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Heribert Kohl - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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KOALITIONSFREIHEIT, ARBEITNEHMERRECHTE UND SOZIALER DIALOG<br />

Län<strong>der</strong> mit dominieren<strong>der</strong> betrieblicher Entgeltfindung<br />

(s. in Übersicht 12 die links eingerahmten<br />

Staaten) weisen eine geringere Tarifbindungsrate<br />

auf als Län<strong>der</strong>, in denen auch o<strong>der</strong> vorrangig Flächentarifverträge<br />

abgeschlossen werden.<br />

Die Abdeckung durch Kollektivverträge wird je<br />

nach nationaler Rechtspraxis deutlich erweitert<br />

durch die Allgemeinverbindlichkeit, wie sie bei<br />

Branchentarifverträgen in Rumänien üblich ist,<br />

sowie des weiteren in Tschechien und Kroatien<br />

und gelegentlich auch in Ungarn durch die Arbeitsministerien<br />

mit Wirkung für alle Arbeitgeber<br />

<strong>der</strong> gleichen Branche ausgesprochen wird (s. dazu<br />

die Vergleichsübersicht in <strong>der</strong> EU 27 in Anh. 5.6).<br />

Kollektivverhandlungen: Wer – mit wem –<br />

mit wem nicht – und worüber?<br />

Einer nicht nur formalen Betrachtung stellt sich<br />

spätestens hier die Frage, wie und unter welchen<br />

Umständen Kollektivvereinbarungen in Osteuropa<br />

überhaupt zustande kommen, und auf welche<br />

Gegenstände sich an<strong>der</strong>nfalls die praktizierte Koalitionsfreiheit<br />

beschränkt. Folgende Aspekte sind<br />

daher näher ins Auge zu fassen:<br />

a) Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme<br />

von Kollektivverhandlungen sowie bestimmte,<br />

von Tarifverträgen ausgeschlossene Arbeitnehmergruppen<br />

b) Tarifautonomie: worüber darf ohne staatliche<br />

Auflagen verhandelt werden?<br />

c) Wann dürfen Druckmittel eingesetzt werden<br />

und welche Einschränkungen des Arbeitskampfrechts<br />

sind zu beklagen?<br />

d) Was geschieht beim Fehlen eines Tarifvertrags<br />

– welche Folgen hat dies für Entgelte und Arbeitsbedingungen<br />

<strong>der</strong> Betroffenen?<br />

Die Gewerkschaften benötigen teilweise eine<br />

rechtliche Legitimation zur Verhandlungsaufnahme.<br />

Sie müssen u.a. zunächst bestimmte Repräsentativitätskriterien<br />

(neben <strong>der</strong> Branchen- auch<br />

auf Betriebsebene) erfüllen o<strong>der</strong> als Betriebsgewerkschaft<br />

einen bestimmten Prozentsatz <strong>der</strong> Belegschaft<br />

vertreten, um als Tarifpartei anerkannt<br />

zu sein.<br />

So etwa in Ungarn, wo ein Verhandlungsmandat<br />

aus den Ergebnissen <strong>der</strong> letzten BR-Wahlen abgeleitet<br />

wird. In Rumänien ist eine Mitgliedschaft<br />

von einem Drittel <strong>der</strong> Belegschaft Voraussetzung<br />

für die Aufnahme <strong>der</strong> ansonsten ab einer Betriebsgröße<br />

von 21 Arbeitnehmern obligatorischen jährlichen<br />

Tarifverhandlungen. In Polen war bis 2006<br />

ein Arbeitgeber nur zur Verhandlungsaufnahme<br />

verpflichtet, wenn bei mehreren Gewerkschaftsvertretungen<br />

ein gemeinsamer For<strong>der</strong>ungskatalog<br />

bestand, o<strong>der</strong> die verhandelnde Basisorganisation<br />

Übersicht 12: Anteil <strong>der</strong> durch Tarifverträge abgedeckten Arbeitnehmer<br />

100<br />

80<br />

60<br />

%<br />

40<br />

Organisationsgrad<br />

Tarifbindung<br />

20<br />

0<br />

LT<br />

EE<br />

LV<br />

PL<br />

CZ<br />

BG<br />

HU<br />

SK<br />

HR<br />

RO<br />

SI<br />

EU 15<br />

EU 27<br />

Organisationsgrad 13 12 17 13 20 20 19 22 35 35 40 26 25<br />

Tarifbindung 12 16 18 25 36 38 40 45 55 55 95 70 63<br />

BWP 2009<br />

31

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