Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
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Das Kriegsgefangenenthema war somit spätestens seit dem Jahresbeginn<br />
1949 völlig zwischen die Fronten des im Zeichen von Berlin-Blokkade<br />
und NATO-Gründung auf einen ersten Höhepunkt zutreibenden<br />
Kalten Krieges geraten. Dennoch weckte Moskaus Erklärung vom<br />
24. Januar 1949 in der deutschen Öffentlichkeit die Hoffnung, die<br />
Kriegsgefangenenfrage werde noch im laufenden Jahr ihren endgültigen<br />
Abschluß finden. Vor allem führende Politiker der Sowjetischen Besatzungszone<br />
nährten durch öffentliche Erklärungen diesen Optimismus. So<br />
führte Otto Grotewohl im Januar d.J. im ‘Neuen Deutschland’ die verzögerte<br />
Repatriierung auf Verkehrsprobleme zurück, die ihn jedoch »keineswegs<br />
daran zweifeln [ließen], daß in diesem Jahr die letzten deutschen<br />
Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion in Deutschland eintreffen werden«.<br />
Ende Oktober erklärte der gerade gewählte DDR-Staatspräsident<br />
Wilhelm Pieck an gleicher Stelle, ihm sei »mit aller Bestimmtheit versichert<br />
worden, daß bis zum 1. Januar 1950 alle deutschen Kriegsgefangenen<br />
aus der Sowjetunion in die Heimat zurückgekehrt sein werden«. 14<br />
Um so bestürzter reagierte die deutsche Öffentlichkeit, als in den letzten<br />
Wochen des Jahres 1949 durch zahlreiche Heimkehrerberichte eine<br />
Verhaftungs- und Verurteilungswelle großen Maßstabs gegenüber den<br />
noch in der UdSSR verbliebenen Gefangenen bekannt wurde. In dieselbe<br />
Richtung wies auch das Verhalten der sowjetischen Delegation bei der<br />
Unterzeichnung des Kriegsgefangenenabkommens im Rahmen der vier<br />
Genfer Konventionen über den Schutz von Kriegsopfern vom 12. August<br />
1949 (Teil III). Während der Unterzeichnung am 12. Dezember d.J.<br />
erklärten die Vertreter der Sowjetunion, der Ukrainischen sowie der<br />
Weißrussischen Sowjetrepublik die Zustimmung ihrer Regierungen nur<br />
unter einer Reihe von Rechtsvorbehalten. Diese betrafen u.a. den<br />
Artikel 85 des Abkommens, in dem auch den von ihrer Gewahrsamsmacht<br />
rechtskräftig verurteilten Kriegsgefangenen der volle völkerrechtliche<br />
Schutz des Kriegsgefangenenstatus mit allen damit verbundenen Vorteilen<br />
zuerkannt wurde. Im Namen der Sowjetregierung erklärte<br />
Moskaus Delegationschef General Slavin wörtlich:<br />
»Die UdSSR hält sich nicht für gebunden durch die aus Artikel 85 sich ergebende<br />
Ausdehnung der Konvention auf Kriegsgefangene, die gemäß den Gesetzen<br />
des Landes, in dem sie sich in Gefangenschaft befinden, wegen Kriegsverbrechen<br />
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit entsprechend den Prinzipien des<br />
Nürnberger Prozesses verurteilt worden sind. Im Falle von Verurteilungen<br />
14 Ihme-Tuchel: Die SED S. 491.<br />
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