Dokumentationsprofil für das Historische Archiv ... - Archive in NRW
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Jedoch ist der Auftrag des <strong>Historische</strong>n <strong>Archiv</strong>s e<strong>in</strong> anderer, der deutlich<br />
umfassender als die Quellenbereitstellung <strong>für</strong> bestimmte Forschungen oder gar<br />
Forschungsprojekte zu sehen ist 11 : Als Bürgerarchiv hat <strong>das</strong> <strong>Historische</strong> <strong>Archiv</strong> die<br />
Interessen aller Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger zu berücksichtigen. Das bedeutet e<strong>in</strong>erseits,<br />
<strong>das</strong>s Überlieferungsbildung nicht alle<strong>in</strong> im H<strong>in</strong>blick auf bestimmte Fragestellungen<br />
erfolgt. Diese werden vielmehr gleichberechtigt mit nicht-wissenschaftlichen<br />
Benutzungsanliegen sowohl der Familien- und Ortsgeschichte, als auch der<br />
Rechtssicherung und weiterer Anliegen betrachtet. Andererseits bedeutet dies nicht,<br />
<strong>das</strong>s jede greifbare Quelle zu jedem E<strong>in</strong>wohner von Köln archiviert wird, um e<strong>in</strong><br />
eventuelles Interesse befriedigen zu können. Die Überlieferungsbildung e<strong>in</strong>es<br />
Bürgerarchivs ist vielmehr auch dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz verpflichtet, der<br />
e<strong>in</strong>e schrankenlose <strong>Archiv</strong>ierung <strong>für</strong> beliebige Zwecke genauso verbietet wie der<br />
Datenschutzaspekt dem entgegensteht. Das Bürgerarchiv handelt daher im Interesse<br />
der Bürger<strong>in</strong>nen und Bürger, wenn eben nicht alles dauerhaft aufbewahrt wird,<br />
sondern nur solche Träger der Überlieferung, deren Aggregationsgrad und<br />
Informationswert dies rechtfertigen.<br />
Dem Bürgerarchiv <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktion als Dienstleister <strong>für</strong> die Stadtgesellschaft geht<br />
es also um die langfristige Sicherung von Unterlagen, die <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />
<strong>in</strong>sgesamt und nicht nur <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e bestimmte Gruppe von dauerhafter Bedeutung s<strong>in</strong>d<br />
– dies folgt schon aus dem <strong>Archiv</strong>gesetz, <strong>das</strong> bei der Bewertung auf den „bleibenden<br />
Wert“ <strong>für</strong> „Wissenschaft und Forschung, historisch-politische Bildung, Gesetzgebung,<br />
Rechtsprechung, Institutionen oder Dritte“ rekurriert (§ 2, Abs. 6). E<strong>in</strong>e Verengung<br />
der Bewertung auf die Bedürfnisse e<strong>in</strong>er bestimmten Fragestellung oder Methode<br />
wäre daher nicht zulässig. Neben Wissenschaftlern s<strong>in</strong>d daher auch alle anderen<br />
Benutzergruppen gleichrangig im Blick zu behalten, die e<strong>in</strong> Informationsbedürfnis<br />
aus historischen Quellen stillen möchten. Darüber h<strong>in</strong>aus s<strong>in</strong>d ereignisgeschichtliche,<br />
verfassungsgeschichtliche oder biographische Fakten sowie die Dokumentation des<br />
Kontextes aller Quellen der unverzichtbare H<strong>in</strong>tergrund <strong>für</strong> jegliche historische<br />
Forschung, gleich welchem „turn“ sie sich verschrieben hat. Selbst wenn die<br />
11 Vgl. W<strong>in</strong>fried Becker: Die postmoderne Geschichtstheorie und die Dokumente. In: <strong>Archiv</strong>e und<br />
Forschung. Referate des 73. Deutschen <strong>Archiv</strong>tags 2002 <strong>in</strong> Trier. Siegburg 2003, S. 31-53, hier S. 50-<br />
51. Siehe auch: Die <strong>Archiv</strong>e und die historische Forschung. E<strong>in</strong>e Podiumsdiskussion zwischen<br />
<strong>Archiv</strong>aren und Historikern. In: <strong>Archiv</strong>ar 64 (2011), S. 370-385, besonders S. 377-378.<br />
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