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QiW - UniversitätsVerlagWebler

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Qualitätsentwicklung/-politik<br />

<strong>QiW</strong><br />

zieht zumindest potentiell Veränderungen in der Doktorandenausbildung<br />

nach sich. Die angestrebte Verknüpfung des<br />

europäischen Hochschulraums mit dem europäischen Forschungsraum<br />

verfolgt dabei das Ziel, die Standards der<br />

Hochschulausbildung zu harmonisieren. Dabei soll nach<br />

den Vorstellungen der europäischen Kultusminister die<br />

zukünftige Doktorandenausbildung eine Ausbildungsdauer<br />

von drei bis vier Jahren haben: “Considering the need for<br />

structured doctoral programs and the need for transparent<br />

supervision and assessment, we note that normal workload<br />

of the third cycle in most countries would correspond to 3-<br />

4 years full time” (Communiqué of the Conference of European<br />

Ministers Responsible for Higher Education, Bergen,<br />

19-20 May 2005, S.4). Schließlich wurden die rigiden Politikvorgaben<br />

zur Strukturierung der Doktorandenausbildung<br />

später weicher formuliert, in dem vor einer Überregulierung<br />

der Doktorandenausbildung gewarnt wird: “We recognise<br />

the value of developing and maintaining a wide variety<br />

of doctoral programs linked to the overarching qualifications<br />

framework for the EHEA (European Higher Education<br />

Area), whilst avoiding overregulation” (London Communiqué<br />

of the Conference of European Ministers Responsible<br />

for Higher Education, 18 May 2007, S.4).<br />

Sowohl im Rahmen des Qualifikationsrahmen für deutsche<br />

Hochschulabschlüsse, als auch in den Empfehlungen des<br />

Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen<br />

(EQR) werden für die Erreichung des Doktortitels<br />

Lernergebnisse formuliert, die sich in erworbenen Kenntnissen,<br />

Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen ausdrücken<br />

und im Zusammenhang mit der „Employability“ der Absolventen<br />

diskutiert werden. Die bereits lange vor der Bologna-Reform<br />

geführte Diskussion um die Praxis- und Berufsrelevanz<br />

des Studiums (vgl. Teichler 2003) spiegelt sich<br />

darin wieder, und prägt die aktuelle Diskussion zum Verhältnis<br />

von Hochschule und Arbeitsmarkt (Schaeper/Wolter<br />

2008).<br />

In strukturierten Promotionsprogrammen entstehen wettbewerblich<br />

organisierte Auswahlverfahren, die die Zugangsbedingungen<br />

der Doktorandenausbildung verändern.<br />

Während der Zugang zur Promotion in der traditionellen<br />

Doktorandenausbildung üblicherweise über ein System informeller<br />

Vergabepraxis organisiert war (homosoziale Kooptation)<br />

(vgl. Bochow/Joas 1987, S. 84), zählt in einem<br />

wettbewerblichen Verfahren die erbrachte Leistung des<br />

Einzelnen. Dabei kommen, wie an Graduiertenschulen der<br />

Exzellenzinitiative zu beobachten ist, zum Teil aufwändige<br />

Assessment-Center-ähnliche Verfahren zum Einsatz (vgl.<br />

Sondermann/Simon/Scholz/Hornbostel 2008). Die Selektion<br />

geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten besteht in<br />

diesen Verfahren aus einem mehrtägigen Prozedere, in dem<br />

neben Interviews, Tests und Präsentationen szientometrische<br />

Indikatoren (Publikationen, Preise und Auszeichnungen)<br />

ein wichtige Rolle spielen (Hauss/Kaulisch 2009).<br />

Im Gegensatz zu der in Großbritannien und den USA üblichen<br />

Unterscheidung zwischen research doctorates und<br />

professional doctorates bildet die deutsche Doktorandenausbildung<br />

traditionell sowohl für den wissenschaftlichen<br />

wie auch den nicht-wissenschaftlichen Arbeitsmarkt aus<br />

