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QiW - UniversitätsVerlagWebler

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Qualitätsentwicklung/-politik<br />

<strong>QiW</strong><br />

Koppelung von Lehrveranstaltungsbefragungen und hochschuldidaktischen<br />

Angeboten bzw. korrigierenden Maßnahmen<br />

innerhalb der Fächer nur selten zu beobachten.<br />

Betrachtet man diese typisierende und damit notwendigerweise<br />

auch vereinfachende Zuordnung von Verfahren und<br />

Funktionen, so fällt insbesondere der schwach ausgeprägte<br />

Forschungsbezug ins Auge. Die fehlende Zusammenführung<br />

von Qualitätssicherung und Hochschulforschung<br />

ist entsprechend als ein zentrales Desiderat zu werten, ist<br />

man an einer stärker wissenschaftlich fundierten Steuerung<br />

von Hochschulen interessiert. Die Verknüpfung von Qualitätssicherung<br />

und Hochschulforschung ist hierbei nicht<br />

nur kosmetischer Natur, sondern substantiell für den Anspruch<br />

auf rationale Steuerung. Insbesondere sollte damit<br />

dem Aspekt der (kausalen) Erklärung von Phänomenen in<br />

den Bereichen Forschung, Studium und Lehre sowie Organisation<br />

mehr Beachtung geschenkt werden. Qualitätssicherungsverfahren<br />

in Hochschulen fokussieren dementgegen<br />

bislang vor allem auf die Deskription von Leistungen<br />

und etwaigen Mali, ohne in hinreichender Form „verstehend“<br />

zu analysieren.<br />

Dieser mangelnde Forschungsbezug hat unterschiedliche<br />

Gründe. Zunächst ist festzuhalten, dass die Hochschulforschung<br />

in Deutschland insgesamt eher schwach ausgeprägt<br />

ist. Abgesehen von einigen wenigen Standorten, wie das<br />

Internationale Zentrum für Hochschulforschung Kassel (IN-<br />

CHER), das Hochschul-Informations-System (HIS), das Institut<br />

für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg<br />

sowie das Zentrum für Bildungs- und Hochschulforschung<br />

an der Universität Mainz (ZBH), lässt sich trotz der<br />

Gründung der Gesellschaft für Hochschulforschung im Jahr<br />

2006 bislang keine Entwicklung ablesen, die eine Verschränkung<br />

und Konzentration unterschiedlicher Traditionen<br />

und Forschungsansätze erkennen ließe.<br />

Dies korrespondiert zum einen damit, dass entsprechende<br />

Themen in unterschiedlichen Diskursen (Hochschulforschung,<br />

Qualitätsmanagement, Evaluation, Hochschuldidaktik)<br />

behandelt werden, zum anderen auch damit, dass<br />

Hochschulforschung bislang keine fachwissenschaftliche<br />

„Heimat“ hat. Ihr grundlegend interdisziplinärer Charakter<br />

impliziert die Nähe zu unterschiedlichen fachlichen Traditionen,<br />

wie der Soziologie, der Psychologie, der Pädagogik,<br />

der Politikwissenschaft, aber auch der Wirtschaftswissenschaft<br />

und der Geschichtswissenschaft. Fokussiert man auf<br />

die Lehr-Lern-Forschung, so wäre bspw. auch ein Bezug zu<br />

neurowissenschaftlichen Ansätzen denkbar. Die damit notwendige<br />

inter- oder transdisziplinäre Forschungsausrichtung<br />

stößt erfahrungsgemäß auf vielfältige Probleme der<br />

wissenschaftlichen Verständigung und Kooperation. Die<br />

Implementierung von Studiengängen, die sich mit Fragen<br />

der Hochschulforschung (International Master Programme<br />

Higher Education Research and Development, INCHER<br />

Kassel), des Wissenschaftsmanagements (Masterprogramm<br />

an der Verwaltungshochschule Speyer) oder der Evaluation<br />

(Masterprogramme des Centrums für Evaluation Saarbrücken,<br />

CEval, und des Zentrum für Evaluation und Methoden,<br />

ZEM, an der Universität Bonn) befassen, kann in<br />

diesem Zusammenhang ein (weiterer) Schritt zur Professionalisierung<br />

