Dokumentationsprofil für das Historische Archiv ... - Archive in NRW

Die Klammer zwischen beiden Ebenen bildet eine Zieldefinition für den gesamten
Prozess der Überlieferungsbildung, die in einem Dokumentationsprofil niedergelegt
wird. Dass dabei das Archiv bzw. amtliches und nicht-amtliches Schriftgut
ganzheitlich betrachtet werden, ist ein wesentlicher methodischer Vorteil des
Dokumentationsprofils. Ausgehend von der Festlegung grundsätzlicher Ziele werden
hier für die verschiedenen Bereiche der Überlieferungsbildung die Angaben zu den
Grundsätzen der Überlieferungsbildung immer weiter verfeinert, bis die Aktenebene
bzw. die Ebene eines Nachlasses oder einer Sammlung erreicht wird. Durch eine
hierarchische Struktur wird dabei sichergestellt, dass jedes Ziel auf einer unteren
Ebene zu den Gesamtzielen passt. Gleichzeitig kann durch die gemeinsame
Betrachtung von amtlichem und nicht-amtlichem Schriftgut für die verschiedenen
Überlieferungsbereiche genau angegeben werden, welche Lücken bei der amtlichen
Überlieferung 6 entstehen, so dass die ergänzenden Sammlungen hinzutreten
müssen. Umgekehrt ist es möglich, auf große Aktenmengen zu verzichten, wenn
erkannt wird, dass das gleiche Überlieferungsziel z.B. durch eine wesentlich
konzentriertere bibliothekarische oder dokumentarische Überlieferung in der
Dienstbibliothek des Archivs zu erreichen ist, die auf diese Weise die Funktion einer
weiteren Säule der Überlieferungsbildung erhält und deshalb in ihrer Tätigkeit auf
Dauer angelegt sein muss. Hinzu tritt die Notwendigkeit, die Dienstbibliothek vor Ort,
im Archiv, verfügbar zu haben, denn die enge Verzahnung von Archiv- und
Bibliotheksbeständen im Sinne einer Gesamtüberlieferung erfordert die Möglichkeit,
auf beide Formen der Überlieferung gleichzeitig zugreifen zu können.
Ein Dokumentationsprofil ist abhängig von der Perspektive dessen, der es formuliert.
Es fällt aus Sicht eines staatlichen Archivs zwangsläufig anders aus als aus der eines
kommunalen. Auch innerhalb der kommunalen Welt wird es keine zwei Archive
geben, die nach genau den gleichen Grundsätzen bewerten. Die Absicht, die lokale
Lebenswirklichkeit mit ihren Besonderheiten zu dokumentieren, erfordert ein lokales
Dokumentationsprofil. Insofern können Kommunen insbesondere bei der Bewertung
von gleichförmigen Unterlagen aus formalisierten Verwaltungsverfahren zwar
6 Auch durch Privatisierung von ehemals öffentlichen Aufgaben. Vgl. Clemens Rehm: Von Fallstricken
und Erinnerungslücken. Verwaltungsreform als archivische Herausforderung. In: Robert Kretzschmar
(Hrsg.): Staatliche Archive als landeskundliche Kompetenzzentren in Geschichte und Gegenwart. Zum
65. Geburtstag von Volker Rödel. Stuttgart 2010, S. 427-445.
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