Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
Definierbarkeit und Definition des Ausdrucks „Gott“ - Christoph Zimmer
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Zusammenfassungen haben, weil sie abstrakt sind, gr<strong>und</strong>sätzlich sprachlichen Charakter,<br />
d.h. sie existieren nur als sprachliche Operationen. Das Operieren mit Klassen<br />
ist eine Form <strong>des</strong> Ökonomieprinzips der Sprache, insofern als das Handhaben von<br />
Klassen eine sprachlich abkürzende Funktion hat, die darin besteht, daß man von allen<br />
Elementen einer Klasse etwas Gemeinsames sagen kann, ohne je<strong>des</strong> Element einzeln<br />
aufzählen zu müssen.<br />
Daß die Zuordnung einer Extension zu einem Prädikat eine sprachlich-abstrakte<br />
Operation darstellt, kann insbesondere nicht heißen, daß es sich um eine Aussage<br />
über die empirische Existenz der Extensionselemente handeln würde. Ob es Objekte<br />
gibt, <strong>und</strong> wie viele es sind, auf die ein Prädikat zutrifft, sind empirische Fragen, die<br />
mit der sprachlichen Konstruktion von Klassen nicht verwechselt werden dürfen.<br />
Hat man z.B. ein einzelnes Prädikat, so sagt dieses nichts darüber aus, ob es Objekte<br />
gibt, auf die es zutrifft, bzw. auf wie viele es zutrifft. Um das herauszubekommen,<br />
braucht man die Objekte, das Prädikat allein genügt nicht.<br />
Deshalb ist auch die Vorstellung zurückzuweisen, daß ein Prädikat automatisch auf<br />
Mehreres (de pluribus) zutreffen würde 104 . Ein Prädikat kann auf Mehreres zutreffen,<br />
muß es aber nicht. Es kann genausogut auf nichts zutreffen oder auf nur ein Element.<br />
Worauf es aber zutrifft, kann nicht am Prädikat abgelesen werden, sondern verlangt<br />
die Berücksichtigung der Objekte, über die mit Hilfe <strong>des</strong> Prädikats gesprochen werden<br />
soll.<br />
Der Irrtum, daß Prädikate angeblich stets auf Mehreres zutreffen würden, war auch<br />
der Gr<strong>und</strong> dafür, daß einige glaubten, der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> als Prädikat bedeute Polytheismus<br />
105 . Da jedoch ein Prädikat allein keine Existenzaussage ist, kann leicht<br />
eingesehen werden, daß dies falsch sein muß.<br />
9.3. Die gelegentlich begegnende Ansicht, der Ausdruck <strong>„Gott“</strong> sei ein Synkategorema,<br />
die durchweg auf Unklarheit über die mit Priscian beginnende grammatische<br />
<strong>und</strong> in der Scholastik eindeutig logische Terminologie beruht, muß als Absurdität<br />
bewertet werden, 106 weswegen sie hier nicht noch einmal berührt zu werden<br />
braucht, zumal eine teilweise ähnlich irrige Meinung, die von Ebeling (siehe 6.2.),<br />
schon erwähnt worden ist. Demgegenüber stellt die Behauptung, daß <strong>„Gott“</strong> als Interjektion<br />
107 zu bestimmen wäre, einen pseudo-grammatischen Mißgriff dar. Vollständig<br />
irrational <strong>und</strong> ohne jeden theoretischen Erklärungswert ist schließlich die in<br />
41<br />
104 Vgl. Aristoteles, Top. A 5, 102 a 31f; Thomas von Aquin, SCG lb 1 cp 25 n. 4; Brody, Boruch A.: Logical Terms,<br />
Glossary of. EncPh 5, 65b.<br />
105 Vgl. Sauter, Gerhard u. Axel Stock: Arbeitsweisen systematischer Theologie. Eine Anleitung. München, Mainz<br />
1976 (studium theologie; 2), 132; Kamlah, Wilhelm u. Paul Lorenzen: Logische Propädeutik oder Vorschule <strong>des</strong><br />
vernünftigen Redens. Rev. Ausg. Mannheim, Wien, Zürich 1974 (B.I. Hochschultaschenbücher; 227/227a), 173;<br />
Wessel, Horst: Logik <strong>und</strong> Philosophie. Berlin 1976 (Weltanschauung heute; 9), 127; vgl. dazu <strong>Zimmer</strong>, aaO, 84-<br />
87.<br />
106 Vgl. <strong>Zimmer</strong>, aaO, 52-79.<br />
107 Ebeling, Gerhard: Existenz zwischen Gott <strong>und</strong> Gott. Ein Beitrag zur Frage nach der Existenz Gottes. In: Wort <strong>und</strong><br />
Glaube, II, 286.