03.02.2014 Aufrufe

QiW - UniversitätsVerlagWebler

QiW - UniversitätsVerlagWebler

QiW - UniversitätsVerlagWebler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>QiW</strong><br />

W.-D. Webler • „Wieviel Wissenschaft braucht die Evaluation?”<br />

Zu 3. Autonome Forschung, Auftragsforschung?<br />

Zeitweise wurde von Seiten der Verwaltung eingewandt,<br />

bei den Projekten handele es sich um keine Forschung, da<br />

sie einen Auftraggeber habe. Jede Form von Auftragsforschung<br />

hat aber einen Auftraggeber, ohne dass jemand bisher<br />

aus diesem Grund Zweifel am Forschungscharakter von<br />

Auftragsforschungen angemeldet hätte. Offensichtlich gibt<br />

es auch Nebentätigkeit, die das Kriterium von Forschung<br />

erfüllt; das wird in der Literatur nicht angezweifelt; jede<br />

Nebentätigkeit hat aber einen Auftraggeber. Für die Frage,<br />

ob Forschung vorliegt, ist unerheblich, ob der Erkenntnisprozess<br />

aufgrund der persönlichen Erkenntnisinteressen<br />

der Forscher oder der Interessen einer anderen Instanz (z.B.<br />

der von einer möglichen Entwicklung Betroffenen oder der<br />

Bildungspolitik) durchgeführt wird. Ebenso unerheblich ist<br />

die Frage, von welcher Seite die Finanzierung erfolgt: ob<br />

mit Hilfe der „normalen“ Ausstattung einer Forschungseinrichtung,<br />

einer projektspezifischen Förderung und dort<br />

wieder, ob aufgrund einer mäzenatenhaften, an dem Ergebnis<br />

nicht unmittelbar (etwa aufgrund von Verwertungsinteressen)<br />

interessierten Förderung oder einem immateriellen<br />

(z.B. politischen, öffentlichen) oder materiellen (z.B. in<br />

eine Produktion mündenden) Verwertungsinteresse. Eng<br />

damit verknüpft ist die Frage, ob die Forschung aufgrund<br />

eigener freier Entscheidung der Forscher (die frei nur sein<br />

kann, wenn unspezifische Forschungsmittel ausreichend<br />

zur Verfügung stehen) oder aufgrund eines Forschungsauftrags<br />

zustande kommt.<br />

Schon die heute innerwissenschaftlich übliche Stellung<br />

eines Förderantrags, seine Prüfung und die Zusage der Förderung<br />

erfüllt die Merkmale eines Vertrages. Dieser ist eine<br />

zweiseitige Willenserklärung bzw. einseitige Willenserklärung<br />

und deren Annahme. Aber Forschung ist nicht vom<br />

Kriterium innerwissenschaftlicher Förderung abhängig.<br />

Wissenschaft ist öffentlich vielfach aufgefordert, neue, externe<br />

Formen der Finanzierung zu finden (z.B. Sponsoring),<br />

in denen sich - so wird erklärt - auch die gesellschaftliche,<br />

öffentliche oder private Wertschätzung dokumentiere bzw.<br />

die Legitimation dieser Forschung erhöhe. Evaluationsforschung<br />

als die wissenschaftliche Kontrolle eines sozialen<br />

Experiments hat immer Auftraggeber, da entweder der Zugang<br />

zum Untersuchungsfeld von Genehmigungen abhängt<br />

(besonders in der Schulevaluation) oder ohne explizite Zustimmung<br />

der Betroffenen (die sogar in einer Einladung zu<br />

der Untersuchung gipfeln kann) nicht möglich ist, wie regelmäßig<br />

im Hochschulbereich. Evaluationsforschung ist<br />

also immer Auftragsforschung, selbst wenn der Auftraggeber<br />

nicht die Finanzierung übernimmt. Charakteristika der<br />

Auftragsforschung sind:<br />

• Wunsch des Auftraggebers nach einem (verwertbaren)<br />

Ergebnis; er will nicht mäzenatenhaft „Forschung als<br />

Tätigkeit oder als Vermehrung von Wissenschaft“ finanzieren,<br />

sondern erhofft ganz konkret ein in seinem Kontext<br />

anwendungsfähiges Ergebnis.<br />

• Am Ende fast aller Forschungsberichte steht ein Werk.<br />

Ein Bericht, ein Buch ist in diesem Sinne ein Werk. Viele<br />

Forschungsfördervereinbarungen, z.B. mit Ministerien,<br />

enthalten die Pflicht zur Ablieferung eines Werkes.<br />

