OM Deutsch 2010 Internet-Ausgabe.pdf
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Legalisierte Ausplünderung:<br />
Konfiszierung,<br />
Währungsabwertung,<br />
Kollektivierung<br />
Zwei feste Bestandteile der kommunistischen Politik<br />
wurden in Lettland unverzüglich in die Wege geleitet – die<br />
Konfiszierung von Privateigentum und die Kollektivierung<br />
und Proletarisierung der Landwirtschaft. Es begann<br />
eine systematische Ausplünderung der vorhandenen<br />
Ressourcen Lettlands, um die gesamte Volkswirtschaft<br />
der zentralen Moskauer Planung zu unterwerfen.<br />
Ohne Rücksicht auf die im Vorfeld der Wahlen verkündete<br />
Unantastbarkeit des Privateigentums erklärte die Volks-<br />
Saeima bereits am 21. Juli auch „sämtliche großen Handels-,<br />
Industrie- und Transportunternehmen sowie Banken nebst<br />
ihren Werten zum Eigentum des gesamten Volkes – zum<br />
Volkseigentum.“ Damit würden die Voraussetzungen für<br />
„ein gewaltiges und rasches Anwachsen von Wohlstand und<br />
Glück des Volkes“ geschaffen. In ihrer zweiten Sitzung am<br />
22. Juli erklärte die Volks-Saeima alles Land zum „Eigentum<br />
des gesamten Volkes, das heißt zu Staatseigentum.“<br />
Den Landwirten durften bis zu 30 ha zur Selbstnutzung<br />
verbleiben.<br />
Die lettische Währung Lats wurde dem sowjetischen<br />
Rubel gleichgestellt. Sein Wert sank mit der Kaufkraft des<br />
Rubels, einer mehrmaligen Preiserhöhung sowie um das<br />
Dreifache erhöhten Löhnen. Als die Menschen anfingen,<br />
eilig Waren einzukaufen, wurden zunächst Beschränkungen<br />
der zulässigen Verkaufsmenge für die gefragtesten Waren,<br />
bald darauf Festpreise eingeführt. Für das Horten von<br />
Waren drohten Strafen. Am 25. November 1940 kam es zur<br />
Einführung des sowjetischen Rubels als Zweitzahlungsmittel.<br />
Der Lats wurde vier Monate später aus dem Umlauf<br />
genommen. Gleichzeitig wurden die Beschränkungen<br />
beim Abheben von Bankeinlagen aufgehoben: statt<br />
dessen verblieben auf jedem Sparkonto lediglich maximal<br />
1.000 Rubel.<br />
Die großen Industrieunternehmen kamen unter die<br />
direkte Verwaltung Moskaus. Die Gewerkschaften wurden<br />
zu Ausführungsorganen der Kommunistischen Partei.<br />
Trotz steigender Löhne führten Preissteigerungen zu einer<br />
sinkenden Kaufkraft.<br />
Lettisch- und russischsprachiges Dekret zur Verstaatlichung<br />
„größerer“ Wohnhäuser vom 28. Oktober 1940. Darunter<br />
fielen in Riga und anderen größeren Städten Wohnhäuser<br />
und Nebengebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 220 m².<br />
In dem Wissen, daß die lettischen Landwirte nicht bereit<br />
für eine Kollektivierung der Landwirtschaft sein würden,<br />
verschwieg die Kommunistische Partei zunächst ihre wahren<br />
Pläne. Eilig wurde aber eine Agrarreform auf den Weg<br />
gebracht. Aus dem den Bauern enteignetem Agrarland über<br />
30 ha und den Kirchen abgenommenen Ländereien wurde<br />
unter Einschluß des bisher in Staatsbesitz befindlichen<br />
Landes ein staatlicher Landfond gegründet. Dieses Land<br />
verteilte man zunächst an Kleinstwirtschaften bis zu<br />
10 ha, die sich zum überwiegenden Teil als unwirtschaftlich<br />
erwiesen. Gleichzeitig begann man, die Landwirtschaft<br />
zentral zu steuern, mittels fester vorgegebener Termine<br />
für bestimmte zu verrichtende Arbeiten und durch die<br />
Einführung von Pflichtabgabemengen im Frühjahr 1941.<br />
Zur gleichen Zeit wurden die ersten Kollektivwirtschaften<br />
(Kolchosen) und Sowjetwirtschaften (Sowchosen) gebildet.<br />
Eine weitergehende Kollektivierung der Landwirtschaft<br />
wurde im ersten Jahr der sowjetischen Besatzung durch den<br />
deutschen Überfall auf die Sowjetunion unterbrochen.<br />
Innerhalb eines Jahres hatte das Sowjetregime die<br />
kapitalistische Ordnung zerstört und Lettland vom „Joch der<br />
Ausbeuter“ befreit, wie seinerzeit die Volks-Saeima bei der<br />
Aufnahme Lettlands in die Sowjetunion erklärt hatte. Sie<br />
hatten ihr Eigentum und ihre Ersparnisse an die Sowjetunion<br />
und ihre Erfüllungsgehilfen in Lettland verloren.<br />
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