QiW - UniversitätsVerlagWebler
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Forschung über Qualität in der Wissenschaft<br />
<strong>QiW</strong><br />
Zu 5. Forschungsergebnis oder Gutachten? Forschung in<br />
Form eines Gutachtens als typische Erscheinungsform der<br />
Evaluationsforschung<br />
Bei der Evaluation handelt es sich in der Regel um die wissenschaftliche<br />
Kontrolle und Bewertung des Zusammenhangs<br />
zwischen Intentionen (meist einer Veränderung), den<br />
getroffenen Maßnahmen zu ihrer Realisierung und ihren Ergebnissen<br />
(vgl. Dt. Bildungsrat 1969; Straka 1974, S. 12).<br />
Es geht um die Analyse und Bewertung bestimmter Gegenstände:<br />
einer Semesterveranstaltung, von Lehr-/Lernmaterialien,<br />
eines Studiengangs, eines Fachbereichs in seinen<br />
Konzepten und Aktivitäten in Lehre und Studium, der<br />
Deutschen Forschungsgemeinschaft als forschungsfördernde<br />
Organisation als Ganzer usw.<br />
Da schon im Begriff der Evaluation die Bewertung enthalten<br />
ist (lat. valere), kann von dem wissenschaftlichen Ergebnis<br />
einer Evaluationsstudie auch als von einem Gutachten,<br />
als einer wissenschaftlich fundierten Beurteilung gesprochen<br />
werden. Evaluationsforschung, die einen Gegenstand<br />
wissenschaftlich kontrolliert, ist ohne gutachtlichen<br />
Charakter kaum denkbar.<br />
2.2 Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall<br />
Die Evaluation von Lehre und Studium eines Fachbereichs,<br />
worum es in den diskutierten Fällen geht, ist regelmäßig<br />
Auftragsforschung; in der Regel ist der Fachbereich der Auftraggeber.<br />
Sie ist eine empirische Fallstudie, die auch die<br />
Merkmale solcher Forschung in vollem Umfang erfüllt. Ein<br />
Forschungsergebnis und seine Bewertung kann unmittelbar<br />
auch ein Gutachten sein. Evaluationsforschung jedenfalls ist<br />
nicht deshalb keine Forschung, weil sie in eine Bewertung,<br />
in ein Gutachten mündet. Die These, es komme darauf an,<br />
wozu sich der Auftragnehmer im Fall der Auftragsforschung<br />
verpflichtet habe; ob der Auftraggeber ein Gutachten über<br />
den Zustand (die Situation) von Lehre und Studium erwarte<br />
oder Forschung finanzieren wolle, stellt eine unzutreffende<br />
Alternative zwischen Forschungsergebnis und Gutachten<br />
auf. Auch der Einwand, die Klausel im Vertrag, die den Auftragnehmer<br />
berechtigt, die Daten der allgemeinen Hochschulforschung<br />
zuzuführen, sei ein einseitiger Wunsch des<br />
Auftragnehmers und beeinflusse nicht den Charakter der<br />
Vereinbarung, den Auftrag und die Erwartungen des Auftraggebers,<br />
ist nicht zutreffend. Ein Vertrag ist eine zweiseitige,<br />
keine einseitige Willenserklärung bzw. eine einseitige<br />
Willenserklärung und ihre Annahme. Zumindest die Annahme<br />
der Willenserklärung liegt vor. Dass das vereinbarte<br />
Projekt in ein Werk - einen Bericht - mündet, ist völlig normal<br />
für Forschungsprojekte; das Ergebnis wird oft nicht so<br />
genannt, ist es aber der Substanz nach immer. Insofern erfüllen<br />
die hier diskutierten Projekte die typischen Merkmale<br />
empirischer Sozialforschung, innerhalb derer die Evaluationsforschung<br />
eine Untergruppe darstellt.<br />
3. Forschungsansatz der Evaluation<br />
am Beispiel des IWBB-Modells<br />
3.1 Evaluation von Lehre und Studium als Teil der Hochschulentwicklung<br />
(PE/OE)<br />
Nachstehend werden Evaluationsvarianten diskutiert, die<br />
der Erhebung und Analyse der Situation von Lehre und Studium<br />
