Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
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politischen Systems diente. Hinzu kam, daß die Frage der deutschen<br />
Kriegsgefangenen und ihrer Freilassung im Laufe der Nachkriegsjahre,<br />
insbesondere seit 1948, zu einem politischen Streitpunkt im Zeichen des<br />
sich stetig verschärfenden Kalten Krieges zwischen West und Ost wurde.<br />
Über 10 Millionen Deutsche sind bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs<br />
im Frühjahr 1945 in alliierte Kriegsgefangenschaft geraten, ein<br />
knappes Drittel davon, gut 3,1 Millionen, in sowjetische. Von den letzteren<br />
haben ca. eine Million den langen Weg von der Gefangennahme über<br />
die Sammelpunkte und Durchgangslager bis zur Entlassung aus den regulären<br />
Kriegsgefangenenlagern des sowjetischen Innenministeriums nicht<br />
überlebt. 5 Eine besondere Gruppe unter den zwei Millionen, die überlebten<br />
und zurückkehrten, waren jene rund 20 000 von sowjetischen<br />
Gerichten als Kriegsverbrecher verurteilten Gefangenen, die – wie viele<br />
überlebende »Stalingrader« – z.T. erst nach über zwölfjähriger Gefangenschaft<br />
Ende 1955 ihre Heimat wiedersahen. Ihrem Sonderschicksal<br />
unter den Millionen deutscher Kriegsgefangener des Zweiten Weltkriegs<br />
gerecht zu werden, ist eine Aufgabe, die bis heute ihrer abschließenden<br />
wissenschaftlichen Bearbeitung harrt. Ein in Kooperation mehrerer Forschungsinstitute<br />
durchzuführendes Projekt wird, so steht zu erwarten, in<br />
den kommenden Jahren jene Lücke schließen, die die in den fünfziger<br />
Jahren vom Bundesinnenministerium bestellte ‘Wissenschaftliche Kommission<br />
für die Dokumentation des Schicksals der deutschen Gefangenen<br />
des Zweiten Weltkriegs’ unter der Leitung des Historikers Erich Maschke<br />
in ihrer insgesamt 22 Bände umfassenden Dokumentation aus den Jahren<br />
1962 bis 1974 hat offen lassen müssen. 6 Die seit dem Frühjahr 1950,<br />
dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der massenhaften sowjetischen<br />
Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche Gefangene, zu diesem Thema<br />
erschienene Literatur ist bislang durchaus überschaubar geblieben und<br />
5 Zugrundegelegt wurden die Gefangenenzahlen, die Werner Ratza 1973 im<br />
Band IV des Gesamtwerks der wissenschaftlichen Kommission für deutsche<br />
Kriegsgefangenengeschichte auf der Grundlage der 1966 von Kurt W. Böhme<br />
ermittelten Zahlen errechnet hat. Siehe Ratza S. 202ff. Vgl. dazu Smith S. 11.<br />
Die von russischer Seite heute genannte Zahl von rund 2,5 Mill., vgl. Kopalin<br />
S. 34, zählt nur diejenigen, die in den regulären Gefangenenlagern registriert<br />
worden sind. Zur Kriegsgefangenenstatistik des sowjetischen Innenministeriums<br />
(MVD) siehe Karner: Im Archipel GUPVI S. 79, wo zwischen deutschen<br />
(2 388 443) und österreichischen (156 681) Wehrmachtsangehörigen unterschieden<br />
wird.<br />
6 Unter den Einzeltiteln der wissenschaftlichen Dokumentation der Maschke-<br />
Kommission, die die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion behandeln,<br />
sind zu nennen die Bände: II: Cartellieri; III: Fleischhacker; IV: Ratza; V,<br />
1-3: Bährens; VI: Schwarz; VII: Böhme; VIII: Robel.<br />
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