Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
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Zwar heißt „definire“ auf Deutsch u.a. „abgrenzen“, aber einen Eindruck vom Funktionieren<br />
der <strong>Definition</strong> gewinnt man nicht dadurch, daß man das Wort „<strong>Definition</strong>“<br />
einfach übersetzt. Das wäre das gleiche Vorgehen, wie wenn man sich ein Verständnis<br />
der Mathematik durch bloßes Übersetzen <strong>des</strong> Wortes „Mathematik“ zu verschaffen<br />
hoffte.<br />
Eine <strong>Definition</strong> kann nur den Bedeutungsbereich sprachlicher Ausdrücke abgrenzen,<br />
d.h. bestimmte, zweckmäßig erscheinende Ausdrücke, die Elemente dieses Bereichs<br />
sind, auszeichnen, sie kann jedoch keine außersprachlichen Objekte „begrenzen“,<br />
„feststellen“ oder „zu umgrenzten Gegenständen machen“. Und eine <strong>Definition</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Ausdrucks</strong> <strong>„Gott“</strong> könnte schon von vornherein gar nicht Gott begrenzen, sondern<br />
nur die opake Menge der vagen Bedeutungen <strong>des</strong> Wortes <strong>„Gott“</strong>.<br />
So ist die in den Zitaten beschworene Gefahr eine sowohl gänzlich unberechtigte wie<br />
völlig fehlgeleitete Befürchtung; abgesehen davon, daß es auch theologisch außerordentlich<br />
befremdet, wenn eine rein sprachliche Operation wie die <strong>Definition</strong> in der<br />
Weise ins Abträgliche gebracht werden soll, daß ihr unterschoben wird, an Gott<br />
selbst beeinträchtigende Handlungen vollziehen zu können.<br />
Eine noch schwerwiegendere Fehlorientierung ist demgegenüber die, daß nicht nur<br />
die <strong>Definition</strong> als spezielle Form sprachlichen Operierens für theologisch „inadäquat“<br />
hingestellt, sondern die Sprache generell, was Gott anbelangt, als leistungsuntauglich<br />
abgewertet wird. Zwei entsprechende Äußerungen lauten z.B.:<br />
„Das Reden über Gott scheint die Möglichkeiten der Sprache zu überfordern.“ 11<br />
„Man mag sich das zunächst daran verdeutlichen, daß die Sprachstruktur nicht den<br />
Anforderungen entspricht, die vom Gottesgedanken her für Aussagen über Gott erhoben<br />
werden.“ 12<br />
Daß ausgerechnet vom Gottesgedanken her, der doch gemäß „deus definiri nequit“<br />
die dafür notwendige definitorische Klarheit quasi programmatisch vermissen läßt,<br />
über die Möglichkeiten der Sprache <strong>und</strong> über Anforderungen an Aussagen über Gott<br />
geurteilt wird, ist eine ganz absurde Vorstellung. Man kann nicht die Sprachmöglichkeiten<br />
vom Gottesgedanken her für beschränkt erklären, wenn man denselben Gedanken<br />
sprachlich in eine intersubjektiv-mitteilbare, eindeutige, überzeugende <strong>und</strong><br />
glaubwürdige Gestalt bringen will.<br />
Der Gottesgedanke, wie jeder beliebige andere Gedanke, existiert nur sprachlich ausgedrückt.<br />
Indem er aber sprachlich ausgedrückt ist, unterliegt er seinerseits den Anforderungen<br />
der Sprachstruktur. Nur dadurch erhält er erst kommunikativen Wert,<br />
wird diskutabel <strong>und</strong> präzisierbar.<br />
5<br />
11 Ebeling, Gerhard: Dogmatik <strong>des</strong> christlichen Glaubens. I: Prolegomena. Erster Teil: Der Glaube an Gott den Schöpfer<br />
der Welt. 1979, 160.<br />
12 Ebd.