Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
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isher anscheinend nicht erkannter Weise, einen internen Atheismus nicht nur nicht<br />
zu liquidieren, sondern in dem dogmatischen Topos der Nichtdefinierbarkeit sogar<br />
dauerhaft zu konservieren. Bezeichnen<strong>des</strong> Licht fällt dabei auf die Dogmatik, die ihre<br />
eigenen atheistischen Bestandteile nicht einmal erkennt. Dieser historisch aufschlußreiche<br />
Umstand zeigt sehr nachdrücklich, welcher Desorientierung <strong>und</strong> welchen<br />
degenerativen Entwicklungen sich die Theologie aussetzt, wenn sie nicht die<br />
Entschlossenheit aufbringt, ihre Äußerungen vorbehaltlos der Logik zu unterwerfen.<br />
Die durch die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung erfolgte Extensionsbeschneidung <strong>des</strong><br />
Prädikats <strong>„Gott“</strong> heißt semantisch, von Chimären sprechen, <strong>und</strong> religionsphilosophisch,<br />
das atheistische Votum fällen. Da aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong>sen nicht einmal gesagt werden<br />
kann, daß Gott existiert, kann auch nicht geglaubt werden, daß Gott existiert. Denn<br />
um etwas glauben zu können, muß vorher etwas gesagt worden sein. Dieser Zusammenhang<br />
lehrt nebenbei, daß klare Aussagen <strong>und</strong> ihre beweisbaren Folgerungen eine<br />
Voraussetzung für Glauben sind, während „Unsagbares“ von vornherein unglaubwürdig<br />
ist, weil es nicht wahrheitsfähig ist.<br />
8.4. Um Mißverständnisse soweit wie möglich auszuschalten, ist es wahrscheinlich<br />
nötig, noch einmal extra herauszustellen, daß es hier nicht Gegenstand, ja nicht<br />
einmal von Interesse ist, jemandem Atheismus vorzuwerfen, sondern zu zeigen, daß<br />
die Nichtdefinierbarkeitsbehauptung vi formae die atheistische Annahme beinhaltet.<br />
Das darf aber nicht damit verwechselt werden, daß aus dem bloßen Prädikat <strong>„Gott“</strong><br />
etwas bezüglich der Existenz Gottes oder der Anzahl existierender Götter hergeleitet<br />
werden könnte. Die atheistische Konsequenz besteht aufgr<strong>und</strong> der Formgleichheit<br />
<strong>des</strong> angeblich extensionslosen Prädikats mit G, wenn ihm die Nullextension zugeordnet<br />
wird, <strong>und</strong> nicht etwa aufgr<strong>und</strong> einer Existenzbedeutung, die das Prädikat<br />
selbst hätte.<br />
Es mag sein, daß dies alles von den Vertretern der Nichtdefinierbarkeitstheologie<br />
nicht gesehen worden ist, so daß jetzt etwas anderes herauskommt, als ursprünglich<br />
vielleicht beabsichtigt gewesen war. Aber Konsequenzen bestehen unabhängig davon,<br />
was vielleicht beabsichtigt gewesen war, wie auch die Verantwortung für die<br />
Konsequenzen bei denen liegt, die behaupten, woraus die Konsequenzen folgen.<br />
Will man die Konsequenzen vermeiden, dann darf man dasjenige nicht behaupten,<br />
was zu den Konsequenzen führt.<br />
39<br />
9. Logische Syntax <strong>des</strong> <strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong><br />
9.1. Bei dem Ausdruck <strong>„Gott“</strong> handelt es sich um ein einstelliges Prädikat. 100 Wie<br />
viele Elemente seine Extension enthält, kann an dem Prädikat nicht abgelesen werden<br />
– wie an Prädikaten generell nicht –, sondern ist eine außerlogische Frage, für<br />
deren Beantwortung je nach der polytheistischen, monotheistischen <strong>und</strong> atheisti-<br />
100 <strong>Zimmer</strong>, „Deus“, 79-87, 91.