• Abgeliefert wird ein Forschungsbericht, der dann regelmäßig<br />

auch als Gutachten bezeichnet werden kann,<br />

wenn er eine untersuchte Situation bewertet und sich<br />

z.B. als Ergebnis der Evaluation eines Schulversuches<br />

über die Bewährung eines bestimmten Musters von Modellschule<br />

äußert.<br />

Der Landesgesetzgeber NRW ist im Hochschulgesetz vom<br />

14. März 2000 (§ 101) bei der Forschung mit Mitteln Dritter<br />

selbstverständlich vom Vorhandensein von Erwartungen<br />

des Förderers ausgegangen - zumindest von den im Forschungsantrag<br />

regelmäßig in Aussicht gestellten Ergebnissen<br />

(mindestens: die Schließung einer bestimmten, relativ<br />

genau beschriebenen Erkenntnislücke). Die Tatsache, dass<br />

der Förderer Erwartungen an die Ergebnisse des Forschungsprojekts<br />

hat, beseitigt nicht den Charakter der Forschung.<br />

Er bindet auch die Verwendung seiner Fördermittel<br />

an eng bestimmte Zwecke, nämlich die im Antrag beschriebenen.<br />

Absatz 4 Satz 2 des § 101 lautet: „Die Mittel sind<br />

für den von der oder dem Dritten bestimmten Zweck zu<br />

verwenden und nach deren oder dessen Bedingungen zu<br />

bewirtschaften, soweit gesetzliche Bestimmungen nicht<br />

entgegenstehen.“<br />

Zu 4. Vertraulichkeit der (Einzel-)ergebnisse mit dem Auftraggeber<br />

vereinbart<br />

In § 100 des nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes<br />

vom 14. März 2000heißt es in Absatz 2 Satz 1 sehr zurückhaltend:<br />

„Die Ergebnisse von Forschungsvorhaben sollen in<br />

absehbarer Zeit nach Durchführung des Vorhabens veröffentlicht<br />

werden.“ Bei der Forschung mit Mitteln Dritter<br />

wird die Forderung sogar noch weiter zurückgenommen. In<br />

§ 101 Abs. 2, 2. Halbsatz heißt es: „die Forschungsergebnisse<br />

sind in der Regel in absehbarer Zeit zu veröffentlichen.“<br />

(Hervorhebung v. Verf.). Diese Formulierungen sind<br />

verständlich, da es bei Auftragsforschung aus Gründen des<br />

Wettbewerbs inopportun sein kann, dem Wettbewerber<br />

die Ergebnisse in Fachpublikationen zur eigenen Verwertung<br />

frei Haus zu liefern. Im Fall der Evaluation von Hochschuleinrichtungen<br />

besteht angesichts des Wettbewerbs<br />

mit gleichartigen Einrichtungen sowohl innerhalb wie<br />

außerhalb der Hochschule um gleiche Ressourcen ein starkes<br />

Interesse an Vertraulichkeit der Ergebnisse. Besonders<br />

bei erstmaliger Evaluation von Lehre und Studium sind die<br />

Ergebnisse in der Regel so wenig brillant, dass die Einrichtungen<br />

bei Modellen erfolgsorientierter Mittelverteilung<br />

innerhalb der Hochschule oder auf Landesebene Ressourceneinbußen<br />

befürchten müssen. Sie wollen unter dem<br />

Schutz der Vertraulichkeit zunächst einmal die Chance<br />

haben, „ihr Haus in Ordnung zu bringen“, bevor - z.B. bei<br />

neuen Evaluationsverfahren - die Ergebnisse veröffentlicht<br />

werden. Ein solches Interesse ist zu respektieren - insbesondere,<br />

wenn die Evaluation freiwillig eingegangen wurde<br />

- weil anderenfalls von vornherein schon die Entstehung<br />

und Erzeugung sensibler Daten verhindert und das ganze<br />

Verfahren unkritisch zu einer Alibiveranstaltung herabsinken<br />

würde, wie es inzwischen in einer Reihe von Fällen eingetreten<br />

ist.<br />

Ein Argument gegen den Status als Forschung ist die Vereinbarung<br />

von Vertraulichkeit über die Einzeldaten nicht.<br />

Im übrigen hat der Leiter der Projektgruppe sich regelmäßig<br />

vertraglich zusichern lassen, die Daten anonymisiert<br />

und aggregiert im Wege der Sekundäranalyse der allgemeinen<br />

Hochschulforschung zuführen zu dürfen.<br />

<strong>QiW</strong> 1+2/2009<br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!