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Volltext [pdf] - Hannah-Arendt-Institut Dresden

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Kriegsende eine umfangreiche Aktivität in den Kriegsgefangenenlagern<br />

entfalteten, als an den Gerichtsorganen, die aus der großen Zahl der<br />

begonnenen Ermittlungsverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nur einen<br />

kleinen Teil zum gerichtlichen Abschluß bringen konnten. Die Gründe<br />

für diesen Umstand mögen im Vorrang der justiziellen Überprüfung von<br />

Millionen eigener Repatrianten – Kriegsgefangene, Ostarbeiter, Wehrmachtshilfswillige<br />

und Soldaten der Vlasov-Armee – und ebenso an der<br />

starken Beanspruchung der Sowjetjustiz durch politische Verfahren auf<br />

dem Boden der SBZ gelegen haben. Die fraglose Unzufriedenheit der<br />

politischen Führung mit der vorliegenden Verurteilungsbilanz widerspiegelte<br />

nicht zuletzt die Zusage Innenminister Kruglovs vom Januar 1948,<br />

die Verurteilung von Kriegsgefangenen durch sein Ministerium nach<br />

Kräften beschleunigen zu wollen.<br />

Eine wichtige Maßnahme in dieser Richtung bildete die Direktive des<br />

MVD und der Staatsanwaltschaft der UdSSR vom 20. April 1948, die die<br />

örtlichen Untersuchungsorgane des Innenministeriums ermächtigte,<br />

abgeschlossene Ermittlungsverfahren ohne vorherige Begutachtung<br />

durch die GUPVI direkt den Militärgerichten zu übergeben. 83 Parallel zu<br />

dieser wichtigen Verkürzung des Verfahrensgangs wurde die Aufklärungstätigkeit<br />

der Operativabteilungen des MVD in den Kriegsgefangenenlagern<br />

spürbar verstärkt. Doch reichte die in einem MVD-Befehl<br />

vom 14. März 1948 für ein Lager der Größenordnung von 5 000 Mann<br />

geforderte »operativ-tschekistische« Abteilung von mindestens 12 Mitarbeitern<br />

bei weitem nicht aus, um ohne die intensive Inanspruchnahme<br />

von Spitzeldiensten deutscher Gefangener zu brauchbaren Ermittlungsergebnissen<br />

zu kommen. 84 Die seit Mitte 1944 in den Straflagern der<br />

GULAG erreichte Norm von durchschnittlich einem ‘Informanten’ auf<br />

12 Häftlinge wurde in den Kriegsgefangenenlagern der GUPVI, wie das<br />

Beispiel des Lagers Čerepovec von 1947 zeigt, eher noch überboten. 85<br />

82 Dazu Zahlenangaben bei Streim S. 275, aufgrund der Unterlagen der Zentralstelle<br />

der Länderjustizverwaltungen in Ludwigsburg. Danach verurteilten Belgien,<br />

Dänemark, Luxemburg, Holland und Norwegen zusammen über 500<br />

deutsche Staatsangehörige, Frankreich ca. 2 900 und Polen gut 5 300. Zu den<br />

Prozeßaktivitäten amerikanischer Militärgerichte auf deutschem Boden vgl.<br />

Sigel mit den Zahlenangaben auf S. 37f.<br />

83 Petrov S. 203.<br />

84 Konasov u.a. S. 44.<br />

85 Im Offizierslager Čerepovec kamen im Juli 1947 auf ca. 1 500 Gefangene genau<br />

181 ‘Informanten’, von denen die Lagerorgane allein im Laufe eines Monats<br />

fast 200 ‘Berichterstattungen’ empfingen. Konasov u.a. S. 45. Zur Spitzelsituation<br />

in den GULAG-Lagern während des Krieges siehe Bacon S. 156.<br />

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