Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
en wie der ‘conspiracy’ und des ‘common design’ (gemeinschaftliches<br />
Vorhaben) demonstriert haben. Insofern erscheint der juristische<br />
Umgang mit deutschen NS-Angeklagten generell als ein Ausdruck dafür,<br />
wie angesichts der beispiellosen Verbrechen des Dritten Reiches die alliierten<br />
Siegermächte die Deutschen nach 1945 allgemein betrachtet und<br />
dementsprechend behandelt haben. Den politischen Historiker interessieren,<br />
anders als den vorrangig auf die juristische Materie blickenden<br />
Rechtsgeschichtler, auch noch andere Fragen an dieser Thematik, wie<br />
etwa außenpolitische und solche, die mit der Entwicklung der Deutschlandpolitik<br />
der Großmächte und des allgemeinen Ost-West-Verhältnisses<br />
in den Jahren nach 1945 zusammenhängen. Das ab Herbst 1949<br />
erkennbare Interesse Stalins und seiner engsten Umgebung für die Reaktionen<br />
in den Kriegsgefangenenlagern auf bestimmte außenpolitische<br />
Maßnahmen wie die Gründung der DDR im Oktober d.J. oder verschiedene<br />
Erklärungen der Sowjetregierung zur Deutschlandfrage 118 muß<br />
ebenso auffallen wie der Umstand, daß ausgerechnet der erst im Mai<br />
zuvor zum Sowjetaußenminister aufgestiegene Andrej Vyšinskij als die<br />
treibende Kraft hinter der Massenverurteilungswelle vom Jahresende<br />
1949 zu erkennen ist. Die Idee des außen- und deutschlandpolitischen<br />
Faustpfandes drängt sich in diesem Zusammenhang unwillkürlich auf.<br />
Hier wäre die von Kurt W. Böhme 1974 im Abschlußband der Maschke-<br />
Kommission formulierte These vom offenbaren Zusammenhang zwischen<br />
den Massenverurteilungen der Jahre 1949/50 und den anschließend<br />
praktizierten ‘außergewöhnlichen’ Haftbedingungen der Betroffenen<br />
im Sinne einer maximal ausgespielten Öffentlichkeitswirkung der<br />
zurückgehaltenen Verurteilten einer Überprüfung wert. 119 Lohnend<br />
wäre auch die Verfolgung einer Reihe von biographischen Spuren wie die<br />
von Militärs, die durch ihre früh demonstrierte Bereitschaft, am kommunistischen<br />
Aufbauwerk in der DDR mitzuwirken, der strafrechtlichen<br />
Verfolgung als Kriegsverbrecher entgingen, während frühere Untergebene<br />
von ihnen verurteilt wurden. 120 Eine andere interessante Spur<br />
betrifft Offiziere, die vor 1933 im Reichsheer in die geheime militärische<br />
Zusammenarbeit mit der Sowjetunion verwickelt waren, und nun wegen<br />
118 Vgl. dazu ‘Osobaja papka’ I.V. Stalina S. 298f. Allgemein dazu: Kozlov: Politische<br />
Einstellung und Stimmung der Deutschen Kriegsgefangenen und der<br />
wegen Kriegsverbrechen Verurteilten in den Jahren 1944 - 1955.<br />
119 Böhme: Hilfen S. 427f.<br />
120 Siehe dazu den Fall eines ehemaligen Hauptmanns im Stab der 14. Pz.Div. in<br />
Stalingrad (Kmdr. Generalmajor Martin Lattmann), in: Wagenlehner: Stalins<br />
Willkürjustiz S. 109f.<br />
50