Allerdings ist wesentlich mehr mit schottischer Kultur verbunden als nur ein paar ausländische Vorurteile! Gleich nach meiner Ankunft in Schottland begann der „Outward Bound“-Kurs, eine Art Überlebenstraining in den schottischen Highlands, wo ich einen Großteil meines Jahrgangs kennen lernen konnte. Es war eine wunderbare Erfahrung, auch wenn sie sowohl physisch als auch psychisch viel gefordert hat. Auf einer 3-Tage-Exkursion, bei der wir einige der höchsten Berge Schottlands um den Ben Nevis herum bestiegen haben, hatten wir jede Menge Spaß, da wir mit vereinten Kräften versuchten, deutsche Lieder wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ zu singen. Eines Tages wurden wir sehr früh geweckt, um einen „jog and dip run“ zu machen, was wieder ein Beispiel schottischer Kühnheit darstellte: Ich glaube nicht, dass viele Leute behaupten können, in einem eiskalten schottischen See um sieben in der Früh voll bekleidet gebadet zu haben. Was ich überaus vermissen werde, ist das Leben in meinem Internat, in Burnbrae, da es einfach wunderschön war, mit so vielen lieben Menschen unter einem Dach zusammenzuleben. Bei Video- und DVD-Nächten oder auch unserem Versuch „Herzblatt“ nachzuspielen hatten wir immer viel Spaß als eine Gemeinschaft. Es war eine absolut neue Erfahrung für mich, eine solch große Familie (mit 63 Geschwistern) zu haben und ein Zimmer mit einer Chinesin zu teilen – die Abende wurden immer recht lang, da man sich den Klatsch und Tratsch des Tages erzählen musste. Den größten Teil des Tages verbringt man in der <strong>Schule</strong>, die von 8.30 bis 15.25 dauert. Es war überaus interessant, Teil eines anderen Schulsystems zu sein, und ich lernte die wunderbare Atmosphäre kennen, die in Lomond herrscht, sowohl in den Klassen als auch in den zahlreichen Komitees und AKs. Die Teamarbeit in den Klassen und die Zusammenarbeit mit den Lehrern schafft eine solch positive Lernatmosphäre, wie ich sie mir auch im deutschen Unterricht wünschen würde. Dieses angenehme Arbeiten ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass die Klassen hier in Schottland 164 im Durchschnitt aus 15 Schülern bestehen – in Geschichte sind wir beispielsweise 7. Ich war erstaunt, als ich in Geschichte über etwas Neues im Zusammenhang mit deutscher Kultur unterrichtet wurde. Wusstet ihr zum Beispiel, dass wir keinen Unterschied machen zwischen einem Elch und einem weiteren Tier, das mehr Zacken im Geweih hat? In Lomond engagieren sich viele Schüler, wie in der <strong>Löhe</strong>-<strong>Schule</strong>, über den stundenplanmäßigen Unterricht hinaus. So bin ich sehr froh, dass ich die Begeisterung am Hockeyspielen entdeckt habe, dass ich am Musical „Disco Inferno“ und an einer Gruppe „Kreatives Schreiben“ teilgenommen habe. Im Schulchor waren wir zwar nur um die sechs Sänger, dafür habe ich auch in einem großen Konzertchor in Helensburgh mitgesungen, wo wir Werke wie das Mozart- und Verdi-Requiem aufgeführt haben. Last but certainly not least war ich in Lomond als ein German Assistant. Mir hat es großen Spaß gemacht, in so vielen Klassen Konversationsunterricht zu halten – ich habe jede Minute genossen, da zumindest die meisten Schüler den Anschein erweckten, mit Freude bei der Sache zu sein. Ich hoffe, dass ich dort einige Schüler mit meiner Begeisterung für die deutsche Sprache angesteckt habe. Für die Gelegenheit, all dies und noch vieles, vieles mehr erleben zu dürfen, bin ich unendlich dankbar und ich möchte mich sehr herzlich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass mein Aufenthalt so harmonisch verlaufen ist. Dazu gehören natürlich all meine schottischen Freunde und Lehrer, aber auch meine Freunde hier in Deutschland, Amerika und Kanada, die mich die gesamte Zeit hindurch wunderbar unterstützt haben. Mein ganz besonderer Dank geht an Mrs Maudsley und Mr Macdonald auf schottischer Seite und an Herrn Mähner auf deutscher Seite, die dieses traumhafte Jahr möglich gemacht haben. Ich gehe nun bald zurück nach Deutschland, aber mit der Gewissheit, dass ich wieder nach Schottland zurückkehren werde! Johanna Köhler
„Beim Stierkampf“ (Tuschelavour): Peter Theiss, GK 12 „In Valauris“ (Tuschelavour): Christoph Kappey, GK 12 165