowjetmacht als dem größeren Übel führte<br />
am Ende der deutschen Besatzungszeit zu einer Vermeidung<br />
lautstarker Unmutsbekundungen von lettischer Seite.<br />
Am Rigaer Freiheitsdenkmal während des Wechsels der Okkupationsmächte.<br />
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