Vorbemerkungen zum Heft 9
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5 Systemische Grundlegung<br />
Bei (s)elektivem Mutismus geht man nicht von linearen Verursachungsmustern<br />
aus, sondern von zirkulären Wechselbeziehungen.<br />
Die sechs wichtigsten Phänomene:<br />
1. Ursache für Mutismus sind in der Regel keine seelische Traumata, sondern<br />
Dispositionen für einen kommunikativen und/oder sozialen Rückzug sowie<br />
für Depressionen bzw. Angststörungen<br />
2. Dispositionell bedingte Angststörung als Hauptursache für Mutismus, kann<br />
durch sprachheiltherapeutische und verhaltenstherapeutische Strategien<br />
sukzessive reduziert werden<br />
3. Sprechanbahnung und Angstbewältigung unterliegen einer wechselseitigen<br />
Beeinflussung und damit Zirkularität – trotz Disposition.<br />
4. Mutistische Jugendliche und Jungerwachsene leiden auffallend oft unter<br />
Depressionen und/oder Sozialphobie<br />
5. Bei Aufrechterhaltung des Mutismus spielen familiäre und institutionell<br />
bedingte Erziehungsmerkmale (Kindergarten, Schule) die Hauptrolle für<br />
subjektiven Krankheitsgewinn<br />
6. Die Schweigenden, die außerhalb der Familie den Eindruck eines<br />
außerordentlich gehemmten, ängstlichen Wesens hinterlassen, verhalten<br />
sich zu Hause ungehemmt, narzistisch und vor allem: dominant. Die erlernte<br />
Zentrierung der Familie um die Bedürfnisse des mutistischen Kindes<br />
scheint eine zwangsläufige Konsequenz und Hauptvariante des subjektiven<br />
Krankheitsgewinns.<br />
5.2 Direktives versus nondirektives Vorgehen<br />
Die Systemische Mutismus-Therapie (SYMUT) ist direktiv ausgerichtet, was sie<br />
von der nondirektiven Spieltherapie unterscheidet. So soll die Chance auf eine<br />
Fortsetzung des Verhaltens unterbrochen werden. Da nicht von der Verursachung<br />
durch ein seelisches Trauma ausgegangen wird, geht der Blick nicht zurück,<br />
sondern die Ist-Situation ist Ausgangspunkt zukunftsorientierter Verhaltensmodifikation.<br />
Bei Abwehr zeigt sich dieser Therapieansatz anfangs auch konfrontativ:<br />
„Du bist hier, weil du ein Problem hast.“ Aber reicht auch sofort die Hand:<br />
„Wenn du mit ganzer Kraft raus willst, werden wir das gemeinsam schaffen.“<br />
Wichtige Stützen der SYMUT sind Suggestion und Autosuggestion bzw. die<br />
Vermittlung von Zuversicht und Ich-Stärkung. Die Weichen hierfür werden in der<br />
ersten Behandlungsstunde gestellt. Darüber hinaus stellt ein Störungsbewusstsein,<br />
das zu einem Leidensdruck führt, die Voraussetzung für eine<br />
Therapiemotivation dar.<br />
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BÖRSE<br />
Regierung von Mittelfranken – Förderschulbereich – <strong>Heft</strong> 9/Sept. 2011 7