Schutzlos hinter Gittern Abschiebungshaft in Deutschland - Pro Asyl
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n 4. Polizeigewahrsam Bremen (Bremen)<br />
(besucht am 8. 8. 2012)<br />
Kurzdarstellung: Bei dem Bremer <strong>Abschiebungshaft</strong>gewahrsam<br />
handelt es sich um e<strong>in</strong>en Polizeigewahrsam, der<br />
zentral <strong>in</strong> Bremen gelegen ist. Dort wird nicht nur die <strong>Abschiebungshaft</strong><br />
vollzogen, sondern auch vorläufige Festnahmen<br />
der Polizei. Die verschiedenen Haftarten s<strong>in</strong>d auf unterschiedlichen<br />
Etagen untergebracht. Insgesamt gibt es 24<br />
Plätze, 18 Plätze für Männer und sechs für Frauen. Während<br />
unseres Besuchs befanden sich ke<strong>in</strong>e Personen <strong>in</strong> <strong>Abschiebungshaft</strong>.<br />
Unterbr<strong>in</strong>gung: E<strong>in</strong>zelzellen, ausgestattet mit Bett, Stuhl,<br />
Tisch. Es gibt e<strong>in</strong> Fenster aus Glasbauste<strong>in</strong>en. Die Belüftung<br />
der Zelle ist sehr schlecht. Toilette, Waschmöglichkeiten und<br />
Duschen s<strong>in</strong>d auf dem Gang und zu den Zeiten offener Zellentüren<br />
frei zugänglich. Die Bewachung erfolgt durch Polizeibeamte.<br />
Im <strong>Abschiebungshaft</strong>bereich s<strong>in</strong>d verschiedene<br />
Kameras angebracht, die alle relevanten Bereiche abdecken.<br />
Die Bilder gehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Büro im Erdgeschoss. Dort kontrollieren<br />
Polizisten die Monitore. Die persönliche Präsenz von<br />
Polizei auf der Station ist sehr begrenzt. Bei Schichtwechsel<br />
f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e sog. „Lebendkontrolle“ statt. Die Räumlichkeiten<br />
s<strong>in</strong>d sehr bunt gestaltet, <strong>in</strong>sbesondere fallen die vielfältigen<br />
Bastelarbeiten auf, die an den Wänden hängen. Die Inhaftierten<br />
tragen ihre persönliche Kleidung, die auch im Gewahrsam<br />
gewaschen werden kann.<br />
Trennungsgebot: Die <strong>Abschiebungshaft</strong>bereiche für Männer<br />
und Frauen s<strong>in</strong>d von den anderen Gewahrsamsbereichen<br />
strikt getrennt.<br />
Bewegungsfreiheit <strong>in</strong>nerhalb des Gewahrsams: Um 10:00<br />
Uhr werden die Zellen aufgeschlossen. Dann haben die Inhaftierten<br />
freien Zugang zu den Duschen, Aufenthaltsraum<br />
und Sportraum. Ab 14:00 Uhr ist Hofgang, d.h. es besteht die<br />
Möglichkeit, über e<strong>in</strong>e Treppe <strong>in</strong> den Hof zu gelangen. Dort<br />
kann Fußball und Basketball gespielt werden. Um 01:00 Uhr<br />
ist E<strong>in</strong>schluss <strong>in</strong> die Zellen.<br />
Freizeitmöglichkeiten/Entgeltliche Arbeitsmöglichkeiten:<br />
Die Frauen- und Männerplätze bef<strong>in</strong>den sich auf der gleichen<br />
Etage, s<strong>in</strong>d aber durch e<strong>in</strong> Gittertor, das mit Vorhängen<br />
abgehängt ist, getrennt. Sowohl der Frauen als auch der<br />
Männerbereich haben e<strong>in</strong>en Aufenthaltsraum. Dieser ist ausgestattet<br />
mit e<strong>in</strong>em Fernseher, Video- bzw. DVD-Player; weiterh<strong>in</strong><br />
Kühlschrank, Wasserkocher, Toaster und Mikrowelle. Es<br />
gibt aus Sicherheitsgründen ke<strong>in</strong>en Herd oder Kochplatten.<br />
Die Angebote der Sozialarbeiter<strong>in</strong> umfassen: Basteln und Malen.<br />
Außerdem gibt es die Möglichkeit, draußen Tischtennis,<br />
Fußball und weitere Spiele zu spielen. Es gibt e<strong>in</strong>en Sportraum<br />
mit Fahrrad, Stepper, Situp Bank und Dartscheibe. Es<br />
gibt ke<strong>in</strong>e entgeltlichen Arbeitsmöglichkeiten.<br />
Kontaktmöglichkeiten nach außen: Besuche s<strong>in</strong>d jeden<br />