oberhalb einzelner Lehrveranstaltungen dienen. Das<br />
Vorgehen anderer Evaluationsprojekte müsste nach Umfang<br />
und Methodik hiermit verglichen werden, wenn es um<br />
Forschung geht. (Zur Evaluation von jeweils einzelnen Lehrveranstaltungen<br />
nach einem zweiten IWBB-Modell vgl.<br />
Webler 2005, 2008).<br />
3.1.1 Entstehung des IWBB-Modells der Fachbereichs- und<br />
Studiengangsevaluation<br />
Einigkeit ist vermutlich schnell darüber herzustellen, dass<br />
die Zusammenstellung einiger statistischer Daten aus der<br />
Hochschulstatistik, so wie sie im Rahmen der Lehrberichte<br />
üblich geworden sind, zwar den Rang einer sorgfältigen<br />
(journalistischen) Recherche, aber noch nicht den Status<br />
von Forschung erreicht. Wann also liegt Forschung vor? Abschnitt<br />
2. hat hier die Antwort gegeben. Aber wie schlägt<br />
sich das im Design von Evaluationsprojekten nieder? Nicht<br />
jedes Evaluationsprojekt erfüllt automatisch die Kriterien<br />
der Forschung. Wann sind die Bedingungen erfüllt? Dies<br />
soll am Beispiel des Designs der Projekte gezeigt werden,<br />
das der Verfasser seit 1990 entwickelt hatte. Sie führten<br />
zum heutigen Schwerpunktbereich Hochschulevaluation<br />
des IWBB.<br />
Aktionsfeld des Schwerpunktbereiches Hochschulevaluation<br />
des IWBB sind alle evaluationsbasierten Aktivitäten zur<br />
Qualitätssteigerung in Verwaltung, Forschung, Transfer,<br />
Lehre, Studium, Dienstleistung (zentral: Bibliotheken, Rechenzentren<br />
usw.; dezentral: Fachberatung usw.). Der<br />
Schwerpunktbereich Hochschulevaluation besteht seit<br />
1991, lange Zeit als „Projektgruppe Hochschulevaluation”<br />
an der Universität Bielefeld geführt. In einem vom damaligen<br />
BMBW geförderten Projekt wurde 1992ff auf der Basis<br />
eigener Entwicklungen seit den 70er Jahren und der Auswertung<br />
internationaler Erfahrungen und Ansätze das Bielefelder<br />
Modell der Evaluation von Lehre und Studium im<br />
Kontext von Organisations- und Personalentwicklung erarbeitet.<br />
Vor allem in der Anfangsphase derartiger Evaluationen<br />
in Deutschland war die Arbeit in Projekten des Bundes<br />
und von Ländern (Hessen, Nordrhein-Westfalen) auf die<br />
Neuentwicklung von Standards der Evaluation von Lehre,<br />
Studium und Studiengängen und die Entwicklung spezifischer<br />
Methoden konzentriert und hat diese nachhaltig beeinflusst.<br />
3.1.2 Bisheriger Einsatz des Modells<br />
Das Modell wurde bisher in über 80 Fachbereichen an Universitäten<br />
und Fachhochschulen in ganz Deutschland oder<br />
als Evaluation ganzer (kleiner) Hochschulen eingesetzt, um<br />
deren Situation in Lehre und Studium zu evaluieren. Auf<br />
diese Weise sind über 50.000 Studierende und etwa<br />
12.000 Lehrende befragt worden. Das Material stammt aus<br />
allen Fachkulturen, einem breiten Spektrum von Disziplinen<br />
von Philosophie bis Elektrotechnik, erlaubt aber auch<br />
Vergleiche innerhalb von Fachkulturen (z.B. aus zahlreichen<br />
BWL-Fachbereichen oder Architektur-Fachbereichen), sodass<br />
repräsentative Aussagen in weiten Bereichen möglich<br />
sind. Die einzelnen Problembereiche werden mit einer<br />
Fülle von Merkmalen ausgeleuchtet.<br />
Evaluiert wurden u.a. die Medizinerausbildung der Universität<br />
Essen (seinerzeit noch unabhängig); mehrere geisteswissenschaftliche,<br />
wirtschaftswissenschaftliche und Informatik-Studiengänge<br />
in Fakultäten der TU Chemnitz; Ge-<br />
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<strong>QiW</strong> 1+2/2009