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Märkte + Technologien<br />
Round Table<br />
Anja Frohnapfel, Zumtobel Lighting. Marcus Oechsle, Rutronik. Mitch Sayers, Cree.<br />
Mitch Sayers: Eine Deckenleuchte könne man ganz bequem mit 50<br />
Grad betreiben, bei Downlights seien auch 90 Grad an der Platine<br />
zu messen. „Ich denke, es hängt elementar von der Anwendung<br />
ab.“ Anja Frohnapfel brachte einen weiteren Punkt in die Diskussion<br />
ein: „Teilweise ergeben sich Probleme, dass man riesige Strahldichten<br />
hat. Es gibt Chip-on-Board-Module mit 50 oder 100 W.<br />
Die LED und die Elektronik überleben es vielleicht, aber wie sieht<br />
es mit der Optik aus?“ Stefan Grötsch sieht eine Herausforderung<br />
in der Bandbreite: „Einerseits gibt es Kleinleistungs-LEDs, wo man<br />
über Jahrzehnte gesehen hat, dass man eine einfache Kunststoffoptik<br />
darüber setzen kann. Auf der anderen Seite stehen Hochleistungs-LEDs,<br />
die in der Leuchtdichte schon über der von Xenonbrennern,<br />
also Entladungslampen liegen; niemand käme da auf<br />
den Gedanken in unmittelbarer Nähe von wenigen Millimetern<br />
oder weniger Abstand ein Kunststoffelement anzubringen.“<br />
Retrofit: Chancen und Risiken<br />
Viele Endkunden wollen LEDs in vorhandene Lampen schrauben.<br />
Doch der 1:1-Austausch mit Leuchtmitteln aus dem Baumarkt ist<br />
nicht so einfach: zu den Qualitätsproblemen gesellen sich noch etliche<br />
Vorurteile. Michael Demel bestätigt: „Der Run auf die E27-<br />
Retrofit-Produkte hat der LED eher geschadet“, und Michael Gall<br />
ergänzt: „Das gleiche Problem besteht mit T8-Retrofits für die<br />
Leuchtstoffröhren.“ Letztlich weisen die LED-Retrofits immer ein<br />
anderes Abstrahlverhalten als die Originale auf, daher passen<br />
Schirme und Reflektoren nicht mehr.<br />
Dr. Christopher Keusch sieht dennoch Potenzial bei den Austauschprodukten:<br />
„Die Retrofit hat Charme. Der Anwender möchte<br />
keinen neuen Fassungstyp; er will dieselbe Leuchte und diese<br />
mit dem gleichen visuellen Erscheinungsbild.“ Daraus lässt sich als<br />
Rat an Hersteller ableiten, die üblichen Glühbirnen, Kerzen und<br />
Halogenlampen besser nachzubilden. Dr. Keusch weiß: „Viele gehen<br />
beim Design von Retrofits mit einer gewissen Laxheit an eine<br />
neue Technologie heran. Wenn man sich ein kleines kompaktes<br />
Retrofit anschaut, da muss man auf eine optimale Kühlung achten,<br />
und wenn die nicht gegeben ist, stirbt die LED den Wärmetod.“<br />
Bei der elektrischen Isolation könne man durch unsachgemäßes<br />
Design auch die elektrische Sicherheit gefährden. „Diese Faktoren<br />
trugen dazu bei, dass das Ansehen der LEDs so einen Schaden genommen<br />
hat.“ Dennoch: „Qualitätshersteller in Europa wie auch<br />
in Asien legen viel Wert auf ordnungsgemäßes Design, statt mal<br />
schnell irgendwas auf den Markt zu werfen“, meint Dr. Keusch. Michael<br />
Demel bestätigt: „Es gibt schon Produkte, die man als hochwertigen<br />
Ersatz heranziehen kann. Beispielsweise ist bei einem<br />
unserer Projekte die LED-Flutlichtbeleuchtung so konzipiert, dass<br />
man die vorhandenen Masten und Elektroinstallationen weiter<br />
verwenden kann.“ Wenig bekannt ist aber: „Wenn ein Elektriker<br />
statt der zugelassenen Leuchtmittel eine LED-Retrofit verbaut,<br />
dann haftet er plötzlich selbst“, erklärt Anja Frohnapfel.<br />
Prüfen und Testen<br />
„Das Leben wird nicht einfacher durch LEDs“, meint Mitch Sayers<br />
und erntet rundweg Zustimmung. Bei herkömmlichen Leuchtmitteln<br />
gab es nur wenige Parameter zu beachten, aber bei der LED<br />
sehe das anders aus. Erst im letzen Jahr sind neue Prüfungen entstanden:<br />
„Es gibt zusätzliche Anforderungen, die eine LED haben<br />
muss, um das CE-Zeichen zu erhalten.“ Michael Gall weiß: „Das<br />
sind prinzipiell dieselben Tests, die auch konventionelle Leuchtmittel<br />
durchlaufen.“ Zum Beispiel ist das Abstrahlverhalten des<br />
Lichts wichtig: „Die LED hat nur 120 Grad und wenn ich ein LED-<br />
Retrofit verwende, hat das Auswirkungen. Genau diese Aspekte<br />
müssen geprüft, zertifiziert und nachgewiesen werden.“<br />
Dr. Christopher Keusch präzisiert: „Es gibt in Europa Normen<br />
wie CE, ENEC, VDE und GS. Das sind aber nur Prüfzeichen, die<br />
nichts über die Qualität des Leuchtmittels aussagen. US-amerikanische<br />
Labels wie Energy-Star, DLC und LDL beschreiben hingegen<br />
die Qualität des Leuchtmittels − in Europa hinken wir da dem<br />
Standard hinterher.“ Michael Gall sieht das etwas anders. „Ich kann<br />
das nicht 100-prozentig bestätigen, aber das CE- und das GS-Zeichen<br />
sagen nur etwas über die Sicherheit der Produkte aus. Über<br />
die Lichtqualität wird nicht spezifiziert.“ Allerdings geben die Standardtests<br />
die Degradation für alle Parameter an, die einfließen. Stefan<br />
Grötsch erläutert: „Neben der reinen Alterung des Halbleiters<br />
spielen auch die weiteren verwendeten Materialien eine Rolle.“<br />
Marcus Oechsle brachte einen weiteren Ansatz ins Gespräch ein:<br />
„Die Qualitätsmerkmale treffen häufig auf den Chip und das Package<br />
zu und letztlich für das ganze System. Es fragt sich aber, wer<br />
final Verantwortung für die Produkte und deren Qualität über den<br />
gesamten Lebenszyklus hinweg übernimmt.“ Dr. Christopher<br />
Keusch stellte dazu die These auf: „Komponentenhersteller wollen<br />
zunächst Produkte verkaufen, die wie auf dem Datenblatt angegeben<br />
ordnungsgemäß spezifiziert sind. Gemäß LM80-Report ist eine<br />
bestimmte Lebensdauer angegeben. Wer die LEDs verbaut,<br />
muss eine Sorgfaltspflicht wahrnehmen, damit sie in ihrem Environment<br />
auch ordnungsgemäß funktioniert. Er übernimmt formal<br />
eine Eigenverantwortung.“ Stefan Grötsch betont: „Wer das Produkt<br />
verkauft, der haftet in erster Linie, weiteres ergibt sich aus<br />
dem Produkthaftungsgesetz, im Automobilbereich aus den dorti-<br />
10 <strong>elektronikJOURNAL</strong> 04/2013<br />
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