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Heribert Kohl - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung

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FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG<br />

Übersicht 16: Relationen <strong>der</strong> Mindestlohnsätze gegenüber dem EU-Mittelwert (= 100, in KKS)*<br />

250<br />

211<br />

200<br />

150<br />

%<br />

100<br />

50<br />

28 29 36<br />

44 46 47<br />

58 60 64<br />

76<br />

101 108 116 117 157 168 177 179 181<br />

0<br />

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* durchgezogene Linie: Armutsschwelle gem. EU-Defi nition (60% <strong>der</strong> nationalen Durchschnittseinkommen)<br />

Die sehr hohen Anpassungssprünge in den Randzonen<br />

Nordost- und Südosteuropas mit ihren<br />

Niedrigstverdiensten vor <strong>der</strong> Krise 2008 rührten<br />

nicht aus puren staatlichen Wohltaten, son<strong>der</strong>n<br />

neben dem erhöhten Aufholbedarf innerhalb <strong>der</strong><br />

EU aus den fühlbaren Zwängen eines sich immer<br />

nachhaltiger auswirkenden Fachkräftemangels in<br />

diesen Län<strong>der</strong>n. Dieser Trend brach 2009 allerdings<br />

drastisch ein auf Grund <strong>der</strong> gerade in diesen<br />

Län<strong>der</strong>n massiven Auswirkungen <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise.<br />

Bei fortwährend hoher Inflationsrate<br />

drohen in den baltischen Län<strong>der</strong>n nun sogar<br />

gravierende Reallohnverluste (s. u. 3.1.9).<br />

In Bulgarien und Rumänien war in den vorausgegangenen<br />

Jahren gut ein Fünftel des Erwerbspersonenpotenzials<br />

zur Arbeitsaufnahme außer Landes<br />

emigriert. In den baltischen Staaten wurden<br />

durch Wegzug zahlreicher Krankenschwestern<br />

und Ärzte <strong>der</strong>artige Lücken in die Gesundheitsversorgung<br />

gerissen, dass man diesem Negativtrend<br />

nur durch Erhöhung <strong>der</strong> Mindestlöhne im<br />

estnischen Gesundheitswesen 2007 um 25% und<br />

2008 um weitere 20% steuern zu können glaubte.<br />

Auch in Polen zeigen sich Engpässe in Teilarbeitsmärkten.<br />

Die Regierung erklärte sich nicht zuletzt<br />

vor diesem Hintergrund bereit, die Gehälter im<br />

öffentlichen Dienst 2008 um rd. 10% anzuheben.<br />

Weitere Folgen <strong>der</strong> Mindestlohnpraxis<br />

Zwei nicht unwesentliche Aspekte dürfen in diesem<br />

Kontext nicht unerwähnt bleiben:<br />

• Einmal die Praxis <strong>der</strong> Kuvertlöhne („cash in<br />

hand“), d.h. <strong>der</strong> Auszahlung nicht deklarierter<br />

Entgelt-Bestandteile in teilweise mehrfacher<br />

Höhe des offiziell ausgewiesenen Mindestlohns,<br />

wofür dann auch nur minimale Steuern<br />

und Sozialabgaben anfallen. Dies wie<strong>der</strong>um<br />

wirkt sich negativ auch auf die spätere Rentenhöhe<br />

aus. Das Ausmaß dieser Negativpraxis<br />

hat teilweise Dimensionen erreicht, die bis zu<br />

einem Drittel <strong>der</strong> Beschäftigten in <strong>der</strong> Privatwirtschaft<br />

erfasst und z.T. nicht einmal vor dem<br />

öffentlichen Sektor Halt macht (s. z.B. Antila<br />

u.a. 2003).<br />

• In manchen Län<strong>der</strong>n (so etwa in Ungarn und<br />

Lettland) führen die Gewerkschaften auch als<br />

Folge dieser Praxis Klage darüber, dass die jeweiligen<br />

Mitgliedsbeiträge sich oft trotz an<strong>der</strong>s<br />

lauten<strong>der</strong> Satzungsbestimmungen nur am Niveau<br />

<strong>der</strong> geltenden Mindestlöhne orientieren<br />

und damit ihre ohnehin kargen Budgets schmälern.<br />

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