(Enders 2004, 2005; Kehm 2006). Zur Etablierung in der<br />

Wissenschaft trägt allerdings insbesondere die post-doktorale<br />

Phase bei. In seinen Empfehlungen weist der Wissenschaftsrat<br />

(2002) darauf hin, dass die für eine wissenschaftliche<br />

Laufbahn benötigten Kompetenzen nicht alle während<br />

der Promotion erworben werden können. Gemessen an<br />

einer geschätzten Promotionsdauer von 3,5 Jahren (Mathematik)<br />

und 5 Jahren (Germanistik) (vgl. Enders/Bornmann<br />

2001) erscheint die angestrebte und in Förderrichtlinien<br />

(Stipendiendauern) fest gelegte Promotionsdauer von drei<br />

Jahren tatsächlich in gewisser Weise knapp bemessen.<br />

Während dem Modell des Wissenschaftsrates folgend die<br />

eigentliche wissenschaftliche Qualifizierung somit erst nach<br />

der Promotion stattfindet, finden sich in den Nachwuchsförderkonzepten<br />

der DFG Modelle, die eine frühzeitige Heranführung<br />

an das wissenschaftliche Arbeiten begünstigen<br />

sollen. Beispiele hierfür sind etwa Qualifizierungsstipendien<br />

und Mittel für Forschungsstudentinnen und -studenten, die<br />

im Rahmen von Graduiertenkollegs vergeben werden. In<br />

sog. „Fast-Track-Modellen“, die gegenwärtig an den Graduiertenschulen<br />

entstehen, werden Elemente der grundständigen<br />

Lehre (Bachelor- und Masterprogrammen) mit der<br />

Promotionsphase verknüpft. Im April 2008 wurden an den<br />

Graduiertenschulen 83 "Predocs" in Fast-Track-Programmen<br />

bei einer Gesamtzahl von 569 aus Mitteln der Exzellenzinitiative<br />

geförderten Promovierenden in Graduiertenschulen<br />

gezählt (Sondermann/Simon/ Scholz/Hornbostel 2008,<br />

S.21), deren Anteil somit also 14,6% entspricht. Einer neueren<br />

Erhebung folgend (Februar 2009), hat sich dieser Wert<br />

verschoben und liegt nun bei 10,2% (901 aus Mitteln der<br />

Exzellenzinitiative finanzierte Promovierende in Graduiertenschulen,<br />

hierunter 92 Predocs).<br />

Angesicht ihrer geringen Anzahl stellen „Predocs“ gegenwärtig<br />

eher eine Randerscheinung dar. Allerdings spiegeln<br />

sich in den Bemühungen insbesondere der Graduiertenschulen<br />

junge exzellente Forscherinnen und Forscher früh<br />

an die Promotion heranzuführen Grundüberzeugungen<br />

eines effizienzgeleiteten Managementansatzes wieder, der<br />

in der strukturierten Doktorandenausbildung an Bedeutung<br />

gewinnen wird.<br />

2.2 Promovieren unter den Bedingungen einer veränderten<br />

Wissensproduktion<br />

Neben aktuellen Veränderungen in der Doktorandenausbildung<br />

haben in den 1990er Jahren eine Reihe von Autoren<br />

auf Veränderungen in der Wissensproduktion hingewiesen,<br />

wonach die Erkenntnisgewinnung nicht mehr nur intrinsisch<br />

getriebenen, sondern vielmehr zunehmend an konkreten<br />

Anwendbarkeitskriterien ausgerichtet ist (Gibbons/<br />

Limoges/Nowotny/Schwartzmann/Scott 1994; Ziman<br />

1995; Funtowicz/Raetz 1993).<br />

Zwar weisen Autoren (z.B. Weingart 1997; Krücken 2006)<br />

gelegentlich darauf hin, dass die Besonderheiten der<br />

„neuen Wissenschaft" in erster Linie als ein Wandel ihrer im<br />

gesellschaftlichen Diskurs thematisierten Legitimationsbedingungen<br />

zu begreifen ist, und hinsichtlich des Forschungshandelns<br />

vielmehr von einem hohen Maß an Trägheit<br />

und Wandlungsresistenz ausgegangen werden muss<br />

(Krücken 2006, S.9). Diese Trägheit wird allerdings in dem<br />

Moment herausgefordert, in dem die Verteilung von Forschungsgeldern,<br />

Ressourcen und Reputation auf der individuellen<br />

Ebene an die Zuschreibung von Erfolg und Misser-<br />

24<br />

<strong>QiW</strong> 1+2/2009

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