Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
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3. Die Verfolgung von Kriegsverbrechen durch<br />
die sowjetische Justiz – Die materiell- und<br />
formal-rechtlichen Grundlagen<br />
3.1 Das materielle Recht<br />
Bereits lange vor der Moskauer Erklärung hatte die Sowjetregierung in<br />
einer Reihe von öffentlichen Verlautbarungen – erwähnt sei u.a. Stalins<br />
Rede vom 6. November 1942 – ihren Anspruch auf eine juristische Aburteilung<br />
deutscher Besatzungsverbrechen auf ihrem Territorium deutlich<br />
gemacht. 20<br />
In Verbindung mit dem erklärten Ziel, deutsche Okkupationsverbrechen<br />
am Ort ihrer Begehung aburteilen zu lassen, hatte die Moskauer<br />
Erklärung davon gesprochen, daß für diesen Zweck von allen durch deutsche<br />
Greueltaten betroffenen Ländern detaillierte Listen mit allen für<br />
eine Aburteilung in Frage kommenden Einzeltaten erstellt würden. 21<br />
In der UdSSR war in diesem Zusammenhang schon im Jahr zuvor<br />
durch ein Dekret des Obersten Sowjet vom 2. November 1942 eine<br />
»Außerordentliche Staatskommission für die Feststellung und Untersuchung<br />
der Verbrechen der deutschen faschistischen Eindringlinge« ins<br />
Leben gerufen worden, die seit dem Frühjahr 1943 mit ihren Untersuchungsergebnissen<br />
in der sowjetischen Presse regelmäßig in Erscheinung<br />
trat und auch gezielt deutsche Kriegsgefangene im Hinblick auf ihnen<br />
bekanntgewordene Verbrechen auf sowjetischem Boden befragte. 22 Am<br />
19. April 1943 erließ das Präsidium des Obersten Sowjets der UdSSR ein<br />
Dekret (russisch ukaz) 23 »Über Maßnahmen zur Bestrafung deutschfaschistischer<br />
Verbrecher, schuldig der Tötung und Mißhandlung der<br />
sowjetischen Zivilbevölkerung und gefangener Rotarmisten, sowie von<br />
20 Stalin hatte in seiner Moskauer Festansprache am Vorabend des 25. Jahrestages<br />
der Oktoberrevolution u.a. erklärt: »Die Hitlerschen Schurken haben es sich<br />
zur Regel gemacht, die Sowjetkriegsgefangenen zu martern, sie zu Hunderten<br />
zu morden, Tausende von ihnen eines qualvollen Hungertodes sterben zu lassen.<br />
Sie vergewaltigen und morden die Zivilbevölkerung der okkupierten<br />
Gebiete unseres Landes … Wir kennen die Schuldigen an diesen Gemeinheiten,<br />
die Träger der ‘Neuordnung Europas’, alle diese neugebackenen Generalgouverneure<br />
und einfachen Gouverneure, Kommandanten und Unterkommandanten.<br />
Ihre Namen sind Zehntausenden von gequälten Menschen bekannt. Diese<br />
Henker sollen wissen, daß sie der Verantwortung für ihre Verbrechen nicht entgehen<br />
und der strafenden Hand der gequälten Völker nicht entrinnen werden.«<br />
Zitiert nach: Stalin S. 83f.<br />
21 UF, Bd. XXIV, Nr. 3711.<br />
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