Dokumentationsprofil für das Historische Archiv ... - Archive in NRW
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Überlieferungsbildung des Bürgerarchivs und die<br />
Entwicklungen <strong>in</strong> der Geschichtswissenschaft<br />
E<strong>in</strong> Teil der archivischen Bewertungsdiskussion war und ist von dem Versuch<br />
geprägt, die Überlieferungsbildung den jeweiligen aktuellen Entwicklungen der<br />
Geschichtswissenschaft anzupassen. Grundlegend da<strong>für</strong> war die Erfahrung des<br />
Paradigmenwechsels <strong>in</strong> der deutschen Historiographie <strong>in</strong>sbesondere der 1960er und<br />
1970er Jahre, als e<strong>in</strong>e auf Politik- und Ereignisgeschichte sowie auf die Biographie<br />
bedeutender Persönlichkeiten orientierte Geschichtsschreibung abgelöst wurde von<br />
sozial- und wirtschaftsgeschichtlich orientierten Ansätzen. <strong>Archiv</strong>e mussten damals<br />
feststellen, <strong>das</strong>s die nunmehr <strong>in</strong>teressierenden Quellen nicht selten <strong>in</strong> der<br />
Vergangenheit als kassabel e<strong>in</strong>gestuft worden waren, weil man ihren Quellenwert<br />
nicht erkannt hatte.<br />
Dieser Erkenntnis folgte der Versuch, Unterlagen zu berücksichtigen, die<br />
quantifizierende sozial- und wirtschaftshistorische Forschungen ermöglichten. Es<br />
entstand schließlich <strong>das</strong> Schlagwort der „Auswertungsoffenheit“ 8 , die Ziel der<br />
archivischen Bewertung sei: Diese habe demnach da<strong>für</strong> Sorge zu tragen, <strong>das</strong>s alle<br />
Fragestellungen der Geschichtswissenschaft mit e<strong>in</strong>er Quellenbasis versorgt werden<br />
könnten.<br />
Seit allerd<strong>in</strong>gs die Dom<strong>in</strong>anz der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte <strong>in</strong> den späten<br />
1980er Jahren gebrochen wurde und immer neue geschichtswissenschaftliche<br />
Ansätze <strong>in</strong> immer kürzeren Abständen entstehen und erprobt werden 9 , ist<br />
offensichtlich, <strong>das</strong>s e<strong>in</strong> solcher Anspruch weder erreichbar noch s<strong>in</strong>nvoll ist. Schon<br />
die seit den 1970er Jahren betriebene Bewertung <strong>für</strong> die quantifizierende Forschung<br />
8 Der Begriff wird <strong>in</strong> der archivischen Diskussion <strong>in</strong> zwei Varianten verwendet: Zum e<strong>in</strong>en zur<br />
Begründung des Provenienzpr<strong>in</strong>zips bei der Beständebildung (weil jede Pert<strong>in</strong>enz nur e<strong>in</strong>e bestimmte<br />
Auswertung unterstützt), und zum anderen im Bewertungszusammenhang im oben beschriebenen<br />
S<strong>in</strong>ne.<br />
9 So wäre „e<strong>in</strong> herkömmliches Verständnis von Repräsentativität […] <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e kulturhistorisch<br />
angelegte Untersuchung nicht adäquat“, so Thomas Buchner: Rezension von: Patrick Schmidt:<br />
Wandelbare Traditionen - Tradierter Wandel. Zünftische Er<strong>in</strong>nerungskulturen <strong>in</strong> der Frühen Neuzeit.<br />
Köln / Weimar / Wien: Böhlau 2009. In: sehepunkte 10 (2010), Nr. 10 [15.10.2010], URL:<br />
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