der wissenschaftlichen Auseinandersetzung in<br />

und mit Hochschulen sein.<br />

Der m.E. zweite zentrale Grund für eine vergleichsweise<br />

schwache Ausprägung der Hochschulforschung und ihrer<br />

Koppelung mit Verfahren der Qualitätssicherung liegt in<br />

den Hochschulen selbst, in denen sich Entscheidungsträger<br />

naturgemäß aus sehr unterschiedlichen fachlichen Traditionen<br />

rekrutieren. Hiermit verbunden ist ein mehr oder weniger<br />

elaboriertes Verständnis für Fragen der Hochschul- und<br />

Organisationsforschung.<br />

4. Qualitätskreislauf<br />

Das geschilderte Desiderat fehlender analytischer und erklärender<br />

Zugänge lässt den gegenwärtig in nahezu allen<br />

Diskussionen um Qualitätssicherungssysteme an Hochschulen<br />

obligatorischen Verweis auf einen Qualitätskreislauf<br />

zwar im Grundsatz nachvollziehbar, vor dem Hintergrund<br />

fehlender empirischer oder gar modellgeleiteter Erklärungen<br />

aber fragil erscheinen. Legt man beispielhaft den<br />

so genannten PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) zugrunde,<br />

so zeigen sich an den Schnittstellen zwischen den einzelnen<br />

Schritten Erklärungslücken, die letztlich sowohl Begründungen<br />

als auch Wirkungen von Handlungen und Maßnahmen<br />

nur bedingt kalkulierbar machen.<br />

Beispielhaft sei dies entlang der Durchführung von Lehrveranstaltungsbefragungen<br />

skizziert. Entsprechend des PDCA-<br />

Zyklus steht zu Beginn das Ziel einer Lehrveranstaltung, das<br />

im Allgemeinen in der Vermittlung von Wissen besteht.<br />

Klingt dieses Ziel vordergründig nachvollziehbar, so stellt<br />

sich mit Blick auf den im Bologna-Prozess angelegten shift<br />

from teaching to learning die Frage, ob Wissensvermittlung<br />

alleine als Ziel ausreichend erscheint oder auch Hochschulen<br />

eine Sozialisationsfunktion zukommt, die sich vielfach<br />

in dem Konzept so genannter Schlüsselkompetenzen verbirgt.<br />

Die Ausrichtung auf den über die Akkumulation von<br />

Fachwissen hinausgehenden Kompetenzerwerb Studierender<br />

und auf persönlichkeitsbildende Aspekte, wie bspw.<br />

Führungsfähigkeit, lassen die Schwierigkeiten bei der Zieldefinition<br />

auf unterschiedlichen Ebenen von Lehre und Studium<br />

erahnen.<br />

Wenn es zudem nicht nur darum geht, die Philosophie<br />

Aristoteles‘, die Rechtslage in Fragen des Datenschutzes<br />

oder die Wirkungsweisen von Finanzmärkten zu vermitteln,<br />

sondern dieses Wissen als exemplarisch für die Vermittlung<br />

analytischer und anderer Fähigkeiten zu nutzen, wird die<br />

Komplexität sowohl hinsichtlich der Zieldefinition als auch<br />

der Operationalisierung dieser Ziele und der Umsetzung in<br />

konkretes unterrichtliches Handeln deutlich. Vor allem im<br />

Hinblick auf Vermittlungsfähigkeiten, die jenseits des Fachwissens<br />

liegen, ist zudem die Expertise der Mehrzahl der<br />

Lehrenden bislang wenig ausgeprägt, so dass sich hier ein<br />

‚lag‘ zwischen dem geforderten shift from teaching to learning<br />

und der Lehrrealität in mehrfacher Hinsicht auftut,<br />

d.h. sowohl im Hinblick auf die Zielformulierung als auch<br />

bezüglich der Operationalisierung und Transformation in<br />

den Lehrprozess selbst.<br />

Unter diesen Bedingungen bedarf es keiner großen Fantasie,<br />

um die Probleme auf Ebene des Check bzw. der Evaluation<br />

von Lehre insgesamt bzw. in diesem Fall einzelner<br />

Lehrveranstaltungen zu erahnen. In der Regel liegen der<br />

Qualitätsmessung zumindest keine definierten Ziele zugrunde<br />

und die Erhebungsverfahren beziehen sich mithin<br />

6<br />

<strong>QiW</strong> 1+2/2009

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