Tag zwischen 14:00 und 18:30 Uhr, auch am Wochenende,<br />
nach vorheriger Anmeldung möglich. Die Handynutzung ist<br />
une<strong>in</strong>geschränkt möglich, auch mit Fotos und Internetzugang.<br />
Außerdem gibt es e<strong>in</strong>en öffentlichen Telefonapparat<br />
auf den Fluren von der Telekom, der aber so gut wie nicht benutzt<br />
wird, da die meisten Handys haben.<br />
Essen: Das Essen wird von der JVA Bremen geliefert und<br />
durch e<strong>in</strong>en Taxidienst angefahren. Es wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er separaten<br />
Küche portioniert. Abendessen und Frühstück werden<br />
ebenfalls mittags ausgegeben. Im Aufenthaltsraum gibt es<br />
e<strong>in</strong>e Mikrowelle, mit der Essen warm gemacht werden kann.<br />
Schwe<strong>in</strong>efleisch gibt es nie, vegetarisches Essen kann bestellt<br />
werden.<br />
Es gibt zwar auf der Etage e<strong>in</strong>e Küche mit Kochmöglichkeiten.<br />
Allerd<strong>in</strong>gs liegt die außerhalb des Gefangenenbereichs.<br />
Auf unsere Anregung h<strong>in</strong> soll nun überlegt werden, ob elektrische<br />
Herdplatten für die Gefangenen angeschafft werden.<br />
Von Induktionsplatten würde ke<strong>in</strong>e Brandgefahr ausgehen.<br />
Mediz<strong>in</strong>ische Versorgung: E<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische E<strong>in</strong>gangsuntersuchung<br />
f<strong>in</strong>det nicht statt. Wenn die Beamten oder die<br />
Sozialarbeiter<strong>in</strong> der Ansicht s<strong>in</strong>d, es bestünde Behandlungsbedarf,<br />
wird der Polizeiarzt gerufen. Dieser überweise dann<br />
den Betroffenen, bei Bedarf, an e<strong>in</strong>en Facharzt. Bei Bedarf<br />
werden die Inhaftierten zum Zahnarzt ausgeführt. Bei akuten<br />
Schmerzzuständen wird der Rettungsdienst oder der ärztliche<br />
Beweissicherungsdienst gerufen. E<strong>in</strong>e regelmäßige psychologische<br />
Betreuung/Begutachtung f<strong>in</strong>det nicht statt. Haben<br />
die Bediensteten den E<strong>in</strong>druck, dass es dem Inhaftierten<br />
schlecht geht, kann der Krisen<strong>in</strong>terventionsdienst gerufen<br />
werden. E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>weisung <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Krankenhaus/e<strong>in</strong>e Psychiatrie<br />
ist möglich.<br />
In der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage<br />
der L<strong>in</strong>ken wird ausgeführt: „Durch das Aufnahmeverfahren im<br />
Abschiebungsgewahrsam ist sichergestellt, dass schutzbedürftige<br />
Personen ggf. erkannt und durch den Polizeiarzt untersucht<br />
werden. Erforderlichenfalls werden den Abschiebungshäftl<strong>in</strong>gen<br />
von e<strong>in</strong>er Sozialarbeiter<strong>in</strong> des Sozialen Dienstes Betreuungsund<br />
Hilfsmaßnahmen erbracht.“ 73 Es stellt sich die Frage, wie<br />
schutzbedürftige Personen erkannt werden sollen, wenn<br />
nicht e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e mediz<strong>in</strong>ische E<strong>in</strong>gangsuntersuchung geschweige<br />
denn e<strong>in</strong> Gespräch mit psychologischem Fachpersonal<br />
stattf<strong>in</strong>det.<br />
Soziale Betreuung/unabhängige Beratung: Das E<strong>in</strong>gangsgespräch<br />
wird <strong>in</strong> der Regel durch die Sozialarbeiter<strong>in</strong> geführt,<br />
am Wochenende durch die diensthabenden Polizeibeamten.<br />
Dolmetscher werden nach Bedarf e<strong>in</strong>gesetzt. Die Aufgabenstellung<br />
der Sozialarbeiter<strong>in</strong> umfasst: Betreuung, E<strong>in</strong>kaufen<br />
für die Inhaftierten, Habesicherung und Organisation, dass<br />
73. Große Anfrage DIE LINKE, a.a.O., S. 22.