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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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gen der deutschen Geheimen Feldpolizei (Reinhard Retzlaff) stand auch<br />

ein russischer Kollaborateur vor dem Kriegsgericht der 4. Ukrainischen<br />

Front. 46 Die Anklage warf den vier Beschuldigten die Teilnahme an der<br />

massenhaften Tötung von gefangenen und verwundeten Rotarmisten<br />

sowie von Zivilisten, darunter einer großen Zahl von Frauen, Kindern<br />

und Halbwüchsigen, in der Zeit der deutschen Besetzung der Stadt zwischen<br />

Dezember 1941 und Sommer 1943 vor. Auch die systematische<br />

Tötung von Einwohnern mittels sogenannter Gas- bzw. Mordwagen,<br />

einer Vorstufe der späteren Massenvergasungen in den Vernichtungslagern,<br />

dazu Folterungen und Quälereien aller Art gehörten mit zu den<br />

Beschuldigungen. Der Prozeß war öffentlich, es wurden Filmaufnahmen<br />

gemacht und das stenographische Protokoll der Verhandlung in mehreren<br />

Sprachen publiziert. 47 Die Angeklagten, denen Pflichtverteidiger beigegeben<br />

waren, gaben die Beteiligung an den ihnen zur Last gelegten<br />

Verbrechen zu, betonten dabei aber stets den Befehlsnotstand, unter dem<br />

sie sich befunden hätten. Anders als zuvor in Krasnodar ergingen in<br />

allen Fällen Todesurteile, die das Gericht »wegen vollendeter Verbrechen<br />

gemäß Teil I des Erlasses des Präsidiums des Obersten Sowjet der Union<br />

der SSR vom 19. April 1943« in Verbindung mit § 296 der Strafprozeßordnung<br />

der ukrainischen Unionsrepublik verhängte. 48 Damit war durch<br />

die Rechtssprechung des Char’kover Gerichts deutlich gemacht geworden,<br />

was der Text des Ukaz 43 eher unklar gelassen hatte: die rückwirkende<br />

Kraft dieser Strafbestimmung mindestens vom Beginn des Krieges<br />

und der deutschen Besatzung im Sommer 1941 an. 49 Die Hinrichtungen<br />

durch Erhängen erfolgten unter Anwesenheit von Zehntausenden von<br />

45 Über erste vereinzelte Urteile von Feldgerichten der Roten Armee gegen gefangengenommene<br />

deutsche Soldaten berichtet: Epifanow S. 119f.<br />

46 Zu den Angeklagten im Char’kov-Prozeß, ihren Lebensläufen, dienstlichen<br />

Beurteilungen und militärischen Funktionen bis zum Zeitpunkt ihrer Gefangennahme<br />

durch die Rote Armee auf der Grundlage interner Recherchen deutscher<br />

Dienststellen siehe: PA-AA Bonn, Abteilung Inland II Geheim, R 100710 (Fiche<br />

Nr. 1805).<br />

47 Die deutschsprachige Ausgabe erschien in Moskau 1944 unter dem Titel:<br />

Gerichtsprozeß über die Bestialitäten der faschistischen deutschen Okkupanten<br />

in Stadt und Gebiet Charkov während ihrer vorübergehenden Besetzung. Eine<br />

spätere Ausgabe trug den Titel: Deutsche Greuel in Rußland. Gerichtstag in<br />

Charkow.<br />

48 So in der Urteilsbegründung, vgl. Gerichtsprozeß über die Bestialitäten der<br />

faschistischen deutschen Okkupanten in Stadt und Gebiet Charkov während<br />

ihrer vorübergehenden Besetzung S. 89-92.<br />

49 Vgl. zur Frage der rückwirkenden Kraft des Ukaz 43 die Einschätzung Maurachs;<br />

Maurach: Kriegsverbrecherprozesse S. 36.<br />

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