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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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wegen solcher Verbrechen muß dasjenige Strafregime gelten, das in diesem<br />

Land für Strafgefangene festgelegt ist.« 15<br />

Vollends klar wurde das Ausmaß der sowjetischen Kriegsverbrecher-<br />

Verfahren vier Monate später durch die TASS-Erklärung vom 4. Mai<br />

1950, die nach dem inzwischen erfolgten letzten Rückkehrertransport<br />

von insgesamt 17 538 Mann die Repatriierung der deutschen Kriegsgefangenen<br />

aus der Sowjetunion für »nunmehr restlos abgeschlossen«<br />

erklärte. Insgesamt seien seit der Kapitulation Deutschlands 1 939 063<br />

Kriegsgefangene in ihre Heimat zurückgekehrt. »An deutschen Kriegsgefangenen«,<br />

so die sowjetische Presseagentur weiter, »sind in der Sowjetunion<br />

zurückgeblieben: 9 717 Mann, die wegen Kriegsverbrechen verurteilt<br />

wurden, 3 815 Mann, gegen die ein Verfahren anhängig ist, und<br />

schließlich 14 Kranke, die nach ihrer Genesung heimkehren werden.« 16<br />

Die TASS-Erklärung ließ in der bundesdeutschen Politik und Öffentlichkeit<br />

blankes Entsetzen zurück. Bundeskanzler Adenauer sprach tags<br />

darauf in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag davon, daß, vorausgesetzt<br />

die Meldung aus Moskau entspreche den Tatsachen, sie<br />

»fürchterlich sein [würde] für Millionen von Deutschen«, da sie das<br />

Schicksal von rund anderthalb Millionen Gefangenen und Zivilverschleppten<br />

ungeklärt lasse (»Diese grauenvollen Ziffern müssen aufgeklärt<br />

werden.«). Alterspräsident Paul Löbe forderte im Namen aller Fraktionen<br />

des Parlaments mit Ausnahme der KPD die Bundesregierung auf,<br />

»unverzüglich bei der alliierten Hohen Kommission Schritte zu unternehmen,<br />

um … die Bekanntgabe der Namen, der Straftaten und des Aufent-<br />

15 Zitiert nach AdG, 1949, 2164 E. Der Artikel 85 des Teils III der Genfer Konvention<br />

lautete: »Die Kriegsgefangenen, die auf Grund der Rechtsvorschriften<br />

des Gewahrsamsstaates für Handlungen, die sie vor ihrer Gefangennahme<br />

begangen haben, verfolgt werden, bleiben, auch wenn sie verurteilt werden, im<br />

Genuß der im vorliegenden Abkommen vorgesehenen Vergünstigungen.«<br />

Zitiert nach Bundesgesetzblatt, (1954), Teil II, Nr. 17, S. 871f. Die UdSSR hat<br />

das Abkommen erst im April 1954 ratifiziert, siehe AdG, 1954, 4490 C, vgl.<br />

dazu SVE, Bd. 3, Moskau 1977, S. 328. Die 3. Auflage der ‘Großen Sowjetenzyklopädie’,<br />

Bd. 9, Moskau 1972, S. 167, nennt den April 1951 als Datum der<br />

Ratifizierung durch den Obersten Sowjet. Die DDR erklärte ihren Beitritt zum<br />

Genfer Kriegsgefangenenabkommen per Gesetz vom 30. August 1956 unter<br />

dem folgenden Vorbehalt: »Die DDR wird die aus Artikel 85 resultierenden<br />

Vergünstigungen solcher Kriegsgefangener nicht anerkennen, die wegen Kriegsverbrechen<br />

oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß den Prinzipien<br />

des Nürnberger Gerichtshofes rechtskräftig verurteilt worden sind.« Gesetzblatt<br />

der DDR, (1956) Teil I, Nr. 95, S. 1141.<br />

16 AdG, 1950, 2367 D. Die TASS-Erklärung erschien am 5. Mai in der Pravda und<br />

am Tag darauf in deutscher Übersetzung im Neuen Deutschland.<br />

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