Vorbemerkungen zum Heft 9
Vorbemerkungen zum Heft 9
Vorbemerkungen zum Heft 9
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Stimmungen beeinflusst), damit therapeutische Bemühungen von<br />
außen überhaupt eine Chance haben.<br />
3 Konsequenzen bei der Aufrechterhaltung des Schweigens<br />
• Massive Schulprobleme, nicht nur wegen der mündlichen Benotung<br />
• Links-liegen-Lassen oder „gut gemeintes“ Mitziehen und damit erhöhte<br />
Wahrscheinlichkeit eines subjektiven Krankheitsgewinns, der sich durch<br />
Befreiung von Pflichten, Sonderstellung, erhöhte Aufmerksamkeit und den<br />
Lerneffekt: „Es geht auch ohne Sprechen“ auszeichnet<br />
• Druckverhalten von Lehrern, Erziehern, da das Schweigen als bloßes<br />
Trotzverhalten oder Kaschierung einer Minderbegabung fehlinterpretiert wird<br />
• allgemeine, bedrückende Ratlosigkeit<br />
• Klassenwiederholungen<br />
• Rückstufungen vom Gymnasium auf die Realschule usw.<br />
• Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs<br />
• stark eingeschränkte berufliche Perspektiven<br />
Innerhalb der Kindergartengruppe oder des Klassenverbandes führt das<br />
Schweigen eines Mitgliedes der Gruppe zu einer spezifischen und teilweise<br />
konträren Beziehungsdynamik:<br />
• Selektive Akzeptanz: Der/die Schweigende wird von einem kleinen Teil der<br />
Gruppe angenommen. Ein „beste/-r Freund/-in übernimmt die Rolle des<br />
kommunikativen Mediums, analog zur Mutter im familiären Rahmen. Das<br />
bedeutet, dass phonisch transportiert wird, was von der mutistischen Person<br />
zugeflüstert wird.<br />
• Rollenkonfusion durch Überakzeptanz: Mitglieder der Gruppe bezeugen<br />
übereifrig ihre Loyalität und Anteilnahme, indem sie für das mutistische Kind<br />
antworten, ohne dass dieser dazu ein Zeichen gegeben hat. Eine eigene<br />
Meinungsbildung nach außen wird verhindert. Die Folge ist ein Identitätskonflikt,<br />
der aufgrund der Nichtmitteilbarkeit und stressvermeidenden Angepasstheit<br />
nicht aufgelöst werden kann.<br />
• Ausblendung: Nach anfänglicher Empathie schwächen sich durch ungebrochene<br />
Konstanz das Interesse und die Anteilnahme. Es kommt zu einer<br />
Nichtbeachtung. Eine weitere Folge: Betroffene werden zu Fremdkörpern in<br />
der vertrauten Umgebung.<br />
• Ablehnung und Mobbing<br />
Die ersten beiden Verhaltensmuster ermöglichen eine Integration der<br />
Schweigenden. Bei Ausblendung bzw. Ablehnung und Mobbing ist eine soziale<br />
Isolation programmiert. Die psychosoziale Entwicklung der Betroffenen gerät ins<br />
Stocken, stagniert und verliert in der Pubertät schließlich, um Jahre zurückversetzt,<br />
den Anschluss. In der Regel haben sie keine Freunde, werden nicht mehr<br />
zu Partys eingeladen, gehen nicht <strong>zum</strong> Tanzen, halten sich nur noch zu Hause auf<br />
und ziehen sich irgendwann depressiv vom Alltagsleben der Familie zurück.<br />
FORUM TERMINE<br />
BÖRSE<br />
Regierung von Mittelfranken – Förderschulbereich – <strong>Heft</strong> 9/Sept. 2011 5