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Qualitätsentwicklung/-politik<br />
<strong>QiW</strong><br />
Kalle Hauss & Marc Kaulisch<br />
Diskussion gewandelter Zusammenhänge<br />
zwischen Promotion, Wissenschaft<br />
und Karriere<br />
Kalle Hauss<br />
Marc Kaulisch<br />
Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Veränderungen in der<br />
Doktorandenausbildung an deutschen Hochschulen. Wir<br />
diskutieren Wandlungsprozesse in der Doktorandenausbildung<br />
und im Wissenschaftssystem, die wir für die Entwicklung<br />
der Promotion in Deutschland und der Karrierebedingungen<br />
in der Wissenschaft für relevant halten.<br />
Erstens hat die fortwährende Kritik an der traditionellen<br />
Doktorandenausbildung sowie die durch den Wissenschaftsrat<br />
geforderte stärkere Orientierung am System angloamerikanischer<br />
Graduate-Schools Reformen im Gang gebracht,<br />
die sich innerhalb des universitären Ausbildungssystems<br />
in einer zunehmenden Strukturierung der Promotionsangebote<br />
äußern. Zweitens führen Veränderungen in<br />
der Wissensproduktion im Forschungssystem möglicherweise<br />
zu einer veränderten Sozialisation junger Forscher<br />
und Forscherinnen in die Forschungspraxis: Im Mittelpunkt<br />
der stärker wettbewerblich organisierten Wissenschaftslandschaft<br />
stehen quantifizierbare Erfolgskriterien, wodurch<br />
neben klassischen Bewertungsmaßstäben in der Wissenschaft<br />
zunehmend szientometrische Größen an Bedeutung<br />
gewinnen könnten. Angesichts dieser Veränderungen kann<br />
drittens davon ausgegangen werden, dass sich die Karrierebedingungen<br />
im Wissenschaftssystem verändern.<br />
Bevor wir in unserem Beitrag auf die Wandlungsprozesse in<br />
der Doktorandenausbildung und im Wissenschaftssystem<br />
eingehen und Thesen zur Veränderung der Karrierebedingungen<br />
in der Wissenschaft formulieren, skizzieren wir die<br />
Kritikpunkte an der traditionellen Doktorandenausbildung<br />
und die darauf folgenden Initiativen zur Strukturierung der<br />
Doktorandenausbildung.<br />
1. Reform der Doktorandenausbildung<br />
Die weitgehend unstrukturierten Rahmenbedingungen der<br />
traditionellen Doktorandenausbildung, die bislang den Bedarf<br />
an wissenschaftlichem Nachwuchs an deutschen Hochschulen<br />
regelten, sind in den letzten Jahren durch ein vielfältiges<br />
Angebot strukturierter Promotionsprogramme ergänzt<br />
worden. Die in regelmäßigen Abständen seit den<br />
1980er Jahren wiederkehrende Kritik an der Doktorandenausbildung<br />
hatte zunächst zu einer Schärfung des wissenschaftspolitischen<br />
Problembewusstseins für die Situation<br />
der Promovierenden und Promovierten geführt. Die Kritik<br />
richtete sich gegen die lange Promotionsdauer, die von<br />
einem steigenden durchschnittlichen Promotionsalter begleitet<br />
wurde (Enders/Bornmann 2001), die persönliche<br />
Abhängigkeit des Promovierenden vom Betreuenden im<br />
„Meister-Schüler“-Verhältnis (Küchler 1996) sowie die<br />
mangelnde institutionell gesicherte Beratung der Promovierenden<br />
(Webler 2003).<br />
Vor dem Hintergrund eines Auseinanderdriftens von Ausbildungsprofil<br />
und sich verändernder beruflicher Anforderungen<br />
in Arbeitsmärkten für Fach- und Führungskräfte<br />
richtete sich der Blick zunehmend auch auf die Karrierechancen<br />
der Promovierten (Wissenschaftsrat 1995).<br />
Diese müssen zunehmend unter den Bedingungen eines<br />
sich verändernden Arbeitsmarktes agieren, der die Antizipation<br />
wachsender Beschäftigungsrisiken und zunehmender<br />
Polyvalenz beruflicher Anschlussverwendungen notwendig<br />
machte (Enders/Bornmann 2001, S. 18).<br />
Begleitet wurde die Kritik von Forderungen des Wissenschaftsrats<br />
1986 und 1988 die Promotionsphase nach dem<br />
Vorbild angloamerikanischer Graduate Schools zu reformieren,<br />
in stärkerem Maße zu strukturieren, und Gruppenarbeit<br />
sowie eine systematische Betreuung einzuführen (Wissenschaftsrat<br />
1986, 1989). Die in der Folge seit 1990 eingerichteten<br />
Graduiertenkollegs der DFG fungieren bis heute<br />
als Blaupause für strukturierte Promotionsprogramme, die<br />
seither in verschiedenen Formen angeboten werden. Heute<br />
promovieren den Schätzungen nach etwa 7% der Doktoranden<br />
im Rahmen von Graduiertenkollegs und anderen<br />
strukturierten Programmen (Berning/Falk 2006; Gerhardt/<br />
Briede/Mues 2005). Die Zahl strukturierter Promotionsprogramme<br />
wächst aktuell weiter: Die DFG fördert neben den<br />
Graduiertenkollegs gemeinsam mit dem Deutschen Akademischen<br />
Austauschdienst (DAAD) seit 2001 das Internatio-<br />
22<br />
<strong>QiW</strong> 1+2/2009