Heribert Kohl - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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KOALITIONSFREIHEIT, ARBEITNEHMERRECHTE UND SOZIALER DIALOG<br />
oft detaillierter und umfassen<strong>der</strong> definiert (s. EC<br />
2008b). Eine entsprechende Anpassung <strong>der</strong><br />
Rechtslage im Zuge <strong>der</strong> Heranführungsstrategie<br />
an die EU ist künftig auch für den westlichen Balkan<br />
zu erwarten.<br />
4.3 Reichweite, Inhalte und Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> Kollektivvertragspraxis<br />
Über die Art und Reichweite <strong>der</strong> Abdeckung <strong>der</strong><br />
Beschäftigten durch Tarifverträge entscheidet sowohl<br />
die Struktur <strong>der</strong> Verhandlungsebenen wie<br />
insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> jeweilige Organisationsgrad. Da<br />
dieser in Südosteuropa nicht niedriger, son<strong>der</strong>n<br />
insgesamt höher liegt als durchschnittlich in Osteuropa,<br />
ist die Tarifbindung vor allem dort höher,<br />
wo zugleich auch Branchentarifverträge dominieren<br />
wie in Kroatien o<strong>der</strong> zunehmend auch in Mazedonien<br />
sowie gleichzeitig eine Allgemeinverbindlicherklärung<br />
bestehen<strong>der</strong> sektoraler Vereinbarungen<br />
für sämtliche Arbeitgeber möglich ist<br />
(z.B. Rumänien und Slowenien).<br />
Ein Vergleich <strong>der</strong> Ebenen <strong>der</strong> Lohnfindung in Mittelost-<br />
und in Südosteuropa zeigt neben Gemeinsamkeiten<br />
auch einige markante Unterschiede<br />
zwischen den Regionen (s. Tab. 7). Generell sticht<br />
die Unternehmensebene als hauptsächliche Arena<br />
von Lohnauseinan<strong>der</strong>setzungen hervor: am deutlichsten<br />
in <strong>der</strong> nördlichen Gruppe <strong>der</strong> neuen EU-<br />
Mitgliedstaaten (Baltikum, Polen, ferner Ungarn<br />
und – in abnehmendem Maße wegen neuerdings<br />
zunehmend allgemeinverbindlich erklärter Tarifverträge<br />
– auch Tschechien). Gleichermaßen trifft<br />
dies auch für den südlichen Balkan (Mazedonien,<br />
Montenegro, Serbien und Albanien) zu. In <strong>der</strong><br />
Gruppe <strong>der</strong> zentralen osteuropäischen und nördlichen<br />
Balkanlän<strong>der</strong> (Slowakei, Slowenien, Rumänien,<br />
Bulgarien) ebenso wie in einer Reihe von<br />
Branchen Kroatiens – im industriellen hier weni-<br />
Tabelle 7: Vergleich <strong>der</strong> Ebenen <strong>der</strong> Lohnfindung in Ostmittel- und in Südosteuropa<br />
Nationale Ebene* Branche Unternehmen<br />
Estland ■ ■ ▲<br />
Lettland ■ ■ ▲<br />
Litauen ■ ▲<br />
Polen ■ ■ ▲<br />
Tschechien ■ ▲<br />
Ungarn ■ ● ▲<br />
Slowakei ▲ ●<br />
Slowenien ● ▲ ●<br />
Bulgarien ● ▲ ●<br />
Rumänien** ■ ▲ ▲<br />
Kroatien ▲ ▲<br />
Mazedonien … ■ ● ▲<br />
Montenegro … ● ● ▲<br />
Serbien ● ▲<br />
BiH ▲***<br />
■ ***<br />
●<br />
Albanien ● ▲<br />
■ Vorhandene Ebene <strong>der</strong> Tarifverhandlungen ● Wichtige, aber nicht vorherrschende Ebene ▲ Dominierende Ebene <strong>der</strong> Tarifverhandlungen<br />
* Branchenübergreifende Vereinbarungen<br />
** Verhandlungen obligatorisch in Betrieben über 21 AN<br />
*** jeweils getrennt auf Entitätsebene (Bosnisch-kroatische Fö<strong>der</strong>ation bzw. Republika Srpska)<br />
Quelle: Van Gyes et al. 2007<br />
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