Heribert Kohl - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG<br />
Übersicht 14: Durch die nationale Gesetzgebung reguliertes Arbeitskampfrecht<br />
Gewerkschaft<br />
Streikrecht*<br />
gewählte<br />
Arbeitnehmervertretung<br />
Aussperrung<br />
Arbeitgeber<br />
Pflicht zu Mediation<br />
bzw. Schlichtung<br />
vor Beginn eines Arbeitskampfes<br />
Estland X X X nur Mediation<br />
Lettland X X X nur Mediation<br />
Litauen X X – nur Mediation<br />
Polen X – – nur Mediation<br />
Tschechien X – X X<br />
Slowakei X – X nur Mediation<br />
Ungarn X – – X<br />
Slowenien X – – –<br />
Rumänien X – – X**<br />
Bulgarien X – – X<br />
Kroatien X – X nur Mediation<br />
* Streikrecht im staatlichen Sektor nicht immer o<strong>der</strong> nur eingeschränkt zulässig (s. Übersicht 13)<br />
** ggf. auch Zwangsschlichtung möglich<br />
Folgen für die Streikpraxis<br />
Als Fazit aus diesem Überblick zum Arbeitskampfrecht<br />
ist hier festzuhalten: Einschränkende<br />
gesetzliche Vorschriften sind vor allem<br />
• lange Ankündigungsfristen im Vorfeld von<br />
Ausständen<br />
• hohe Belegschafts- o<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>voten<br />
• Ausschluss bestimmter Streikziele und Arbeitnehmergruppen.<br />
Die Effekte dieser Einschränkungen und Hemmnisse<br />
sind messbar. Sowohl was die Streikhäufigkeit<br />
und -praxis in einem Lande in den vergangenen<br />
Jahren betrifft, als auch die Ergebnisse <strong>der</strong><br />
Tarifauseinan<strong>der</strong>setzungen und die dabei erzielten<br />
Resultate <strong>der</strong> Verteilungspolitik in Relation zu<br />
den Größen Wirtschaftswachstum und Produktivität.<br />
Seit Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre sind die zu Beginn <strong>der</strong><br />
Wende häufigeren Streikbewegungen in Osteuro-<br />
pa dadurch praktisch zu Erliegen gekommen –<br />
mit Ausnahme bestimmter Sektoren des öffentlichen<br />
Dienstes wie des Erziehungs- und Gesundheitswesens<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eisenbahnen, in denen Branchenverträge<br />
bestehen und wie<strong>der</strong>holt Protestaktionen<br />
durchgeführt werden. Die Streikbilanz in<br />
Litauen weist beispielsweise keinerlei Arbeitsnie<strong>der</strong>legungen<br />
und Warnstreiks zwischen 2001 und<br />
2005 mehr auf. Ein Flächenstreik <strong>der</strong> Krankenschwestern<br />
war hier auch in jüngster Zeit aus<br />
rechtlichen Gründen praktisch unmöglich, da er<br />
ein mehrheitliches Votum <strong>der</strong> Beschäftigten in<br />
sämtlichen Gesundheitseinrichtungen des Landes<br />
vorausgesetzt hätte.<br />
Ursächlich für diese Bilanz sind neben rechtlichen<br />
Restriktionen jedoch auch überdurchschnittlich<br />
hohe Arbeitslosenraten sowie die verbreitete Verpflichtung<br />
zur vorherigen Mediation und Schlichtung<br />
vor einer möglichen Arbeitsnie<strong>der</strong>legung (s.<br />
Übersicht 14).<br />
In jüngster Zeit wie<strong>der</strong>um sind in größeren und<br />
stärker organisierten Unternehmen <strong>der</strong> Privatwirtschaft<br />
aber auch zunehmend vereinzelt erfolg-<br />
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